Die Katholische Kirche hat heute eine neue Verfahrensordnung zur Anerkennung des erlittenen Leids verabschiedet. Von den bis heute nicht gezählten Opfern in den deutschen Orden ist dabei entgegen ersten Ankündigungen keine Rede. Im Frühjahr wurde noch von einer solidarischen Lösung gesprochen. Heute werden diese Opfer nicht einmal erwähnt. Beschämend. Empörend.
Entschädigung bzw. Schmerzensgeld übrigens, Vorschlag einer Expertenkommission der DBK selbst, gibt es für niemanden. Vorläufig bleibt es bei sogenannten Anerkennungszahlungen von 1.000,00 bis höchstens 50.000,00€. Damit wird alleine abgehoben auf den Täter, seine Taten und die Folgen. Eine Entschädigung würde auch das zum größten Teil schäbige und wohl in jedem Fall unhaltbare Verhalten der Verantwortungsträger bei der Zumessung der Leistungen berücksichtigen.
Auf der Seite der DBK ist nur folgendes Statement zu finden:
"Unterstützungsfonds für Betroffene von Orden
Von großer Bedeutung ist die Gleichbehandlung von Betroffenen, die neben den Bistümern auch die rechtlich unabhängigen Ordensgemeinschaften umfasst. Die Bischöfe haben deshalb bei ihrer Frühjahrs-Vollversammlung 2020 beschlossen, dass zur Sicherstellung von Leistungen an Betroffene eine Solidarkomponente vorgesehen ist, damit Orden nötigenfalls bei der Finanzierung von Anerkennungsleistungen unterstützt werden können. Die Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) und Vertreter einzelner Orden haben verschiedentlich das gemeinsame Ziel bekräftigt, ein einheitliches Verfahren zur Anerkennung des Leids umsetzen zu wollen. Der Ständige Rat hat dementsprechend die Einrichtung eines subsidiären und nachrangigen Unterstützungsfonds beschlossen. Die Orden, die am weiterentwickelten Verfahren teilnehmen, finanzieren die durch die UKA festgesetzten Anerkennungsleistungen grundsätzlich selbst und haben nur subsidiär, unter bestimmten Kriterien, Zugang zum Unterstützungsfonds."
Demnach konnten sich die Orden weder auf ein gemeinsames Vorgehen einigen noch Klärungen bezüglich des Solidarfonds herbeiführen. Diese Formulierung ergibt mehr Fragezeichen als ein entspanntes Zurücklehnen. Nehmen vielleicht nur zwei oder drei Orden an dem Verfahren teil? Warum äußern sich die Orden nicht zeitgleich?
Mindestens eine Liste der teilnehmenden Orden wäre in diesem Falle sehr hilfreich.
Aus dem uns vorliegenden Brief der DOK- Vorsitzenden an einen Betroffenen:
"Danke für Ihre Nachfrage. Ich verstehe Ihre Unzufriedenheit und teile sie sogar in manchen Bereichen.
> Wir arbeiten auf Hochtouren an einer guten Lösung und stehen weiter dazu, dass wir eine einheitliche Lösung für alle im kirchlichen Rahmen Betroffenen anstreben. Wir werden an die Öffentlichkeit gehen, sobald das möglich ist.
> Gern würde ich klarere Nachrichten haben und kann nur auf Ihre sicherlich langsam erschöpfte Geduld hoffen.
> Mit freundlichen Grüßen
> Sr. Katharina"
Für die Ordensopfer wird auf der DBK- Seite nicht einmal klar, an wen und über wen sie ihre Anträge schicken sollen. Nach Auskunft des Ordens der Redemptoristen geht der Antrag über die externen Beauftragten an die Kommission der Bischofskonferenz.
https://dbk.de/themen/sexueller-missbrauch/informationen-fuer-betroffene/#c5314
www.katholisch.de/artikel/27731-bischoefe-setzen-neue-ordnung-fuer-missbrauchszahlungen-um
Bemessungsgrundlagen der Anerkennungszahlung:
"Kriterien für die Leistungsbemessung im konkreten Einzelfall
Orientierungspunkte für die Höhe der materiellen Leistung können insbesondere sein:
- die Häufigkeit des Missbrauchs,
- das Alter des Betroffenen zum Zeitpunkt des Missbrauchs,
- die Zeitspanne in Fällen fortgesetzten Missbrauchs,
- die Anzahl der Täter,
- die Art der Tat,
- die Anwendung oder die Androhung von körperlicher Gewalt beim sexuellen
Missbrauch,
- der Einsatz von Alkohol, Drogen oder Waffen,
- ein bestehendes Abhängigkeitsverhältnis und Kontrolle (zum Beispiel: Heim, Internat)
zum Zeitpunkt der Tat,
- die Ausnutzung der besonderen Hilfsbedürftigkeit des Betroffenen,
- der Ort des Missbrauchs (zum Beispiel: sakraler Kontext),
- die Art der körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen sowie weitere Folgen für den
Betroffenen,
- die Ausnutzung eines besonderen Vertrauensverhältnisses im kirchlichen Bereich,
- das Verhalten des Beschuldigten nach der Tat,
- ein institutionelles Versagen durch kirchliche Verantwortungsträger, sofern es ursächlich
oder mitursächlich für den Missbrauch war oder diesen begünstigt oder nicht verhindert
hat."
Mittlerweile steht ein ausführlichere Version der Monitorsendung zur Verfügung:
Für Bischof Stefan Oster kommt es einem Wunder gleich, wenn Menschen, die in der Kirche Opfer von Missbrauch geworden sind, sich dem Glauben wieder annähern können – denn sexualisierte Gewalt sei ein "diabolischer Angriff" auf das Evangelium.
Eine abenteuerliche Wendung, war doch bisher nach allgemeinem Verständnis Missbrauch ein diabolischer Angriff auf auf Kinder, auf Menschen. Auf das Evangelium? Lange Zeit und sicher ein Grund mit für die geringe Opferfürsorge und auch für die jahrelange Vertuschung der Missbrauchstaten war die Tatsache, dass die Priester selbst und auch die verantwortlichen Bischöfe wie auch die am Rande stehenden Laien den Missbrauch als Todsünde und nicht als Verbrechen angesehen haben. Aus dem Umstand: Todsünde folgt unmittelbar das Mitleid mit dem armen Sünder und die entsprechende Fürsorge um den "gefallenen" Priester. Die Opfer kommen 2010 erstmals in den Fokus der Öffentlichkeit. Heute 2020 haben die Opfer Stimme. Das Gutachten aus München zu den Verantwortlichkeiten im Bistum Aachen stellt den Fürsorgebegriff endlich in den Vordergrund. Dem Kölner Kardinal ist das zuviel und er lässt das ähnlich aufgebaute Gutachten für Köln einstampfen. Jetzt offensichtlich ein neuer Dreh auf ähnlicher Linie, die offensichtlich unbedingt von den Opfern wegführen soll: Missbrauch als Angriff auf das Evangelium.
Richtig scheint mir nur die Feststellung von Oster, dass tatsächlich alle Missbrauchsopfer durch den zerstörerischen Angriff auf ihre Seele und ihren Körper ihre spirituelle Heimat mindestens erschüttert sahen bzw. in der Regel verloren haben- und das ist eine der bitteren zerstörerischen Folgen von sexueller Gewalt. Wenn es im Leben der Opfer gut ging, dann fanden sie irgendwo anders tatsächlich zumindest vorübergehend "Heimat", aber das war nicht die Regel. Die Zahl derer, die ihr Leben beendeten und die auch psychiatrisch schwer erkrankten, ist ungezählt.
Wir vom Verein der Missbrauchsopfer Josephinum und Redemptoristen haben vor Jahren dazu eine Veranstaltung und im Anschluss daran einen Abschnitt unserer Homepage gemacht. Wir finden das Ergebnis nachlesenswert: Es ist nicht gut, keine Heimat zu haben
Wir wollen hier aber auch nicht die Ausführungen von Bischof Oster unter den Tisch fallen lassen:
https://www.katholisch.de/artikel/27700-oster-missbrauch-ist-diabolischer-angriff-auf-das-evangelium
Für den NDR kommentiert Florian Breitmeier die Vorgänge und rückt sie in den größeren Kontext:
"Der Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt ist für die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche das zentrale Thema. Wenn sie hier scheitert, Betroffene hinhält, billig abspeist, für eigene Zwecke instrumentalisiert, Gutachten unter Verschluss hält, sich juristisch mit sich selbst beschäftigt, dann scheitert die Kirche als Institution insgesamt. Dann kann die katholische Kirche mit Blick auf ihre Glaubwürdigkeit einpacken.
Dann endet auch der Synodale Weg, bevor er richtig begonnen hat. Der Reformprozess, den die Deutsche Bischofskonferenz als Reaktion auf den Missbrauchsskandal gemeinsam mit den Laien ins Leben gerufen hat. Aber ruhende Ehrenämter und folgenlose Schuldbekenntnisse werden nicht ausreichen, wenn nach wie vor so viele Fragen im Raum stehen: in Hamburg, in Köln und andernorts."
https://www.katholisch.de/artikel/27703-auch-in-der-kirche-gilt-vertrauen-braucht-ehrlichkeit
https://neuesruhrwort.de/2020/11/23/woelki-im-fokus-der-kritik/
Der Schritt des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße ist längst überfällig, kommentiert Florian Breitmeier. Seit Donnerstag lässt Heße sein Amt als bischöflicher Ansprechpartner für das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken ruhen. Freitag schaltete er den Vatikan ein zur Prüfung der Vorwürfe.
https://neuesruhrwort.de/2020/11/22/missbrauch-csu-politiker-kritisiert-erzbistum-koeln/
Völlig aus der Zeit gefallen wirkt da ein Kommentar wie der von Wolfgang Picken, Stadtdechant in Bonn und Sprachrohr des Erzbistums Köln auf dem „Synodalen Weg“, im Domradio. In Sprache, Haltung und Winkelzügen wird deutlich: Die Zeichen der Zeit scheinen in Köln nicht erkannt zu werden:
Undurchsichtig, was die Motivation für seine Diagnose angeht, bleibt die Stellungnahme des DBK- Vorsitzenden Bätzing:
Zitat aus dem Bericht der Vatikannews:
„Ich bin sehr unglücklich über die Gesamtsituation, die wir in der deutschen Kirche haben", sagte der Bischof von Limburg am Freitag bei der Vollversammlung des ZdK. Wer Transparenz verspreche, müsse sie auch einhalten.
Bätzing dankte den Medien, die bisweilen aufklärten, „was wir unter Umständen nicht schaffen aufzuklären". Täter müssten als Täter behandelt werden, sowohl im strafrechtlichen als auch im kirchenrechtlichen Sinne. Klar sei: „Es ist vertuscht worden, es wurde die Verantwortung von Bischöfen und anderen in den Bistumsleitungen nicht so wahrgenommen", wie es hätte sein sollen."
Ist das deutliche Kritik an Kardinal Woelki, gar eine versteckte Aufforderung, es Herrn Heße gleichzutun und den Vatikan um Prüfung zu bitten? Für den Umgang der Bischöfe untereinander schon starker Tobak, wenn es heißt, wer Transparenz verspreche, müss sie auch einhalten. Die Frage stellt sich: Geht es um die Sache der Missbrauchsopfer oder geht es darum einen Mitbischof oder eine Fraktion der Bischöfe in den Senkel zu stellen?
Das Laiengremium ist wachgerüttelt
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken überstimmt das eigene Präsidium und erklärt sexualisierte Gewalt zu einem "strukturellen Problem" der Kirche. Die Debatte ist mit voller Wucht zurück.
https://www.wn.de/NRW/4316512-Kirche-Zentralkomitee-fordert-von-Woelki-Offenlegung-des-Gutachtens
Weitere Links:
https://www.dw.com/de/missbrauch-in-der-kirche-der-skandal-im-skandal/a-55700106
https://www.neckar-chronik.de/Nachrichten/Vertuschung-statt-Aufklaerung-480588.html
https://www.seelsorgebereich-ehrenfeld.de/category/home/
Angesichts der aktuellen Ereignisse im Erzbistum Köln stellt Thomas Schüller Fragen zum Umgang mit der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch. Und er nimmt auch die kirchlichen Gremien, vor allem das ZdK, in die Pflicht.
https://www.feinschwarz.net/das-schweigen-der-laemmer-missbrauch/
Vom Erwachen des ZdK auf der Vollversammlung weiß Annette Zoch in der Süddeutschen Zeitung zu berichten:
https://www.sueddeutsche.de/politik/missbrauchsskandal-katholische-kirche-zdk-1.5122323
Auch:
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/katholische-kirche-zdk-reformen-100.html
https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Schaendlich-und-unentschuldbar-480589.html
Experten befürchten, dass Franziska Giffeys Ministerium das Wohl tausender Pflegekinder einem politischen Kompromiss opfert.
Hier das Original in Englisch:
Hier die Übersetzung von Bernhard Rasche auf Facebook:
Innerhalb der katholischen Kirche werden Fragen von Geschlecht und Sexualität frei diskutiert. Die progressive Theologie hat neuen Mut gefasst. Die Hierarchie reagiert aber offensichtlich mit "Nicht sehen. Nicht hören. Abschalten"
https://taz.de/Sexualitaet-in-der-Kirche/!5725339/
"Der McCarrick-Bericht sendet eine klare Botschaft an die Hierarchie
Exklusiv-Interview mit Hans Zollner SJ, einem der Top-Experten der Kirche für die Prävention von sexuellem Missbrauch durch Geistliche
Pater Hans Zollner sagt, dass die jüngste Untersuchung des Vatikans darüber, wie der ehemalige US-Kardinal Theodore McCarrick trotz des sexuellen Missbrauchs junger Menschen an die Spitze der Hierarchie aufsteigen konnte, einen wichtigen Schritt im anhaltenden Bewusstsein der katholischen Kirche über den Missbrauch von Geistlichen darstellt. Der 54-jährige Jesuit ist Präsident des Zentrums für Kinderschutz an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Jugendschutz, die Papst Franziskus 2014 eingerichtet hat, und sagte gegenüber Loup Besmond de Senneville in La Croix, dass der so genannte "McCarrick-Bericht", der am 10. November veröffentlicht wurde, wahrscheinlich nicht die letzte derartige Untersuchung von Kirchenführern sein wird.
Der 54-jährige Jesuit ist Präsident des Zentrums für Kinderschutz an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Jugendschutz, die Papst Franziskus 2014 eingerichtet hat, und sagte gegenüber Loup Besmond de Senneville in La Croix, dass der so genannte "McCarrick-Bericht", der am 10. November veröffentlicht wurde, wahrscheinlich nicht die letzte derartige Untersuchung von Kirchenführern sein wird.
La Croix: Welche Auswirkungen wird dieser Bericht haben?
Pater Hans Zollner: Der McCarrick-Bericht sendet eine sehr klare Botschaft an die gesamte Hierarchie: Wenn Rom eine solche Transparenz demonstriert, müssen alle dasselbe tun, auch auf den unteren Ebenen. Diese Untersuchung, bei der sich insbesondere herausstellt, dass drei amerikanische Bischöfe nicht alles über das Vorgehen von McCarrick gesagt haben, was sie wussten, hat den Vorzug, dass sie sehr konkrete Fragen stellt: Wer ist an der Wahl der künftigen Bischöfe beteiligt? Wer entscheidet? Wie wird entschieden? Welche Fragen sollten ihm und seinem Umfeld gestellt werden? Wie können wir in diesem Prozess selbst ein Höchstmaß an Aufrichtigkeit und Transparenz gewährleisten?
Werden in Zukunft weitere Berichte dieser Art veröffentlicht werden?
Ich nehme an, dass dies der erste Bericht ist, aber es wird nicht der letzte sein. Diese Art von Aufarbeitung sollte nicht nur vom Vatikan, sondern auf allen Ebenen der Organisation durchgeführt werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist der McCarrick-Bericht ein Modell, dem man folgen sollte. Eines der herausragenden Phänomene, die in diesem Dokument beschrieben werden, ist die Kultur der "kleinen Unterlassungen", die dazu führen, dass das Verhalten von McCarrick nicht gemeldet wird.
Ist dies eine gängige Praxis in der Kirche?
Ja, diese Kultur ist in bestimmten Kreisen, darunter auch in der katholischen Kirche, tief verwurzelt. Aber dieser Bericht trägt dazu bei, das Bewusstsein dafür zu schärfen und damit diese Mentalität zu ändern, denn indem wir diese Versäumnisse aufzeigen, machen wir es möglich, dass sie nicht mehr vorkommen.
Fördert dieser Bericht, indem er die Verantwortlichen nicht klar benennt, nicht eine Kultur der Entmachtung?
Wir müssen uns davor hüten, dieses Dokument, das sich mit Ereignissen vor 20 oder 30 Jahren befasst, mit den Augen von heute zu lesen. Was mit Theodore McCarrick geschehen ist, wird sich nie wiederholen, die Verantwortlichen werden bestraft und mit den vom Vatikan seit 2019 erlassenen Normen kann jeder Bischof, der selbst Missbrauch begangen oder diesen vertuscht hat, vor Gericht gestellt werden. Die in den letzten zwei Jahren beschlossenen Maßnahmen haben den Begriff der "Rechenschaftspflicht" in die Kirche eingeführt. Es gibt keine Übersetzung des englischen Wortes ins Französische, Italienische oder Spanische - was ein wichtiger Hinweis auf das Verständnis der Kirche in diesen Sprachgebieten ist. Der Begriff bedeutet, dass ich nicht nur für das, was ich tue, verantwortlich bin, sondern auch für das, was ich nicht tue. Dies ist eine sehr wichtige Regel im Kampf gegen Missbrauch.
Reicht das aus, um einen weiteren McCarrick-Fall zu vermeiden?
Auf dem Papier sind die Bestimmungen klar, wer haftbar ist und was die Strafen sind, entweder für die Begehung eines Verbrechens oder für die Vertuschung eines Verbrechens. Was uns heute fehlt, ist die Durchsetzung und Überwachung dieser Maßnahmen. In der katholischen Kirche, wie auch in anderen Gesellschaften oder Institutionen, gibt es diejenigen, die glauben, dass gute Gesetze ausreichen und dass die Probleme gelöst sind. Aber nein: sie müssen erst noch angewandt werden. Für mich ist es eine Frage einer Generation, also mindestens dreißig Jahre.
Der Bericht zeigt, dass die von McCarrick begangenen Verbrechen unterschätzt wurden, weil sie damals als Sünden zwischen einwilligenden Erwachsenen betrachtet wurden. Glauben Sie, dass es ein Bewusstsein dafür gibt, dass Missbrauch nicht nur an Kindern, sondern auch an Erwachsenen begangen werden kann... Ja, ich spüre es deutlich. Heute Morgen sprach ich per Videokonferenz vor einer Versammlung von Kirchenleitern in Slowenien, und alle Fragen bezogen sich auf den Missbrauch von Erwachsenen. Es ist ein schneller und solider Bewusstseinswandel."
Übersetzung: Bernhard Rasche
https://www.thetablet.co.uk/news/13563/abusive-church-betrayed-its-moral-purpose
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hat das Erzbistum Köln dazu aufgerufen, das erste Gutachten zu sexuellem Missbrauch an Kindern und Schutzbefohlen zu veröffentlichen.
Nach Aussagen des Kirchenrechtlers Thomas Schüller ist dieser Schritt einschneidender als man vielleicht denkt. Er bezeichnet ihn als Fortschritt in der Debatte um Heße, Woelki und andere.
Für uns Beobachter weckt die Begründung Heße's zumindest zwiespältige Gefühle. Dieses "ich kann nicht Richter in eigener Sache sein" heißt ja doch, dass er jede Verantwortung von sich weist. Er sieht gar nicht ein, dass er Fehler gemacht haben könnte. Sein Ansinnen scheint nicht Nachdenken und Nachforschen sondern allein die Rettung des Amtes. Aber spannend ist die Situation allemal. Spannend wohl auch, nach welchen Normen der Fall beurteilt wird
https://www.domradio.de/themen/vatikan/2020-11-20/erzbischof-hesse-wendet-sich-bischofskongregation
https://www.n-tv.de/panorama/Erzbischof-Hesse-unterstellt-sich-dem-Papst-article22183382.html
https://www.abendblatt.de/230964288
German survivors accuse Cardinal Woelki of 'abuse of abuse victims' . "Deutsche Überlebende klagen Kardinal Woelki an wegen Missbrauch der Missbrauchsopfer"
In der Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche geht es oft um minderjährige Opfer, meist um Jungen. Doch auch erwachsene Frauen sind von sexuellen und spirituellen Übergriffen betroffen, wie ein neues Buch zeigt.
https://www.kath.ch/newsd/neues-buch-schildert-missbrauch-an-frauen-in-der-katholischen-kirche/
Jeder Mensch ist wertvoll wie ein König oder eine Königin, findet Peter Otten. Wer Christus einen König nennt, müsse deshalb alle Menschen so betrachten. Das sollte man in der Kirche auch beachten, wenn es um Opfer sexualisierter Gewalt geht.
Ob Bischöfe und Erzbischöfe das so sehen können?
Betroffeneninitiative im Bistum Hildesheim erinnert mit Lichter-Aktion auf Domhof an Missbrauchsopfer:
https://www.kiz-online.de/das-gleiche-ziel-aufkl%C3%A4rung
Dank an Jens Windel für die tolle Aktion, die wir gerne unterstützt haben. Dank eben auch an Sylvia Witte, die uns dort vertreten hat.
Der Geistliche Assistent des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Erzbischof Dr. Stefan Heße, hat am Donnerstagabend vor den in einer digitalen Konferenz tagenden Mitgliedern des ZdK, eine persönliche Erklärung abgegeben.
Erzbischof Heße gab seinem Bedauern Ausdruck, dass seine Aufgabe für das Zentralkomitee zum gegenwärtigen Zeitpunkt durch die öffentliche Debatte über die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln belastet ist. Er kündigte an, sein Amt als Geistlicher Assistent mit sofortiger Wirkung vorläufig ruhen zu lassen, bis die Sachverhalte endgültig geklärt seien. Aus diesem Grund werde er auch an der am Freitag und Samstag digital tagenden Vollversammlung des ZdK nicht teilnehmen. Er werde sich in der nächsten Zeit auf eine angemessene Aufklärung aller zur Diskussion stehenden Sachverhalte konzentrieren. Heße kündigte an, bei allen Schritten in engem Kontakt mit dem Präsidium des ZdK zu bleiben.
Der Präsident des ZdK, Prof. Dr. Thomas Sternberg, brachte Erzbischof Heße den Respekt des ZdK für seine Entscheidung zum Ausdruck und versicherte ihm die ständige Gesprächsbereitschaft des ZdK-Präsidiums. Gleichzeitig dankte Präsident Sternberg Erzbischof Heße für sein bisheriges Engagement und die exzellente Zusammenarbeit.
Sternberg kündigte gleichzeitig an, dass das Präsidium des ZdK der am Freitag beginnenden Vollversammlung eine Entschließung zur Frage der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs vorlegen wird.
https://www.sueddeutsche.de/politik/missbrauch-koeln-katholische-kirche-hesse-1.5120728
Die FAZ kommentiert kritisch "Was heißt hier Aufarbeitung?" und wirft dem Präsidenten des ZdK Sternberg vor, zur Missbrauchsaufbereitung keine eindeutige Haltung zu haben:
_________________
Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße weist erneut Vorwürfe zurück, in seiner Zeit als Personalchef in Köln Missbrauchsfälle vertuscht und gegen Kirchenrecht verstoßen zu haben.
https://www.kirche-und-leben.de/artikel/missbrauch-woelki-schrieb-hesse-der-weist-vorwuerfe-zurueck
Im Skandal um sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirches geraten offenbar der Hamburger Erzbischof Stefan Heße und der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki unter Druck. Betroffene werfen Woelki jetzt „Missbrauch von Missbrauchsopfern“ vor.
Die Initiative schreibt auf ihrer Homepage:
"Opfer sexuellen Missbrauchs geworden zu sein ist nichts, worüber Betroffene gerne reden. Am liebsten würden wir so wenig wie möglich daran denken. Manchmal ist es aus verschiedenen Gründen aber notwendig: Um die Folgen des Traumas zu lindern oder aufzulösen. Um Gerechtigkeit einzufordern.
Die Kirche ist eine große und mächtige Institution, und leider sehr oft überfordert, wenn sie mit den Taten ihrer Mitarbeiter konfrontiert wird. Dann also lieber zurückstecken? Wir sind eine Gruppe von Menschen, die nicht zurückstecken möchten. Wir wollen Gerechtigkeit. Für uns, aber auch für eine bessere Gesellschaft, in der Kinder sicher aufwachsen können.
Wir wissen aber auch, wie belastend die Auseinandersetzung sowohl mit dem Geschehenen, als auch, zusätzlich, mit der Institution Kirche sein kann. Diese Seite soll Austausch und gegenseitige Unterstützung möglich machen."
http://www.betroffeneninititative-kirchlichermissbrauch-sueddeutschland.de/
Wegen fortgesetzter Kritik an der katholischen Sexualmoral und am kirchlichen Lehramt hat das Erzbistum Köln die Webseite der Katholischen Hochschulgemeinde Köln (KHG) abgeschaltet.
https://www.presseportal.de/pm/66749/4767367
https://www.kirche-und-leben.de/artikel/billige-macht-statt-souveraenitaet
Das kritische Papier der Katholischen Studierendendengemeinde Köln steht nicht mehr auf der Homepage, das Erzbistum hatte interveniert. Die Theologin Julia Knop sagt: Gerade eine solche Reaktion zeigt, wie berechtigt die Forderungen der Studierenden sind.
Christiane Florin schreibt dazu auf Facebook:
"Das Papier der KHG Köln ist ein Beitrag zum katholischen Reformdiskurs. Es musste von der Homepage genommen werden - die Aktion des Erzbistums zeigt, wie berechtigt die Kritik der KHG ist, sagt die Theologin Julia Knop im „Tag für Tag“- Interview. Und zur Causa Heße und Co. antwortet sie auf die Frage, wer einem Bischof kündigen kann: „Gekündigt werden – das ist tatsächlich ein Problem. Zurücktreten kann man natürlich. Warum denn nicht? Das ist gar keine Frage. Aber auch da haben wir ja unterschiedliche Wahrnehmungen oder auch unterschiedliche Praktiken.
Jetzt ist gerade in Mecklenburg-Vorpommern der Innenminister zurückgetreten, nicht weil ihm manifeste Schuld nachgewiesen werden konnte, sondern weil er gesagt hat: Ich habe das Vertrauen nicht mehr. Ich habe den Rückhalt nicht mehr. Das heißt, in der Politik sind Rücktritte sehr viel niedrigschwelliger angezeigt, als das kirchlicherseits bisher der Fall ist."
https://www.presseportal.de/pm/66749/4767367
stern TV hat 23 Frauen getroffen, die offen von ihren Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt berichten.
https://www.sterntv.de/sexualisierte-gewalt-23-frauen-brechen-das-schweigen
Das bisher unveröffentlichte Missbrauchsgutachten im Erzbistum Köln schlägt weiter hohe Wellen: Jetzt fordert die Gesellschaft Katholischer Publizisten die Herausgabe. Geduld und Vertrauen seien aufgebraucht.
Hier die Rücktrittsbegründung von Patrick Bauer:
"Am Montag bin als Mitglied des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln zurück getreten. Gestern Abend habe ich folgende Erklärung an einige Journalisten verschickt:
Siegburg, den 18.11.2020
Rücktritt aus dem Betroffenenbeirat
Am Montag, den 16.11.2020 habe ich meinen Rücktritt aus dem Betroffenenbeirat im Erzbistum Köln gegenüber der Bistumsleitung erklärt. Aus verschiedenen Gründen sehe ich mich nicht mehr in der Lage als Betroffener sexualisierter Gewalt durch einen Priester im Betroffenenbeirat mitzuarbeiten. Durch die Vorgänge seit März 2020 ist mir klar geworden, dass ich ein anderes Verständnis von Augenhöhe und Vertrauen, bei der Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt innerhalb der katholischen Kirche, habe, als ich es in der vergangenen Zeit von Seiten der Bistumsleitung aus erlebt habe. Aus meiner Sicht muss die Bistumsleitung große Vorsicht und Fürsorge mit, beim Umgang mit Betroffenen walten lassen. Dies habe ich gegenüber der Bistumsleitung immer wieder angemahnt. Die Bistumsleitung ist dem meiner Meinung nach nicht nachgekommen.
Ich werde immer wieder angegangen, dass ich als Mitarbeiter des Erzbistums Köln zu abhängig sei, um konsequente Aufarbeitung zu fordern und adäquat Betroffene zu vertreten. Diese Begrenztheit habe ich bei mir persönlich in den letzten Tagen gespürt. Sie ist nicht von der Bistumsleitung ausgegangen. Obwohl ich dies nie wahr haben wollte, spüre ich, dass ich nicht wirklich ganz frei bin beim Auftreten für Betroffene der Bistumsleitung gegenüber.
Ich halte, nach meinen Erfahrungen der letzten 2 Jahre, die ich sehr euphorisch mit der Bistumsleitung gestartet habe, den Betroffenenbeirat, in seiner Konstruktion, für nicht tauglich, an einer, Betroffenen gerecht werdenden, Aufarbeitung mitzuarbeiten.
Ich werde ab sofort der Bistumsleitung, als Betroffener sexualisierter Gewalt durch einen Priester, nicht mehr für Beratung oder zum Austausch zur Verfügung stehen.
Patrick Bauer"
Meldungen dazu:
https://www.presseportal.de/pm/66749/4767364
Maria Mesrian von Maria 2.0 schreibt dazu auf Facebook:
DPA- Meldung zum Betroffenbeirat:
Betreff: Dpa Meldung fyi
18.11.2020, 18:41
Köln (dpa) - Im Streit um den Umgang mit einem Missbrauchsgutachten im Erzbistum Köln fühlen sich ehemalige Sprecher des Betroffenenbeirats von Kardinal Rainer Maria Woelki unter Druck gesetzt. Die zurückgetretenen Sprecher Patrick Bauer und Karl Haucke warfen dem Erzbischof in einem Interview der «Süddeutschen Zeitung» (Donnerstag) einen «erneuten Missbrauch von Missbrauchsopfern» vor. «Wir wurden völlig überrannt», sagte Bauer zu Woelkis Entscheidung, ein von ihm selbst in Auftrag gegebenes Missbrauchsgutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl nicht zu veröffentlichen. Woelki hatte sich dazu die Zustimmung des Betroffenenbeirats geholt.
Ende Oktober hätten ihm drei Juristen überraschend erklärt, dass das Gutachten aufgrund methodischer Mängel nicht veröffentlicht werden könne, sagte Bauer. Stattdessen müsse ein neues Gutachten erstellt werden. «Das war für mich wie der Moment, als ich damals von meiner Krebserkrankung erfahren habe. Und der Arzt sagte mir: Es gibt nur diese eine Therapie und diesen Weg müssen Sie gehen. Oder Sie sterben. Ich hatte keine Entscheidungsmöglichkeit.» Im Nachhinein habe er aber Zweifel an der Darstellung des Erzbistums. Er habe den Eindruck, dass die Entscheidung schon lange vorher festgestanden habe.
Bis heute kennen weder Bauer noch Haucke den Inhalt des Münchner Gutachtens. «Die Erkenntnisse müssen toxisch sein aus der Sicht des Erzbistums», sagte Haucke. Sonst würde sich das Bistum nicht derart der Kritik der Öffentlichkeit aussetzen. «Deshalb war ihnen auch unsere Unterstützung so wichtig. Wir sollten das Zertifikat liefern: vom Beirat abgesegnet.» Haucke sieht sich erneut traumatisiert: «Es geht mir sehr schlecht. Das hat jemand mit mir angestellt, der mir vorher Zusammenarbeit auf Augenhöhe angeboten hat.»
Bauer und Haucke haben ihre Sprecherämter im Betroffenenbeirat inzwischen abgegeben und sind aus dem Gremium ausgetreten. Sie fordern eine Veröffentlichung des Gutachtens der Münchner Kanzlei.
Bonn Michael Schenk beschuldigt einen inzwischen verstorbenen Beueler Pfarrer des sexuellen Übergriffs. Er hofft auf Klärung möglicher weitere Fälle und fordert ein Ende des institutionellen Machtmissbrauchs im Erzbistum.
Essen – Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck (56) hat im Zusammenhang mit der mangelhaften Aufarbeitung von Missbrauchsvorwürfen gegen katholische Priester persönliche Schuld eingeräumt.
https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit-ruhr/video-lokalzeit-ruhr---868.html
Veronika Wawatschek hat berührende Reportagen zu Sexueller Gewalt in der Kath. Kirche geschrieben und dafür - man höre und staune - heute den Medienpreis der DBK gewonnen. Besonders lesens- und hörenswert!
Michael Schenk litt als Kind über Jahre unter Missbrauch durch Priester. Das System der Kirche verweigert ihm Gerechtigkeit. Protokoll eines Skandals.
https://www.fr.de/panorama/kirche-sexueller-missbrauch-koeln-meisner-kampf-90094961.html
Timo Ranzenberger schreibt auf Facebook dazu:
Pressekonferenz 16. November zur Veröffentlichung der „Untersuchung des Umgangs mit Fällen sexualisierter Gewalt im Bistum Aachen“
Im Rahmen einer Pressekonferenz, die per Live-Stream aus Aachen übertragen wurde, stellte die Bistumsleitung die ersten Reaktionen auf das am Donnerstag, 12. November, veröffentlichte unabhängige Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl zu sexualisierter Gewalt durch Kleriker im Bistum Aachen in den Jahren 1965 bis 2019 vor. Neben bereits umgesetzten sowie geplanten Maßnahmen der Aufarbeitung stünde vor allem ein Perspektivwechsel und Kulturwandel mit Blick auf die Betroffenen an.
Wechsel zur Betroffenenperspektive entscheidend.
Bischof Dieser betonte in seinem Statement, dass ein grundlegender Perspektivwechsel entscheidend sei: Ziel der Aufarbeitung müsse sein, “dass wir helfen können, und zwar im Blick auf die Betroffenen oder wie sie selber sagen ‘die Überlebenden des Missbrauchs’, dass die systemische Wahrheit, die dazu geführt hat, dass sie sich selbst überlassen blieben, geltend gemacht wird. Sie ist ein Teil der schwer verletzten Biographien der Betroffenen.” Auf Grundlage dieser Wahrheit könne eine Atmosphäre entstehen, “in der die tiefen Wunden eine Chance haben, heilen zu können. Damit ist das Gutachten nur ein erster Schritt der Aufarbeitung, weitere müssen folgen”, so Bischof Dieser. Die Perspektive der Betroffenen sei in der Vergangenheit “schmerzlich unwirksam” geblieben. “Was wir als Kirche in der Vergangenheit getan haben, um Opfer wirklich zu schützen und für sie zu sorgen, war zu wenig, es war nicht angemessen”, betont der Aachener Bischof. Auch deshalb wolle er den Dialog mit Betroffenen suchen: ”Ich stehe Betroffenen für ein Gespräch zur Verfügung, wenn sie dies möchten.
Wandel hin zu einer Kultur des Hinsehens und Überwindens von Klerikalismus.
Es geht um einen Kulturwandel auf verschiedenen Ebenen. Dies beginne damit, die vielfältigen Formen von Klerikalismus zu erkennen und zu überwinden, so Bischof Dieser. Fortan dürfe man sich nicht mehr den Priestern enger verbunden fühlen als den Betroffenen: „Die Weihe und das geistliche Amt schützen nicht vor Haftung und vor Ahndung“. Zudem gehe es darum, als Kirche „resonanter“ zu sein, und nicht als erstes zu wissen, was für die Menschen zu gelten habe.
Die Bistumsleitung sieht die Notwendigkeit eines Kulturwandels: „Ich glaube, dass es auch im gesamtgesellschaftlichen Bewusstsein noch nicht angekommen ist, dass der Fokus jetzt auf dem Schutz der Betroffenen liegt. Mit Bischof und Generalvikar wollen wir eine Kultur des Hinschauens und zwar ohne Rücksicht auf kirchliche Hierarchien“, unterstreicht die Leiterin der Hauptabteilung Personal, Margherita Onorato-Simonis. Als Leiter der Verwaltung des Bistums bekam Generalvikar Andreas Frick „nach fünfeinhalb Jahren im Amt schmerzhaft vor Augen geführt, wo ich genauer hätte hinschauen müssen.“ Die Verwaltungsarbeit habe sich seitdem schon geändert; sie solle sich weiter ändern im Sinne einer Kultur der Achtsamkeit.
Weitere Schritte zur Aufarbeitung.
Erste Konsequenz soll die Gründung eines Betroffenenbeirats sowie die Einrichtung einer unabhängigen Kommission sein, die der Bistumsleitung auf Augenhöhe gleichberechtigt gegenüberstehen und eine Aufarbeitung im Sinne der Betroffenen aktiv begleiten sollen. Auch die überarbeiteten Richtlinien zur Anerkennung von Leid, basierend auf dem gemeinsamen Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz, sollen ab dem 1. Januar 2021 konsequent im Bistum angewendet werden. Zudem werde man proaktiv auf Betroffene zugehen, damit diese schnell und unkompliziert die vorgesehenen finanziellen Leistungen erhalten. Auch die Personal- und Aktenführung werde zurzeit auf einen modernen Standard gebracht und Mitarbeitende ausdrücklich dazu aufgefordert, kritische Punkte zu benennen sowie gemeinsam zu besprechen. „Wir gehen jedem Hinweis nach!“, so Frau Onorato-Simonis.
Weitere Hinweise erbete man sich nicht nur von internen Mitarbeitenden, sondern auch von Betroffenen: „Melden Sie uns erfahrenen Missbrauch“, bittet Bischof Dieser. Hierfür habe man zum einen eine eigene Homepage eingerichtet. Unter www.missbrauch-melden.de erhalten Betroffene die Gelegenheit, Missbrauchsfälle durch Kleriker und kirchliche Mitarbeitende des Bistums zu melden. Eine eigens eingerichtete Hotline (0241-452 225) bietet bis Freitag, 20. November 2020, zudem die Möglichkeit, via Telefon Kontakt aufzunehmen. Alle relevanten Informationen zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen stehen der Öffentlichkeit außerdem transparent auf der Homepage des Bistums unter www.bistum-aachen.de/aufarbeitung zur Verfügung.
Über weitere Schritte und Ergebnisse der nun anstehenden Beratungen in den diözesanen Räten möchte man im Januar 2021 der Öffentlichkeit Rede und Antwort stehen. Bis dahin werde man das Gutachten noch wiederholt lesen. Denn dieses sei “der Anfang einer systematischen Aufarbeitung, nicht deren Ende”, wie Generalvikar Frick betonte.
Zum Hintergrund:
Das Bistum Aachen hatte im Anschluss an die 2018 veröffentlichte MHG-Studie die Rechtsanwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (München) im Juni 2019 mit der Untersuchung von Fällen sexualisierter Gewalt durch Kleriker im Bistum Aachen beauftragt. Das unabhängige Gutachten „Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker im Bereich des Bistums Aachen im Zeitraum 1965 bis 2019” wurde auf einer Pressekonferenz der Kanzlei am 12. November 2020 in Aachen veröffentlicht."
Werner Uwe von der Betroffeneninitiative Hildesheim bemerkt zur Pressekonferenz kritisch:
"Was meint Bischof Dieser mit "systemische Wahrheit" in der Missbrauchsdebatte ?
Ein einfaches " Ja, wie haben uns schuldig gemacht und werden unverzüglich den Opfern gerecht und entschädigen sie, die "Überlebenden" für dass ihnen angetane Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Wieder eine "unabhängige Kommission" ist die Antwort an die Betroffenen, ein Hohn, wer hier von wahrem Schuldeingeständnis spricht.
Systemische Wahrheit, dass müssen Angeklagte mal einem Richter als Entschuldigung in einem Plädoyer vortragen:
"Herr Vorsitzender, das System hat mich zu der Straftat verleitet, nie wäre ich selber auf die Idee gekommen, dass das wofür ich angeklagt bin, Unrecht war!
Ich beantrage daher "Freispruch in allen Anklagepunkten!"
Was für ein menschenverachtender Hohn, Herr Bischof!"
Auch
https://www.sueddeutsche.de/politik/katholische-kirche-auf-der-falschen-seite-1.5113680
Am Dienstag hat der Vatikan seinen Missbrauchs-Bericht über Ex-Kardinal Theodore McCarrick veröffentlicht. Der Jesuitenpater Godehard Brüntrup sieht die Verantwortung auch bei den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI.
Schockiert haben die US-Bischöfe auf den Bericht über den früheren Kardinal Theodore McCarrick reagiert. In dem Bericht, der kurz vor Beginn der Vollversammlung der US-Bischofskonferenz veröffentlicht wurde, zeichnet der Vatikan detailliert seinen Umgang mit den üblen Machenschaften des Missbrauchs-Täters McCarrick nach:
Täterschutz war wichtiger als Opferfürsorge – so lautet ein Ergebnis eines Gutachtens für das Bistum Aachen. Im Erzbistum Köln bleibt ein Gutachten derselben Kanzlei unter Verschluss. Betroffene fühlen sich wieder missbraucht – und Laienverbänden fällt es schwer, für die Opfer Partei zu ergreifen.
Christiane Florin fasst auf ihrem facebook-blog zusammen:
"Schon -zig Mal habe ich es gehört, gelesen und selbst geschrieben: Täterschutz war wichtiger als Opferfürsorge. Dennoch ist das Aachener Gutachten bestürzend. Was ist gemeint mit dem Wort "System"? Zum Beispiel, dass der humane Impuls abgestellt wird, zuerst zu denken: "Um Himmels Willen, das arme Kind!" Statt dessen war die Standard-Reaktion: "Mein Gott, wenn das rauskommt - die arme Kirche!"
Der Wahlspruch des Kölner Erzbischofs lautet "Wir sind Zeugen". Wer und wo sind "Wir"?"
Den Weg freimachen für Gerechtigkeit und Neuanfang: Die Wahrheit muss jetzt auf den Tisch - Der Vorstand des Diözesanrates der Katholiken im Erzbistum Köln fordert die Bistumsleitung auf, hinsichtlich der Aufarbeitung der Fälle sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln endlich die Wahrheit auf den Tisch zu legen und den Weg freizumachen für Gerechtigkeit und einen Neuanfang!
https://schweigenwargestern.blogspot.com/2020/11/vertrauen-herr-klaus-mertes-sj-sagt-im.html
https://www.bvpr-deutschland.de/2020/11/15/transparenz-und-unabh%C3%A4ngigkeit/
Erinnerung: Vertreter der Betroffeneninitiative im Bistum Hildesheim laden für
Mittwoch, den 18.11.2020 ab 17:00 Uhr auf den Domplatz ein.
Mit einer Kerzenaktion, Infozelt und Flyern soll auf die Opfer sexualisierter Gewalt im Bistum Hildesheim aufmerksam gemacht werden.
Betroffene von sexualisierter Gewalt sollen im Bistum Münster selbst entscheiden, wie sie an der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen mitwirken. „Zu diesem Weg haben wir uns auf Anraten der Betroffenen entschlossen“, sagte Stephan Baumers auf Anfrage von „Kirche-und-Leben.de“. Er ist im Team des Interventionsbeauftragten des Bistums für Betroffenen-Beteiligung zuständig.
Anders als in anderen deutschen Bistümern solle in Münster ein Gremium nicht berufen werden. Vielmehr sollen „die Betroffenen selbst entscheiden, wer für sie sprechen soll, an welchen Themen sie mitarbeiten wollen und wie“, erläuterte Baumers. Das würden die Rahmenvorgaben der Deutschen Bischofskonferenz als eine von mehreren Möglichkeiten der Beteiligung zulassen.
Die Missbrauchsaufarbeitungen im Bistum Aachen stoßen bei Altbischof Heinrich Mussinghoff (80) und dem früheren Generalvikar Manfred von Holtum (76) auf Kritik. Von der mit einem Gutachten beauftragten Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) erwarteten sie unberechtigte Schuldzuweisungen und kein faires Verfahren, sagten sie den „Aachener Nachrichten“ (Montag).
Zum Gutachten Bistum Aachen allgemein:
https://www.publik-forum.de/menschen-meinungen/keine-angst-vor-aufklaerung
https://www.sueddeutsche.de/politik/missbrauch-aachen-kirche-1.5112709
Der Skandal um sexuellen Missbrauch in der polnischen katholischen Kirche erreicht immer höhere Kreise. Mit Kardinal Dziwisz steht nun ein enger Vertrauter von Papst Johannes Paul II. unter Vertuschungsverdacht.
https://www.dw.com/de/vertrauter-des-papstes-unter-verdacht/a-55567718?maca=de-EMail-sharing
Das Erzbistum Köln will einen Bericht über den Umgang mit Missbrauchsfällen veröffentlichen. Die Veröffentlichung wurde im Frühjahr zunächst aufgeschoben, nun ganz abgesagt. Begründet wurde das mit Mängeln an der Studie. Die Entscheidung wurde auch im Namen des Betroffenenbeirates des Erzbistums verkündet.
Nun wird deutlich: die Zustimmung des Betroffenenbeirats zur Nicht-Veröffentlichung wurde offensichtlich vom Erzbistum unter dubiosen Umständen organisiert. Erzbischof Rainer Maria Woelki wird von Betroffenen und aus dem eigenen Erzbistum heraus zum Rücktritt aufgefordert. Währenddessen veröffentlicht das benachbarte Bistum Aachen einen Bericht, der von der gleichen Kanzlei erstellt wurde wie der zurückgehaltene Kölner Bericht.
Wer erfahren will, was investigativer Journalismus kann und welchen Spaß es dazu macht, die Recherche im Einzelnen zu verfolgen, der lese die FAZ von heute, Seite 3. Dass es dabei auch um uns Betroffene geht, freut uns ganz besonders. Großartige Recherche, großartige Darstellung der Zusammenhänge.
Leider nur mit Paywall zu lesen:
Der Beitrag ist jetzt von der FAZ such digital veröffentlicht worden:
https://zeitung.faz.net/faz/politik/2020-11-14/d3a88066f26c42545c0827e53c212641/?GEPC=s3&fbclid=IwAR2qAJVNF91pj6HO8padjyT5IBfMHz2uwz3SARQZhIi8_OjElhbz6UTILxQ
Im Bericht wird deutlich, wie das Erzbistum im Einzelnen vorgegangen und wie es den Beirat unter Druck gesetzt hat: Durch Ansetzung einer Sondersitzung mit weitgehend unbekanntem Thema, durch die Präsentation von Juristen als Botschafter des Einstampfungswunsches von Kardinal Woelki, durch Eile und Ressourcenungleichheit.
Dazu der Kommentar: "Ruchloser Kardinal"
"Rainer Maria Woelki wollte als schonungsloser Aufklärer in die Annalen der katholischen Kirche eingehen. Stattdessen rettet er sich nun vor der Rache der Verantwortlichen. Und instrumentalisiert dafür auch noch die Betroffenen."
Kommentar des Kölner Stadtanzeigers: (Paywall)
Interview der Kölner Rundschau mit Karl Haucke:
https://www.rundschau-online.de/news/politik/interview-mit-betroffenenbeirat-beim-erzbistum-koeln--wie-ein-erneuter-missbrauch--37615930 (leider ebf. Paywall)
Auf seiner Facebookseite kommentiert der ehemalige Interventionsbeauftragte des Erzbistum Köln Oliver Vogt die Vorgänge in Aachen und Köln mit deutlichen Worten:
"Als ehemaliger Präventions- und Interventionsbeauftragter im Erzbistum Köln wäre ich froh, wenn ich ähnliche Worte wie mein ehemaliger Kollegen Kalle Wassong aus Aachen sagen könnte. Für das Bistum Aachen kann ich das auch tun. Ich freue mich, dass die Verantwortlichen dort den Weg konsequent gegangen sind und das Gutachten veröffentlicht wurde. Jenseits aller, nicht mehr nachvollziehbaren juristischen und gutachterlichen Auseinandersetzungen liegt ein Gutachten vor was klar und eindeutig Personen und Strukturen benennt. Das ist das, was die Betroffenen brauchen. Klarheit und Transparenz. Dabei geht es nicht darum, ob 15 oder 50 Falle dargestellt werden. Die Aufarbeitung von einzelnen Fällen muss im Nachgang der Veröffentlichung, durch unabhängige Kommissionen, erfolgen.
Nach dem Bistum Limburg ist damit das Bistum Aachen das zweite Bistum, welches die zwingend notwendige Aufarbeitung einleitet und sich den Ergebnissen dieser Untersuchungen stellen muss! Jetzt wird es darauf ankommen, aus den Ergebnissen die notwendigen Schlüsse zu ziehen und endlich Verantwortung, auch persönlich, zu übernehmen. Die unsäglichen Versuche von Verantwortlichen sich vor einer persönlichen Verantwortungsübernahme zu drücken, sind nicht mehr auszuhalten. Die Betroffenen haben die Wahrheit und absolute Transparenz und einen fairen Umgang auf Augenhöhe verdient. Sie sind keine Bittsteller, sondern Menschen deren Leben durch den Missbrauch zerstört worden ist und die ein Recht darauf haben die Hintergründe zu den Taten zu erfahren."
Auch:
https://www.extremnews.com/nachrichten/vermischtes/38c317eb596919e
Gegenposition Dechant Ricken in Bonn:
Nach der vom Erzbistum Köln abgesagten Veröffentlichung eines Missbrauchsgutachtens drängt die Vertretung der katholischen Laien auf umgehende und transparente Aufklärung der Fälle sexualisierter Gewalt. Der Diözesanrat forderte die Bistumsleitung auf, „endlich die Wahrheit auf den Tisch zu legen und den Weg freizumachen für Gerechtigkeit und einen Neuanfang“.
Aufgrund der Ereignisse der vergangenen Jahre, Wochen und Tage bestünden Zweifel, ob der Bistumsleitung eine Aufklärung aus eigener Kraft gelinge. Täter und Vertuscher seien endlich klar zu benennen und Konsequenzen zu ziehen.
Zum ersten Mal in Deutschland wurde heute ein unabhängig erstelltes Gutachten über den Umgang eines katholischen Bistums mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs veröffentlicht. Der Inhalt ist schockierend. Erstellt wurde das Gutachten von einer Münchner Kanzlei. Und zwar genau von jener Kanzlei, die auch die Missbrauchsfälle im Erzbistum Köln untersucht hat. Doch in Köln wird das Gutachten nun doch nicht veröffentlicht. Weil es rechtliche Bedenken gebe. Eine Kanzlei – zwei Gutachten – eine gutes, ein schlechtes? Wer will das verstehen?
Abb. entnommen der offiziellen Facebookseite von Monitor: http://www.wdr.de/tv/monitor/impressum/index.php5
Hier das Gutachten von Aachen als Download:
Hier die Pressekonferenz mit der Vorstellung des Gutachtens. Wie wir finden: besonders sehenswert.
Das Bistum Aachen hat es getan. Das Bistum hat Wort gehalten. Wer hat damit noch gerechnet, dass Kirchenfunktionäre ein Versprechen halten? Das unabhängige Gutachten wurde heute der Presse bzw. der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt.
Das Erzbistum Köln befürchtet wohl noch "schlimmere Wahrheiten" als sie heute in Aachen offenbar wurden und hält das Gutachten mit gleichlautendem Auftrag für immer im Giftschrank. Der Betroffenenbeirat muss als Feigenblatt herhalten. Mittlerweile ist nicht nur Winfried Ponsens zurückgetreten sondern auch Karl Haucke. Er wird in der FAZ von heute mit klaren Worten zitiert:
"Die Sondersitzung sei eine „neue Form des Missbrauchs“ gewesen. „Es ist eine Art Militärstrategie, bei der Betroffene gezielt eingesetzt werden (und dies gleich gremienweise), um die Vertuschungsabsichten der Täterorganisation durchzusetzen“, teilte Karl Haucke mit. Dazu habe man „das Gütesiegel ,mit dem Beirat gemeinsam beschlossen“ gebraucht."
https://www.sueddeutsche.de/panorama/katholische-kirche-missbrauch-bistum-aachen-1.5113221
https://www.bild.de/regional/koeln/koeln-aktuell/zurueckgezogene-missbrauchsstudie-katholische-jugend-kritisiert-woelki-73912120.bild.html
https://m.faz.net/aktuell/politik/inland/verantwortliche-im-bistum-aachen-schuetzten-taeter-17049624.html
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-11/bistum-aachen-sexueller-missbrauch-katholische-kirche-gutachten
https://www.vaticannews.va/de/kirche/news/2020-11/deutschland-missbrauch-kirche-gutachten-bistum-aachen.html?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=NewsletterVN-DE
https://www.ksta.de/politik/studie-zum-kirchlichen-missbrauch-gutachter--nur-frauen-koennen-opfer-bewahren-37608912
https://www.ksta.de/politik/studie-zum-kirchlichen-missbrauch-gutachter--nur-frauen-koennen-opfer-bewahren-37608912?dmcid=sm_em
https://www.domradio.de/themen/sexueller-missbrauch/2020-11-12/luecken-den-akten-gutachten-belastet-aachener-altbischof-und-ex-generalvikar?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=tagesnachrichten
https://rp-online.de/nrw/panorama/kirchenrechtler-thomas-schueller-wir-erleben-im-erzbistum-ein-trauerspiel_aid-54209499
https://www.kirche-und-leben.de/artikel/jesuit-mertes-erzbistum-koeln-instrumentalisiert-missbrauchsopfer?fbclid=IwAR2VyIGInQ6TxurFtwwq8YRDexy8okp6SXY4OGbBAiZ1hiW00MxXo90nmps
https://www.kirche-und-leben.de/artikel/aachener-missbrauchs-gutachten-belastet-auch-altbischof-mussinghoff
fbclid=IwAR2N0pTJgdVh6fPAI0966T3MgIUmupMQPu1UNgrZuJgJ1tlrWTxMd2O91z8
https://www.weiberaufstand.com/post/jesus-war-jurist
https://www.weiberaufstand.com/post/eine-endlose-trag%C3%B6die-oder-versuch-einer-publikumsbeschimpfung
https://www.domradio.de/themen/sexueller-missbrauch/2020-11-10/ich-will-kein-verstaendnis-ich-moechte-kooperation-missbrauchsopfer-kritisiert-aufarbeitung-der?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=tagesnachrichten
https://hpd.de/artikel/wenn-juristen-historische-wahrheiten-ueberpruefen-18673
Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend fordert gar den Rücktritt von Kardinal Woelki:
https://www.kirche-und-leben.de/artikel/koelner-bdkj-fordert-ruecktritt-von-kardinal-woelki?
https://neuesruhrwort.de/2020/11/12/bdkj-fordert-ruecktritt-von-kardinal-woelki/
https://www1.wdr.de/daserste/monitor/extras/pressemeldung-erzbistum-koeln-haucke-100.html
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-diesseits-von-eden-ganze-sendung/audio-diesseits-von-eden-ganze-sendung--632.html
https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/kirche-missbrauch-108.html
Die Bistümer Köln und Aachen hatten in diesem Jahr Berichte zu sexuellem Missbrauch in den eigenen Reihen angekündigt. Aachen legte die Untersuchung nun vor. In Köln sollen die Ergebnisse doch nicht veröffentlicht werden. Das wirft Fragen auf.
https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/bistum-koeln-keine-aufarbeitung-100.html
Hier der Text der Sendung als PDF:
Gerade überschlagen sich die Ereignisse. Hier in aller Kürze eine Zusammenstellung wichtiger Links zum Thema und Auszüge aus einem Schreiben von Winfried Ponsens an die Beiratsmitglieder, in dem er seinen Rücktritt begründet.
https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-10/rainer-maria-woelki-missbrauchsgutachten-katholische-kirche
https://www.sueddeutsche.de/panorama/katholische-kirche-missbrauch-gutachten-1.5101512
https://www.christoph-fleischmann.de/missbrauchs-gutachten-verschwindet-in-der-schublade/
https://web.de/magazine/regio/nordrhein-westfalen/kirchenrechtler-super-gau-erzbistum-koeln-35221292
https://ga.de/news/politik/deutschland/schallende-ohrfeige-fuer-die-opfer_aid-54353899
https://www.n-tv.de/panorama/Woelki-haelt-Missbrauchsgutachten-geheim-article22137062.html
https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit-koeln/video-lokalzeit-aus-koeln---950.html
Rücktrittsbegründung Winfried Ponsens:
"Der Betroffenenrat stimmt der Einstampfung der Studie Westphal zu, ohne dass er selbst inhaltliche Kenntnis von diesem Gutachten hat. In der Presserklärung entsteht fast der Eindruck, als habe der Betroffenenbeirat diese Studie zusammen mit dem Erzbischof veranlasst und sei nun Mitkläger gegen die Kanzlei Westphal.
Ich finde diese Entscheidung fatal, vor allem wegen des vorliegenden Gegengutachtens. Ich erinnere mich an den März, in dem die „äußerungsrechtlichen Bedenken“ der entsprechenden Kanzlei in Bonn den Ausschlag gaben, das Gutachten „jetzt nicht“ zu veröffentlichen. Schweren Herzens stimmte ich zu, nachdem ich wenigstens geäußert hatte, dass ich es besser gefunden hätte, wenn der Erzbischof den Mut gehabt hätte, das Gutachten trotz Bedenken zu veröffentlichen und gegebenenfalls Teile daraus auch schwärzen zu müssen. Diese Überlegung trug ich vor, weil ich sie auch im Interesse des Bistums sah: sollen doch die „die Bösen“ sein, die da klagen, soll doch das Gericht die Instanz sein, die gegen Teile des Gutachtens entscheidet.
Das Fatale an der Entscheidung von diesem Donnerstag ist nun, dass das der Presserklärung beigefügte Gegengutachten nun die „äußerungsrechtlichen Gründe“ (die ich seinerzeit nachvollziehen konnte) nur noch am Rande erwähnt und seine Argumentation gegen das Gutachten auf das methodische Konzept und die inhaltlichen Bewertungen aufbaut. Wenn ich auch nur einen Teil dieser Argumente ernst nehme, komme ich zum Schluss, dass ein Gutachten aufbauend auf einer Interpretation weicher Fakten (knappe Aktennotizen, Handlungen oder Nichthandlungen der verantwortlichen Personen und ihre möglichen Interpretationen) juristisch gar nicht machbar ist. Ich vermute, niemand der Verantwortlichen wird sich im strengen Sinne des Gesetzes strafbar gemacht und die entsprechenden Hinweise auch noch in den Akten vermerkt haben. Ein Gutachten, das die Verantwortlichkeiten und das System dahinter aufdeckt, muss interpretatorisch vorgehen und nicht mit der Messlatte, dass ich den nächsten Prozess in jedem Fall gewinne. Die Kanzlei Westphal war ihrerseits mutig genug, aus dem Wenigen, was die Akten hergeben, Schlussfolgerungen zu ziehen. Und das wirft man ihr jetzt vor. Ob sie das klug genug gemacht haben, steht auf einem anderen Blatt.
Die rein „strafrechtliche“ Diktion des Gegengutachtens führt vollständig in die Irre. Beispiel: Wenn z.B. die Wertung „mangelnde Opferfürsorge“ als rechtlich nicht haltbarer Begriff („kein Rechtsbegriff“) kritisiert wird und daraus ein erheblicher Qualitätsmangel des Westphals- Gutachtens abgeleitet wird, dann findet man mich auf den Barrikaden. Denn das ist ja das, weshalb die Betroffenen den Gutachtenauftrag so begrüßt haben. Es beschreibt treffend das, was den sog. Verantwortlichen in der Kirche am meisten vorgeworfen wird und was am besten die grundsätzliche Erfahrung fast aller Missbrauchsopfer („Wir waren unwichtig“) beschreibt. Und was letztlich auch Entschädigungsforderungen begründet.
Wenn ich dem neuen Gegen- Gutachten und der Nichtveröffentlichung zustimme, stimme ich zu, dass es niemals eine belastbare Untersuchung geben wird, eben weil strafrechtlich in den Akten nichts oder wenig übrigbleibt bzw. das, was übrigbleibt, erst nach längerem Rechtsstreit der Öffentlichkeit zugänglich wird. Die Hürden, die die jetzige Kanzlei aufstellt, werden zu einem, was Aussagen zu Verantwortlichkeiten angeht, „nichtssagenden“ Gutachten führen. Seine Fertigstellung kann überraschenderweise gerade deshalb, weil es dünn sein wird, also für den 18. März schon avisiert werden.
Bei meiner Argumentation bin ich jetzt davon ausgegangen, dass das, was die neue Kanzlei schreibt, rechtlich so einigermaßen stichhaltig ist. Aber selbst das kann ich nicht beurteilen, brauchte mindestens wieder eine juristische Auskunft, ob die Herren sich das gerade so zurechtlegen oder oder. Hier hätte das Bistum uns zumindest über das Gutachten von Jahn und Partner vorinformieren müssen. Man hätte uns ausreichend Zeit geben müssen, diese für die Betroffenen in ganz Deutschland so zentrale Frage einer Nicht- Veröffentlichung durch Vorlage der entsprechenden Texte zu prüfen. Uns hätte sogar unabhängige juristische Beratung zustehen müssen.
Ich halte die Zustimmung zur Nichtveröffentlichung für nicht haltbar und für unsere Sache fatal. Hart ausgedrückt: jetzt sind wir tatsächlich das Feigenblatt des Kardinals dafür, dass dieses Gutachten, das unbestritten zu klaren (aber vielleicht juristisch nicht haltbaren) Aussagen kommt, das Licht der Welt nicht erblickt.
Werde den Beirat verlassen. Der Schaden für die Betroffenenszene insgesamt ist, glaube ich, unermesslich. Das Erzbistum hat den Betroffenbeirat über den Tisch gezogen. Auch mich, denn ich hätte als Mitglied darauf bestehen müssen, über den Inhalt der Sitzung besser informiert zu sein.. Das war Missbrauch. GEBRAUCH des Beirats für die eigenen Interessen des Bistums. Das neue Gutachten liegt dem Erzbistum schon geraume Zeit vor. Die Entscheidung, das Gutachten Westphal einzustampfen, war allem Anschein nach schon vor der Sitzung gefallen."
Betroffene sexueller Gewalt durch Kleriker befinden sich in aller Regel allein auf weiter Flur in der Auseinandersetzung mit den Spitzenvertretern der übermächtigen Kirche. Der Staat rührt sich nicht. Das Kirchenvolk verharrt teils in Schreckstarre. Nicht nur die Frage der Höhe von Entschädigungen ist lediglich vermeintlich, jedenfalls unangemessen geklärt. Die Frage des Verfahrens ist mindestens umstritten. Die Frage der Weitergabe von Ansprüchen auf Entschädigung (bei Tod des direkt Betroffenen) an Mitbetroffene in den Familien ist nach den derzeitig bekannten Vorgaben der DBK völlig ungeklärt. Auch stoßen wir in unseren täglichen Beratungen Betroffener immer wieder auf Tatbestände, die schlichtweg nicht in das Raster von staatlichen Schmerzensgeldtabellen passen.
Hier ist zunächst festzuhalten: Die Vorgaben, an die wir Betroffene uns beim Antrag für Zahlungen aus dem Topf "Anerkennung des Leids" zu halten haben, entstammen den Köpfen von Klerikern und
Kirchenjuristen, die sich bisher nur selten dadurch hervorgetan haben, dass sie besonders empathisch mit Betroffenen umgehen. Hier liegt eine wichtige Aufgabe für uns Aktivisten, die wir ja immer
wieder in Diskussionsrunden, in Kirchengemeinden, in Jugendverbänden, in Qualitätszirkeln für Präventionskonzepte den Dialog eingehen mit ebensolchen Kirchenfunktionären: Wir bestehen darauf,
dass derjenige die Tätergeschichte und die Geschichte des Täterumfelds (Verantwortlichkeiten) genauso gründlich aufarbeitet und prüft, wie er es so selbstverständlich meint tun zu können, wenn er
Betroffene einer zum Teil sehr harten Prüfung auf Wahrheit und Plausibilität von Erinnerungen unterzieht, bevor er der Berechtigung von materiellen Ansprüchen zustimmt.
Eine hilfreiche und garantiert wirksame Arbeitshilfe dazu hat der Bonner Theologe und Kirchenrechtsexperte Norbert Lüdecke bereits vor Jahren vorgelegt:
https://bonndoc.ulb.uni-bonn.de/xmlui/handle/20.500.11811/1006
http://theosalon.blogspot.com/2018/11/emporung-reicht-nicht.html
Sein Fragenkatalog an einen Bischof hat noch heute Gültigkeit:
„- was konkret ihn und seine Vorgänger vor und nach 2002 so sicher gemacht hat, in Deutschland sei alles ganz
anders als in all den anderen Ländern,
- ob er das Geheimarchiv seines Vorgängers studiert oder als schwarzes Loch behandelt hat,
- ob er seiner Pflicht zur Verfolgung sexuellen Missbrauchs immer angemessen nachgekommen ist und wie konkret,
- ob und warum er nur als Sünde behandelt hat, was kirchenrechtlich und staatlich seit langem als Verbrechen gilt,
- ob und warum er die kirchenrechtlichen Vorgaben nicht kannte oder missachtete,
- ob er selbst angemessen dokumentiert oder Dinge mündlich „bereinigt“ hat,
- warum konkret er sich nicht mit seinen Kollegen um die päpstliche Genehmigung zum Erlass einheitlicher verbindlicher Normen für alle Bistümer bemüht,
- ob und warum er und seine Vorgänger die staatlichen Gerichte lieber zum Schutz der Kirchensteuer und des eigenen Arbeitsrechts angerufen haben als zum Schutz von Kindern,
- ob und wie er über das Verhalten seiner Vorgänger, und zwar nicht nur der toten, aufklären will.
Eine Antwort schuldet ein Bischof rechtlich weder den vielen, nicht zuletzt durch das Schweigen der Bischöfe unter Generalverdacht arbeitenden Priestern noch erst recht uns Laien. Aber daran, ob
er in der Ich-Form und konkret antwortet oder nicht, werden Sie erkennen, was es bedeutet, sein Amt sei Dienst.“
Schaut man genau hin, so lässt sich leicht feststellen: Die meisten dieser Fragen passen auch heute noch in das Gespräch mit Bischöfen (bestes Beispiel: Kardinal Woelki von Köln und Erzbischof
Heße in Hamburg) und ihren Vertretern, in das Gespräch von Ordensoberen und Oberinnen, kirchlichen Personalchefs und anderen Kirchenfunktionären bis hin zum Gemeindepfarrer. Also,
worauf warten wir: Stellen wir die Fragen!
Christiane Florin bringt es in ihrem neuesten Blog auf ihre unnachahmliche Art noch einmal anders auf den Punkt:
https://www.weiberaufstand.com/post/culpa-cancel-culture-oder-mea-mitverantwortung
Die Deutsche Bischofskonferenz organisiert derzeit die Schaffung von Betroffenenbeiräten zum Thema sexualisierte Gewalt und Missbrauch in der Kirche. In jedem Bistum soll ein Beirat entstehen. Eine Rahmenordnung liegt nun vor.
Stellungnahme des Erzbistums Köln zur aktuellen Berichterstattung zu einem möglichen Missbrauchsfall im Erzbistum Köln:
Mit - aus unserer Sicht - dünnen Worten kritisiert der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung die Beschlüsse der Bischofskonferenz zur Entschädigung:
Nichts über das Grundproblem von Anerkennung des Leids versus Entschädigung für institutionelles Versagen, nichts über die - geht es nach dem von den Bischöfen vereinbarten Verfahren - notwendige Prostitutionsverwandte Preisliste (1mal blasen 2000,00€, penetrieren 3000,00€ und so fort). Nichts darüber, dass ein Gutachten einer von der DBK selbst eingesetzten Expertenkommission mit fundierten Argumenten das genaue Gegenteil des jetzigen Verfahrens vorschlägt.
Der Beauftragte scheint zahnlos zu werden, wenn es um die Kirche geht- ähnlich den meisten Politikern. Eine gesetzlich verankerte unabhängige Aufarbeitungs-und Entschädigungskommission muss her.
Ein vorsichtiger Ansatz in die richtige Richtung. Wenn sie doch endlich die Verjährungsfristen wie bei Mord ganz aufgeben würden. Die Opfer können eher damit leben, das an ihnen begangene Verbrechen nach 30 oder mehr Jahren wegen fehlender Beweise nicht gesühnt zu wissen als erfahren zu müssen, dass sie erst gar keine Chance auf Gerechtigkeit haben.
Die Kernpunkte des gestern vom Kabinett auf den Weg gebrachten Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder sind:
1. Verschärfungen des Strafrechtes
2. Prävention und Qualifizierung der Justiz
3. Effektive Strafverfolgung
Der UBSKM hat, wie sehr viele gesellschaftliche Kräfte, eine Stellungnahme zum Referentenentwurf abgegeben, natürlich unter Beteiligung des Betroffenenrates. Die Qualifizierung systemrelevanter Berufsgruppen für Fragen sexualisierter Gewalt / Traumatisierung / Traumafolgen ist bei der Arbeit im Betroffenenrat einer der Schwerpunkte unseres Mitglieds Karl Haucke. Wir sind ausgesprochen angetan, dass einige seiner Vorschläge in den jetzigen Kapiteln 5 und 6 des derzeitigen Gesetzesentwurfes eingegangen sind. Zum Entwurf im Ganzen:
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Bekaempfung_sex_Gewalt_Kinder.html
In einer eigenen Recherche gelingt es dem SPIEGEL, die besonderen Vorwürfe gegen Erzbischof Heße aufzuarbeiten:
Ein besonders lesenswerter Artikel. Der SPIEGEL in alter Bestform.
In guter Ergänzung:
https://www.zeit.de/2020/44/missbrauch-katholische-kirche-schweigen-verantwortung-gutachten
Der Kirchenrechtler Schüller fordert in der Folge Kardinal Woelki zu Veröffentlichung des Gutachtens auf.
„I May Destroy You“ zeichnet erschütternd das Bild einer Partynacht, die ein Leben zerstört. Die sensationelle Serie "I May Destroy You" geht in ihrer Mischung aus Drastik und Komik so weit wie bislang kaum eine andere. Michaela Coel verarbeitet als Autorin, Produzentin und Hauptdarstellerin ihre eigene Missbrauchserfahrung.
I May Destroy You (englisch für Ich darf/könnte dich zerstören) ist eine Drama-Fernsehserie über sexuelle Gewalt von und mit Michaela Coel. Die britisch-amerikanische Koproduktion wurde am 7. Juni auf dem amerikanischen Sender HBO und am 8. Juni auf dem britischen Sender BBC One erstausgestrahlt. In Deutschland soll sie ab dem 19. Oktober bei Sky verfügbar sein. Sie ist wohl auch verfügbar bei Amazon prime in Deutsch.
Die ZEIT schreibt:
"Die Visualisierung eines sexuellen Übergriffs, eines Missbrauchs, einer Vergewaltigung ist ein heikles Unterfangen. Blendet ein Film oder eine Fernsehserie die Tat aus, kann ihm Verharmlosung vorgeworfen werden. Zeigt er sie zu explizit, verschwimmt rasch die Grenze zum Voyeurismus. Nun sind im deutschen Fernsehen gleich zwei britische Serien zu sehen, die sich durch ihren sensiblen Umgang mit dem Thema Vergewaltigung auszeichnen und sich vor allem mit der Verdrängung und Verarbeitung der Tat durch die Opfer befassen: Auf Sky läuft I May Destroy You an, eine Koproduktion von HBO und BBC, auf arte ist die Mini-Serie The Virtues (Channel 4) abrufbar. Beide Serien sind in Großbritannien und den USA schon gelaufen und haben – jede für sich – ein ebenso bestürztes wie begeistertes Echo hervorgerufen."
https://www.zeit.de/kultur/film/2020-10/sexueller-missbrauch-serien-i-may-destroy-you
Die Serie erfährt zum Teil enthusiastische Besprechungen:
https://www.sueddeutsche.de/medien/i-may-destroy-you-serie-kritik-michaela-coel-1.5079825
https://taz.de/Serie-I-May-Destroy-You/!5720013/
"Im Jahre 1987 legte Ursula Enders eine im Auftrag des Landes NRW im Rahmen des Jugendberichtes NRW erstellte Expertise mit dem Titel „Sexueller Kindesmissbrauch und Jugendhilfe“ vor. Mehr als 30 Jahre später bezog sie im Juni 2019 und nun erneut im September 2020 als Sachverständige im Rahmen von Anhörungen im Landtag Stellung bzgl. des Umfanges und der Qualität der in NRW vorhandenen Hilfeangebote für betroffene Kinder und Jugendliche sowie Präventionsstrukturen. Ihre Bilanz ist relativ ernüchternd:
„Die Palette der Konzepte von Institutionen, Vereinen, Verbänden und anderen NGOs im Bereich der Prävention sexualisierter Gewalt und der Hilfen für Betroffene kann man bildlich gesprochen als bunten Flickenteppich bezeichnen – mit einigen großen Löchern und vor allem – erst auf den zweiten Blick erkennbaren mehr oder weniger brüchigen „Flicken“. … Verbindliche Qualitätsstandards sind in der Praxis nicht durchgängig zu erkennen – obwohl es entsprechende Vorlagen von Fachverbänden gibt. Gleichwohl gibt es zahlreiche fachlich fundierte Projekte, die oft von engagierten Einzelpersonen getragen werden, jedoch nirgendwo erfasst sind, geschweige denn – bis auf wenige Ausnahmen – evaluiert wurden.“
Als positiv bewertet Ursula Enders, dass die Problematik der sexualisierten Gewalt gegen Kinder endlich von Öffentlichkeit und Politik wahrgenommen wird. Auf den zweiten Blick falle jedoch auf, dass die Weiterentwicklung im Sinne des Opferschutzes vor allem durch die Ermittlungserfolge der Polizei getragen wird und von einem gewachsenen gesellschaftlichen Problembewusstsein. Betrachte man hingegen die Fachlichkeit innerhalb der Jugendhilfe, so bestehe zweifelsfrei noch ein großer Bedarf an fachlicher Qualifizierung.
In Ihrer 15seitigen Stellungnahme konkretisiert Enders beispielhaft strukturelle Defizite im Bereich der Hilfen und der Prävention und skizziert (fach-)politische Forderungen an die Weiterentwicklung der Prävention von Kindeswohlgefährdungen.
Die von der Kinderschutzkommission des Landtags NRW durchgeführte Sachverständigenanhörung machte einmal mehr deutlich, wie sehr sich der aktuelle Landtag dem Schutz von Kindern und Jugendlichen vor (sexueller) Gewalt verpflichtet fühlt. Nachdem die Politik drei Jahrzehnte sich ihrer Verantwortung für das Kindeswohl nur ungenügend gestellt hat, stimmt es etwas versöhnlich, dieses Engagement wahrzunehmen."
Hier die Stellungnahme als PDF zum Downloaden:
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST17-2951.pdf
In diesem Zusammenhang kritisiert Zartbitter auch die mangelnde Aus- und Fortbildung professioneller Helfer und Entscheider:
"Zugleich rüttelte die öffentliche Berichterstattung über fachliche Fehler der Familiengerichte und der Jugendhilfe viele Kolleginnen und Kollegen wach, so dass Zartbitter zahlreiche Fragen nach Fachinformationen erreichten. Nicht zuletzt hat nochmals ein ausführlicher Artikel der Wochenzeitschrift Die Zeit Defizite in der beruflichen Ausbildung der Fachkräfte der Justiz, der Jugendhilfe und des Gesundheitswesens anhand eines Fallbeispiels aus dem Missbrauchskomplex Bergisch-Gladbach veranschaulicht. In diesem Fall hatte die von dem Täter getrennt lebende Mutter des kindlichen Opfers wiederholt gegenüber dem Jugendamt, dem Familiengericht und gegenüber Klinikärzten den Verdacht des Missbrauchs der Tochter durch den Kindesvater geäußert. Dennoch entschied das Familiengericht zum Nachteil der Mutter: Die Tochter sollte zum Januar 2020 in den Haushalt des Vaters ziehen. Das kindliche Opfer hatte Glück: Im Oktober 2019, kurz nach der familiengerichtlichen Entscheidung, nahmen die Strafverfolgungsbehörden den Kindesvater aufgrund seiner Täterschaft im Missbrauchsskandal Bergisch-Gladbach in Untersuchungshaft."
Zartbitter schreibt dazu:
"Das offene Gespräch über sexualisierte Gewalt in Institutionen – u.a. auch im Sport – fällt bis zum heutigen Tag vielen Menschen – Laien und Fachkräften – schwer. Das Theaterstück Bei uns (doch) nicht! fördert nicht nur das Gespräch über das Erleben kindlicher und jugendlicher Opfer sexualisierter Gewalt und deren Angehörigen, sondern gibt Vereinen, Schulen und anderen Einrichtungen Anregungen für die Entwicklung von institutionellen Schutzkonzepten.
Die Story von Bei uns (doch) nicht! entstand aus der alltäglichen Beratungsarbeit der Fachstelle Zartbitter in Kooperation mit betroffenen Eltern.
Die Story:
Lisa wurde von dem Fußballtrainer ihres alten Vereins missbraucht. Das Zartbitter-Theaterstück Bei uns (doch) nicht! handelt von der sexuellen Ausbeutung des Mädchens Lisa durch ihren
Fußballtrainer – unter besonderer Berücksichtigung der Strategien des Täters im Kontakt mit dem betroffenen Mädchen, dessen Eltern und Vorstand sowie Mitgliedern des Vereins. Die Story wird
rückblickend aus der Perspektive der Eltern entwickelt. Das Theaterstück informiert über Hinweise und Folgeproblematiken kindlicher Opfer und vermittelt den Zuschauer*innen einen Einblick in die
Belastungen von Eltern betroffener Kinder.
Lisa geht es heute wieder gut. In den Sommerferien nimmt sie am Trainingscamp ihres neuen Vereins teil. Ihre Eltern haben trotz der negativen Vorerfahrungen Vertrauen zu dem neuen
Fußballverein ihrer Tochter, denn dieser leistet eine engagierte Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt.
Die Videoaufzeichnung des Theaterstücks empfiehlt sich für Info-Veranstaltungen für Eltern, Teams, Vereinsmitglieder sowie für die Aus- und Fortbildung von pädagogischen und helfenden
Fachkräften. "
Wer die aus unserer Sicht ausgezeichnete Dokumentation verpasst hat oder noch einmal anschauen will. Hier der Link:
Dazu auch ein interessanter Blog der Radiojournalistin Dr. Christiane Florin:
https://www.weiberaufstand.com/post/culpa-cancel-culture-oder-mea-mitverantwortung
Alf Spröde hat lange als katholischer Priester gearbeitet, bevor er als schwuler Mann diskriminiert wurde. Als Kind erfuhr er sexualisierte Gewalt durch einen Priester.
https://taz.de/Priester-ueber-sexualisierte-Gewalt-in-der-Kirche/!5721502/
Im polnischen Dokumentarfilm "Versteckspiel" spielt Edward Janiak eine unrühmliche Hauptrolle: Er soll Missbrauchsvorwürfe in der Diözese Kalisz ignoriert haben. Jetzt ist er zurückgetreten.
Das nennt man wohl katholische (Un-)Aufrichtigkeit: Erzbischof Heße räumt ein, einen Fehler gemacht zu haben, indem er 2010 eine Broschüre zum Missbrauch in der Kirche verteilen ließ. Schnee von gestern und alberne Aufgeregtheit über eine Broschüre? So meint man im ersten Zugriff. Aber dann stellt sich heraus: es geht um nichts anderes als eine gezielte Lüge zum Umfang des Missbrauchs im Erzbistum Köln. In der von Heße verantworteten Broschüre heißt es, es seien höchstens 5 Missbrauchsfälle dem Bistum bekannt. Tatsächlich waren es mindestens 10fach mehr Fälle. Gegenüber Christ und Welt äußerts sich Heße so: "Es ist sicher ein Versäumnis, dass nicht alle damals bekannten Fälle aufgeführt worden sind“. Es ist kein Versäumnis, es ist die Unwahrheit. Und weil sie bewusst tausendfach unter die Leute gebracht wurde, nennt man es Lüge. Mit jeder weiteren Entschuldigung, mit jeder Einlassung mehr wollen die Bischöfe offensichtlich den Vertrauensverlust in die Kirche vergrößern. Es bleibt nur Sarkasmus
https://www.n-tv.de/panorama/Erzbischof-soll-Missbrauch-vertuscht-haben-article22100912.html
https://zeitung.faz.net/faz/politik/2020-10-15/ac910ade3bb01e3185a31fc9799b9c60/?GEPC=s3
https://eulemagazin.de/bischoefe-fallen-nicht-vom-himmel/
Das Ganze wird dann zur Farce, wenn Heße bezogen auf einen konkreten Missbrauchsfall, den er laut einer Telefonnotiz diskret behandelt wissen wollte, schreibt: „Es ist also nicht etwas, was ich gesagt habe, auch nicht etwas, was mir gesagt wurde, sondern etwas, das aufgeschrieben worden und mir vorgelegt worden ist, und das wirft einige Fragen auf.“ Es war also nicht der Erzbischof, sondern womöglich eine intrigante Sekretärin. Herr Heße ist das eigentliche Opfer. Es ist wahrlich Zeit für seinen Rücktritt.
Offensichtlich hat, wenn man der Bild Glauben schenken will, Erzbischof Heße die seinerzeitige Gesprächsnotiz parafiert und damit zu seinem Eigentum gemacht:
Das NL-Parlament beschloss gestern - und zwar einstimmig, mit Unterstützung aller Parteien, und gegen den ausdrücklichen Willen des Justizministers- eine Untersuchung zu Thema Organisierte Rituelle Gewalt in den Niederlanden.
Rund hundert Menschen haben der Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs von Übergriffen im Sport berichtet. Vereine sollen Täter demnach geschützt haben.
https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-10/sexueller-missbrauch-kinder-sport-kommission-aufarbeitung
https://www.arte.tv/de/videos/083306-000-A/kindesmissbrauch-im-spitzensport/
Priester soll Nichten missbraucht haben und blieb Pfarrer.
Zitat:
"U. wurde vom Erzbistum Köln unter Personalchef später Generalvikar Stefan Heße (54, heute Erzbischof von Hamburg) weiter als Priester eingesetzt.
Ein Sprecher des Erzbistum Köln bestätigt gegenüber BILD: „Der Pfarrer war vom September 2002 bis März 2016 Krankenhauspfarrer in der katholischen Krankenhausseelsorge und von 2016 bis zur seiner Beurlaubung im April 2019 Pfarrvikar im Kreisdekanat.“
Erzbischof Stefan Heße bestreitet auf BILD-Anfrage jede Beteiligung an Vertuschung:
„Ich schließe für mich aus, einem Vorgehen zugestimmt zu haben, bei dem in Fällen sexuellen Missbrauchs von Gesprächsinhalten keine Protokolle angelegt oder gar Protokolle, Akten oder Gesprächsnotizen im Zweifel vernichtet werden sollen. Dies widerspricht nicht nur zutiefst meiner Überzeugung bei der Frage der Aufklärung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche, sondern auch meinem jahrzehntelangen Handeln in dieser Frage.“
Die katholische Kirche erhöht die „Leistungen in Anerkennung des Leids“, die Betroffenen von sexuellem Missbrauch zugesprochen werden können. Sie wird dafür tiefer in die eigene Tasche greifen müssen, als allgemein bekannt ist.
https://eulemagazin.de/katholische-rechenspiele/
Der Fall der Kardinäle: In „Tag für Tag“ hat Christiane Florin heute über Karl Lehmann, Joachim Meisner und die Vertuschungsvorwürfe gesprochen. "Jedes kirchenpolitische Lager tut sich schwer damit, wenn es einen der ihren trifft. Für die linksgebürsteten Schafe sind das Lehmann, Kamphaus und Heße, für die rechtsgebürsteten ist es Meisner. Aus dem wieder aktuell gewordenen DLF-Interview mit dem ehemaligen Kölner Erzbischof ist eine Minute zu hören. „Nichts geahnt“ im Original-Jetzt-passen-Sie-mal-auf-Sound." - schreibt sie zu Ihrem Beitrag.
https://srv.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm%3Aaudio_id=869426
Hans Reinhard Seeliger schreibt dazu auf Facebook:
"Was bislang fehlt, ist ein Vergleich der Möglichkeiten und Probleme zeitgeschichtlicher Forschung zwischen der Aufarbeitung der älteren NS-Zeit, besonders des Holocaust, und der jüngeren Geschichte des sexuellen Missbrauchs. Für die Forschung bestehen in beiden Fällen ähnliche Probleme: 1. Wer hat wann, was gewusst. 2. Wer ist durch Mitwisserschaft und Unterlassung als mitschuldig anzusehen. 3. Welche Namen dürfen genannt werden. Zu Frage 2 gibt es tiefschürfende methodische Überlegungen, zu Frage 3 richterliche Entscheidungen. Vielleicht sollten sich die Missbrauchsforscher mal mit den NS-Historikern unterhalten."
Hier auch der Originalton Bischof Lehmann: "Ich sag´s mal etwas banal"
Die Kirchen sollen nach den Plänen von CDU/CSU und SPD vom Lobbyregistergesetz ausgenommen werden. Das nennt mal wohl gelungene Lobbyarbeit
Aus der Programm- Ankündigung der TV- Zeitschrift Prisma:
"Es geht um einen echten Wechsel in unserer Haltung und um eine Begegnung mit den Betroffenen auf Augenhöhe", verspricht der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki im November 2018, als er den deutschlandweit ersten Betroffenenbeirat gründet, dem nur Betroffene von sexueller Gewalt in der katholischen Kirche angehören und keine Experten. Ein vielversprechendes Novum. "Uns läuft die Zeit davon!", resümiert Karl Haucke (69) heute, knapp eineinhalb Jahre später. Und Patrick Bauer (51) ergänzt: "Unter den Betroffenen sind viele alte Menschen und die sterben. Das geht einfach nicht!" Beide sind Sprecher des insgesamt zehnköpfigen Kölner Betroffenenbeirates und wirken ernüchtert. Dabei wollte der Kölner Erzbischof doch alles besser machen. Zehn Jahre ist es her, dass 2010 in Deutschland die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche erstmals publik werden. Ehemalige Schüler des Canisius-Kollegs in Berlin erheben schwere Vorwürfe gegen ihre Lehrer. Gesellschaft und Politik sind schockiert, die Kirche verspricht Aufklärung. 2018 belegt dann die sogenannte MHG-Studie, wie flächendeckend der Missbrauch war. Aus den kirchlichen Personalakten, die die Wissenschaftler nutzen konnten, geht hervor, dass seit 1946 über 1600 Täter über 3600 Kinder missbraucht haben. Im Schnitt wären von 100 Geistlichen vier Missbrauchstäter. Wieder ist die Empörung groß. Wieder verspricht die Kirche Aufklärung. Und überlegt finanzielle "Leistungen in Anerkennung des Leids". Bislang hat die katholische Kirche in einzelnen Fällen jeweils nur bis zu 5.000 Euro an Betroffene als "Symbol der Anerkennung" ihres Leids gezahlt. Im März 2020 beschließt die DBK die finanzielle "Leistungshöhe zukünftig an Urteilen staatlicher Gerichte zu Schmerzensgeldern in vergleichbaren Fällen" zu orientieren und entscheidet, "als Referenzpunkt, den oberen Bereich von Leistungen in vergleichbaren Fällen anzusetzen", womit Leistungen von bis zu 50.000,- Euro möglich wären. Anträge dafür können Betroffene aber erst ab dem 1. Januar 2021 stellen. Viele Betroffene fordern hingegen Entschädigungen bis zu sechsstelligen Eurosummen. Bislang wurden die wenigsten Täter zur Rechenschaft gezogen, die meisten Fälle sind ohnehin verjährt. Kardinal Woelki dagegen kündigt den Mitgliedern seines Kölner Betroffenenbeirates an, nicht nur die Namen von Tätern öffentlich zu machen, sondern auch derer, die im Kölner Bistum Missbrauch vertuscht haben. Für die Betroffenen eine wichtige Zusage, erinnert sich Patrick Bauer: "Wenn da schwarz auf weiß steht, dass jemand einen Namen nicht an die Staatsanwaltschaft weitergegeben hat, spätestens dann muss doch mal jemand zurücktreten. Ein Bischof, der zurücktritt, weil er Fehler gemacht hat, das wäre für uns Betroffene ein echtes Zeichen." Aber der geplante Pressetermin im März 2020 platzt. Grund sei, so das Bistum, dass "nicht alle für eine Veröffentlichung relevanten rechtlichen Fragen abschließend geklärt werden" konnten. Und jetzt? Fast ein Jahr lang begleitet Echtes Leben die Mitglieder des Kölner Betroffenen-beirates. Mit welchen Hoffnungen haben sie sich zur Mitarbeit in diesem Gremium bereit erklärt? Fühlen sie sich wirklich auf Augenhöhe behandelt? Oder dienen sie als Feigenblatt und werden nur ausgenutzt?"
Das Deutschlandradio zu den Forderungen des Missbrauchsbeauftragten Rörig:
Einen grundlegenden Perspektivwechsel bei der Bekämpfung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche fordert die Kirchenrechtlerin Myriam Wijlens. Dies habe in der Konsequenz auch erhebliche Auswirkungen auf das Kirchenrecht. Dieser Perspektivwechsel von der "Sünde" des Täters zu den lebenslangen Folgen für das Kind würde auch eine Neubetrachtung der sog. Anerkennungszahlungen bzw. Entschädigungszahlungen nach sich ziehen. Genau zu dem von Wijlens angesprochenen Perspektivwechsel scheint die Kirche als Ganzes weit entfernt. Auf diesem Hintergrund ist auch das Empfinden der Missbrauchsopfer zu verstehen, dass die Kirche nichts gelernt habe bzw. dass Veränderungen einerseits oberflächlich durchaus sichtbar sind aber letztlich nicht wirklich tiefgreifend sind.
Mehr als 25 Jahre lang wurden in einem Haus in Gifhorn Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen betreut. Doch der Leiter der familienähnlichen Gruppe soll Mädchen sexuell missbraucht und gequält haben. Das Landgericht Hildesheim schickt ihn ins Gefängnis.
Etliche Kongolesinnen sind von NGO-Mitarbeitern zum Sex gezwungen worden. Die Empörung aber bleibt aus. #MeToo ist eine überwiegend weiße, westliche Kampagne geblieben.
Es sind schockierende Zahlen: Das Ausmaß sexueller Gewalt im Bistum Mainz ist laut einer Studie viel größer als gedacht. Das geht aus einer Studie zur Untersuchung von Fällen sexueller Gewalt von 1945 bis 2019 vor.
Laut Rechtsanwalt Ulrich Weber, der dafür unzählige Dokumente und Archivdaten geprüft hat, gab es in den untersuchten Jahren 273 Beschuldigte und 422 Betroffene.
Die FAZ kommentiert:
Zu den Vertuschern gehört offensichtlich auch der ansonsten hochverehrte ehemalige Mainzer Bischof Lehmann, seinerzeit Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Sein Interview mit dem Spiegel von 2002 beschämend. Er spricht darin von 3 bis 4 Missbrauchsfällen in seinem Bistum in seiner Amtszeit. Klar wird jetzt der Abgrund und das schlichte Ausmaß. Unfassbar!
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-22955262.html
Zitate aus diesem Interview im Jahr 2002:
"SPIEGEL: Herr Kardinal, der Skandal um Hunderte pädophiler Priester in den USA hat das Ansehen der katholischen Kirche weltweit schwer erschüttert. Wie steht es um die moralische Glaubwürdigkeit Ihrer Institution?
Lehmann: Die moralische Glaubwürdigkeit leidet, wenn man mit solchen furchtbaren Ereignissen nicht verantwortlich umgeht. Insofern glaube ich durchaus, dass es ganz deutliche quantitative wie qualitative Unterschiede zwischen der Skandalwelle in den USA und dem Umgang mit der Frage in Deutschland gibt. Wir haben in Deutschland keine Skandalwelle wie in den USA.
SPIEGEL: Wie viele Fälle gibt es denn in Deutschland?
Lehmann: In meiner Diözese Mainz sind es in den 19 Jahren, in denen ich Bischof bin, insgesamt vielleicht drei oder vier Fälle gewesen. Eine bundesweite Übersicht gibt es nicht. Nochmals: Wir haben das Problem nicht in diesem Ausmaß. Warum soll ich mir den Schuh der Amerikaner anziehen, wenn er mir nicht passt?
SPIEGEL: Aber auch in Deutschland hat die Kirche, wie in den USA, jahrelang nach dem Motto gehandelt: vertuschen, versetzen, bloß keine Justiz.
Lehmann: Das mag früher in Einzelfällen so gewesen sein, Ich kenne - nicht nur in meinem Bistum - solche Fälle nicht. Dass Pädophilie ein schweres, letztlich unheilbares Fehlverhalten ist, ist seit Jahren bekannt. Seither muss jedem bewusst sein, dass man Priester, die sich verfehlt haben, nicht einfach versetzen kann. Das ist allen Bischöfen klar."
Unglaublich!
Dass Vaticannews bei Missbrauch noch immer von Fehlverhalten statt Verbrechen spricht - wir verstehen es nicht.
Dazu der Bericht der Katholischen Nachrichtenagentur im Original:
"07.10.2020
Zwischenbericht zu Missbrauch im Bistum Mainz vorgelegt
Blick in einen "schrecklichen Abgrund"
Verantwortliche im Bistum Mainz haben in der Vergangenheit offenbar viele Fälle von sexuellemMissbrauch vertuscht und ein hartes Vorgehen gegen die Täter verhindert. Dies zieht sich offenbar bis in die Amtsperiode von Kardinal Karl Lehmann.
Fehlverhalten der Bistumsleitung habe es bis in die Amtszeit von Kardinal Karl Lehmann (1983-2016) hinein gegeben, sagte der Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber am Mittwoch in Mainz. Als Leiter einer unabhängigen Untersuchung stellte er den Zwischenbericht eines mehrjährigen Aufarbeitungsprojekts vor. Er appellierte an Betroffene und Wissensträger, die bislang zu Vorfällen geschwiegen haben, sich bei ihm zu melden.
273 Beschuldigte, 422 Opfer
Für die Untersuchung hatte Weber mit seinem Team erstmals alle Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen auf dem Bistumsgebiet in den Blick genommen. Auch Fälle, in denen erwachsene Schutzbedürftige zum Opfer wurden und keine Kleriker, sondern angestellte oder ehrenamtliche Mitarbeiter des Bistums in die Vorfälle verwickelt waren, wurden erfasst. Nach über einjähriger intensiver Prüfung teils geheimer Akten und mehr als 100 Gesprächen mit Betroffenen und deren Umfeld gehe er für den Zeitraum zwischen 1945 und 2019 mittlerweile von 273 Beschuldigten und 422 Opfern von Missbrauch und sexuellen Grenzverletzungen aus.
Vorgehen der Kirche wirft Fragen auf
"Aus heutiger Sicht drängt sich ein ganzer Katalog weiterer Fragen auf", sagte Weber. So sei es nicht mehr nachvollziehbar, warum selbst nicht verjährte Fälle von der Bistumsleitung nicht zur Anzeige gebracht wurden und kirchliche Stellen beschuldigten Mitarbeitern oft ein grenzenloses Vertrauen entgegenbrachten. Pfarrgemeinden hätten Vorfälle nicht weitergemeldet. Stattdessen seien Missbrauchstäter selbst bei gravierenden Verfehlungen kirchenintern oft nur milde sanktioniert worden und Opfer unter Druck gesetzt worden, damit sie schweigen. Bei einem Wechsel von Priestern in eine Region seien die neuen Zuständigen oft über Vorfälle nicht informiert worden.
Bistum an schonungsloser Aufklärung interessiert
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sagte, die Arbeit der Untersuchungsgruppe helfe dem Bistum dabei, "in einen schrecklichen Abgrund" zu blicken. Er versicherte, das Bistum sei an einer schonungslosen Aufklärung der Missbrauchsthematik interessiert und werde sich auch den dunklen Seiten in der Amtsführung seiner Vorgänger Lehmann und Hermann Volk stellen.
Nach Beginn der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche hatte das Bistum Mainz bereits Akten zu insgesamt 199 Fällen an die Generalstaatsanwaltschaften Koblenz und Frankfurt übergeben. Opfer erhielten bislang in knapp 60 Fällen sogenannte Anerkennungszahlungen für das von ihnen erlittene Leid in Gesamthöhe von bislang 341.000 Euro. Daneben übernahm das Bistum in einigen Fällen auch Therapiekosten."
(KNA). Und hier der Link zum Domradio:
Das zähe Ringen um kleinste Änderungen in der katholischen Kirche ist für viele Leser unverständlich. Die Entschädigung für Missbrauchsopfer sei unbefriedigend. Ein Schreiber mahnt zur Beständigkeit gegen den Zeitgeist. Leserbriefe zum Thema in der Süddeutschen Zeitung:
https://www.sueddeutsche.de/kolumne/zukunft-der-kirche-viele-zweifel-wenig-bewegung-1.5057890
Die katholische Diözese Augsburg berät über Leistungen "in Anerkennung des Leids". Wie genau setzt sie einen Beschluss der deutschen Bischöfe um?
Die Aufarbeitung sexueller Gewalt innerhalb der Kirche geht voran. In Frankreich hat eine Expertenkommission während eines Jahres rund 200 Zeugenaussagen zusammengetragen. Viele Opfer leiden auch Jahrzehnte nach dem Missbrauch unter den Folgen der traumatischen Erfahrungen.
https://www.arte.tv/de/videos/100079-000-A/katholische-kirche-opfer-sexuellen-missbrauchs-sagen-aus/
Die eine Wahrheit ist die des heutigen Erzbischofs von Hamburg Heße, der versichert, in seiner Zuständigkeit alle Missbrauchsmeldungen Kardinal Meisner vorgelegt und mit ihm besprochen zu haben. Und da ist die andere Wahrheit von Kardinal Meisner, der 2010 apodiktisch behauptete, vom Missbrauchsskandal völlig überrascht worden zu sein. Dazu ein lesenswerter Artikel aus der "ZEIT":
https://www.zeit.de/2020/41/missbrauch-katholische-kirche-joachim-kardinal-meisner
Soll es uns trösten, dass es Ende der 60er Jahre unter Kardinal Höffner noch krimineller zuging? Da rief nach unseren Informationen - sein Generalvikar den Schulleiter des Collegium Josephinum in Bonn an, um ihn zu warnen! Vor einem Missbrauchstäter? Nein! Nicht vor einem möglichen Täter, sondern vor einer möglichen Erpressung. Ein Schülervater hatte sich ans Erzbistum gewandt, um einen Missbrauch an seinem Sohn durch einen Ordenspriester (Präfekt im Internat, Religions- und Mathematiklehrer am Gymnasium) zu melden.
Zum Streit um die Namen der Vertuscher eine Sendung des Deutschlandfunks, hier am Beispiel des Bistums Limburg:
Martin Schmitz, einer der Aktivisten in Mainz und Fulda, hat am Limburger Projekt mitgewirkt. Man findet seinen kurzen, knackigen Beitrag zur Abschlussveranstaltung des Projektes auf You Tube:
https://www.youtube.com/watch?v=2vMJ8K4ylyM
Das ZEIT-Interview mit Gordon Sobbeck im Faktencheck. „Sind Deutschlands Kirchen trotz hoher Kirchensteuereinnahmen doch nicht krisensicher?” wollten die ZEIT-Journalisten Evelyn Finger und Arne Storn anlässlich der Corona-Situation vom Finanzdirektor des Erzbistums Köln wissen. Im Interview sprach Gordon Sobbeck von „dramatischen“ Einnahmeausfällen im zweistelligen Millionenbereich. „Das können wir nicht einfach abpuffern.” [DIE ZEIT Nr. 37 vom 3. September 2020, Seite 56].
Die Wahrheit scheint aber auch hier doch eine andere:
https://fowid.de/meldung/krisenfest-erzbistum-koeln
Leider ist das Interview mit einer Bezahlschranke versehen und nicht online abrufbar. Aber hier der Link:
https://www.zeit.de/2020/37/gordon-sobbeck-kirchenfinanzen-krise-katholisch-bistum-koeln
Als "think tank" sollte das Institut für Prävention und Aufarbeitung (IPA) Vertreter aus Kirche, Politik und Gesellschaft im Kampf gegen Missbrauch beraten. Ein Jahr nach Gründung der Einrichtung steht bereits ein Wandel an.
https://www.rtl.de/cms/neues-institut-gegen-missbrauch-herzensanliegen-4621715.html
Das Erzbistum Köln hält an der angekündigten Studie über den Umgang der Bistumsspitze mit Missbrauchsfällen fest. Das betonte Generalvikar Markus Hofmann in einem Brief an die Mitarbeiter. Auch zu den Verzögerungen bezog er Stellung.
Hier seien die Links aus der westdeutschen Presselandschaft zitiert. Für eine eigene Stellungnahme ist es noch zu früh. Der Schock über die Pressekonferenz (Bischof Bätzing scheint gut geübt in dem, was man Framing nennt) sitzt zu tief. Erst einmal Lähmung und Sammlung! Die Analyse folgt.
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/missbrauchsopfer-katholische-kirche-zahlung-100.html
https://www1.wdr.de/nachrichten/missbrauch-kirche-entschaedigung-100.html
https://www.feinschwarz.net/geistlicher-missbrauch-nichts-gelernt/
https://m.faz.net/aktuell/2.1652/katholische-kirche-mehr-geld-fuer-missbrauchsopfer-16969879.html
https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-761329.html
https://hpd.de/artikel/bischof-baetzing-nur-kann-ich-hier-wirklich-nicht-sehen-18507
https://www.tagesschau.de/kommentar/bischofskonferenz-missbrauch-entschaedigung-kommentar-101.html
https://www.christoph-fleischmann.de/das-geld-liegt-auf-der-bank-corona-und-die-kirchenfinanzen/
https://hpd.de/artikel/katholische-kirche-uebertrifft-sich-ihrem-zynismus-selbst-18532
https://hpd.de/artikel/kirche-bislang-nicht-bereit-ueber-entschaedigung-sprechen-18531
Bilderserie zu den Aktionen Betroffener in Fulda auf Facebook:
Aufmerksam haben wir registriert, dass dem Missbrauchsbeauftragten der Bischofskonferenz Bischof Ackermann zwar offiziell mit dünnen Worten gedankt wurde, er aber selber bei der Pressekonferenz entgegen sonstiger Gepflogenheit nicht anwesend war.
Hier die Pressermitteilung des Betroffenenbeirats beim Erzbischof in Köln, die am 23.09.2020 entstanden ist und in Fulda, der Presse vor Ort zugestellt wurde:
"Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln
Pressemitteilung
Fulda, 23.09.2020
Als Sprecher des Betroffenenbeirates des Erzbistums Köln teile ich Ihnen mit:
Ich habe, zusammen mit dem Sprecherkollegen Patrick Bauer, vor einigen Tagen eine mit dem Betroffenenbeirat abgestimmte Botschaft dem Kölner Erzbischof Kardinal Woelki zugestellt. Darin haben wir gebeten, die Überlegungen und Forderungen des Betroffenenbeirates dem derzeitigen Kollegium der Bischöfe hier in Fulda zu übermitteln.
Der Plan war, durch eine nahezu zeitgleiche Publikation in der Öffentlichkeit unseren Anregungen etwas mehr Gewicht zu geben. Dies ist uns nicht gelungen. Der bis gestern übliche Weg einer Veröffentlichung der Presseerklärung des Betroffenenbeirates auf den Sites des Erzbistums wurde uns nicht zugänglich gemacht. Die Verlautbarungen des Erzbischofes über hauseigene Medienkanäle trugen nicht dazu bei, in der Öffentlichkeit deutlich zu machen, was wir den Mitgliedern der Bischofsversammlung mitzuteilen haben. Dies hole ich heute und hier nach.
Ich habe aus diesem Vorgehen der Bistumsoberen gelernt, was andere Betroffenen-vertreter mir schon längst ans Herz gelegt hatten: Es ist nicht gut, wenn ein Betroffenenbeirat bezüglich seiner Publikationen vom Wohlwollen des Bistums abhängig ist. Das ist nicht gut. Ich werde für unseren Beirat andere Wege, andere Verteiler unserer Nachrichten suchen. Und vor allem: Ich werde auch andere Aspekte meines Vertrauens in die Bistumsleitung überdenken müssen. Dies betrifft auch meine bisherige Position zu der aus äußerungsrechtlichen Gründen seit sechs Monaten nicht vorgelegten Studie über personalrechtliche Vorgehensweisen im Erzbistum Köln.
Die hier vorliegende Erklärung wurde entsprechend früherer Vereinbarungen der Bistumsleitung in Köln zur Verfügung gestellt, und zwar heute Morgen gegen 8.00 Uhr.
Und nun zu den Überlegungen des Betroffenenbeirates. Wir haben Angst vor dem, was sich Verwaltungs-, Finanz- und Rechtsfachleute ohne uns Betroffene über uns Betroffene ausgedacht haben. Wir haben Sorge um das befriedete Überleben tausender Missbrauchsopfer. Ich möchte sprechen über das, was nicht passieren darf.
1. Wir erleben: Seit der Herbst-Vollversammlung der Bischöfe im September 2019 wurden die Empfehlungen der Expertengruppe zum Thema Entschädigungen, die noch unter Betroffenenbeteiligung entwickelt waren, von der Kirchenleitung nahezu ignoriert. Bei der Frühjahrs-Vollversammlung im März 2020 haben die Bischöfe von der Programmatik „In Zukunft geht es nicht nur um das Leid von damals, sondern um die lebenslangen Folgen“ zurückgeschaltet auf das alte Lied von der Anerkennung des Leids. Der weitere Prozess, wie
Anerkennung des Leids zu gestalten sein, fand hinter geschlossenen Türen ohne Betroffenenbeteiligung statt. Dies ist Monolog statt Dialog.
Wir befürchten, dass dies der neue alte Stil sein soll.
Allerdings, liebe Kirche, lasst Euch sagen: Die Experten für den Umgang mit Betroffenen sind wir. Beiräte zu gründen, auf Bistumsebene oder auch auf Bundesebene, nützt gar nichts, wenn dahinter nicht die Haltung steht: Auch wir als Kirche wollen Betroffenen Gehör verschaffen und ihnen zuhören. Das ist eine Haltung, kein Verwaltungsakt.
2. Wir erleben und haben mindestens in den vergangenen 10 Jahren erlebt: Bei der Entgegennahme von Informationen über Gesetzesbrüche durch Geistliche oder andere Kirchenmitarbeiter, über sexualisierte Gewalt an kleinen Mädchen und Jungen, haben sich die Mitarbeiter der Kirche gelinde gesagt unprofessionell verhalten. Vom Schutz der Täter oder der kirchlichen Strukturen über inquisitorische Befragungen bis hin zu Bestechungsversuchen und Drohungen – wohl alles Denkbare ist den Berichten Betroffener zu entnehmen.
Wir befürchten, dass die Befragungs- und Recherchekultur in vielen Kirchenverwaltungen sich nicht wesentlich weiterentwickelt hat. Auch wenn es inzwischen durchaus in einzelnen Bistümern professionell denkende und handelnde Präventionsbeauftragte gibt - wir wissen nichts über die zu erwartenden Vorgehensweisen, und unser Vertrauensvorschuss ist aufgrund der zurückliegenden Erfahrungen arg geschmolzen. Wir befürchten neue, tiefe Retraumatisierungen auf der Seite Betroffener, wenn Sie ihre Geschichte in unprofessionellen Settings neu erzählen müssen, um endlich die moralisch ihnen zustehende Entschädigung für beschädigte oder zerbrochene Lebensläufe zu erhalten.
3. Wir erleben: Die Bistümer / Erzbistümer haben begonnen, ihre Partikularinteressen bzgl. der Entschädigungen und der Zugangsmodalitäten in die Form von Vorgaben und Richtlinien zu gießen. Dabei sind bisher keine einheitlichen Bemessungsstandards und keine einheitlichen Verfahren zu erkennen.
Wir befürchten, dass das unterschiedliche Vorgehen in den Bistümern neue Ungerechtigkeiten schafft, neue Fragen aufwirft, zu neuen Verzögerungen führt.
4. Wir erleben, dass die ständigen Verzögerungen bei der Entwicklung ausgleichender Gerechtigkeit immer weniger Betroffene in die Möglichkeit kommen lässt, mit Hilfe der Entschädigung einen würdigen Lebensabend zu begehen.
Wir befürchten, dass die 2000 Jahre alte Kirche einen längeren Atem hat als unsere Kranken und Senioren. Wie überall im Kontakt mit Kirche – wir haben den kürzeren Arm, unsere Verbindungen sind nicht so mächtig, dass wir Lebensverlängerung herbeibeten könnten. Aber Gerechtigkeit und Humanität – die können wir erbitten.
5. Wir befürchten: Die Kirche, die bei Fragen von Neuerungen immer rücksichtsvoll auf die sog. Weltkirch schielt, um sich von dieser nicht allzu weit zu entfernen, jene Kirche ist bei der Frage der Entschädigungszahlen hartsichtig bis blind beim Blick in andere Länder.
Irland, die USA, Australien etwa haben es vorgemacht: Es geht auch anders als sich an dem unterentwickelten Schmerzensgeldsystem der Bundesrepublik zu orientieren. Wenn man denn will.
Ich möchte Schließen mit dem Zitat einer Mitbetroffenen:
"Hört auf zu glauben, dass das worüber wir hier reden, in der Vergangenheit liegt. Hört auf zu glauben, dass weniger Übergriffe geschehen, dass es heute kein Vertuschen mehr gäbe, kein Leugnen. Dass Institutionen sich in den meisten Fällen richtig verhielten und die Bedürfnisse der Betroffenen im Mittelpunkt stünden."
Verantwortlich: Karl Haucke und Patrick Bauer,
Sprecher des Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln"
Hier die Pressemitteilung der Ordensoberenkonferenz zu den Anerkennungszahlungen:
https://www.orden.de/aktuelles/
Weiterhin einen Link zum neuen Antragsverfahren für die "Anerkennung des
Leids":
https://dbk.de/themen/sexueller-missbrauch/informationen-fuer-betroffene/#c5069
Scham statt Verantwortung. Scham ist eben billig zu haben. Verantwortung kommt der Kirche teuer zu stehen.
Von Scham und Erschütterung reden die Bischöfe, wenn sie sich zum Ausmaß des sexuellen Missbrauchs in der Kirche äußern. Persönliche Konsequenzen zieht bisher keiner der Bischöfe. „Verbale Aufgeschlossenheit bei ausgeprägter Verhaltensstarre“, so nennt Jana Frielinghaus in ihrem Kommentar im Neuen Deutschland:
Deshalb vor allem müsste die Politik sich endlich einmischen. Schließlich geht es um Sexualverbrechen und oft genug um Strafvereitelung im Amt. Dass die Politik das noch immer nicht tut, dürfte mit den hervorragenden Verbindungen des Klerus in Bundesregierung und Parlament zu tun haben.
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Pressemitteilung vom 24. September 2020
Erste Stellungnahme zur Entscheidung der Deutschen Bischofskonferenz über verbesserte Anerkennungszahlungen
an Betroffene sexuellen Kindesmissbrauchs durch Kleriker der katholischen Kirche
Die Entscheidung ist eine Provokation.
Nach zehn Jahren beschließen die Bischöfe, sich an staatlichem Recht zu orientieren. Damit geben Sie zu, dass die so genannte „Anerkennungszahlung“ von bis zu 5.000 Euro in den letzten Jahren Unrecht war. Die Entscheidung führt in die Irre. Denn es geht in den 5.089 in den Akten der Kirche dokumentierten Missbrauchsfällen nicht um den Ausgleich für aktuelle Taten, wie sie mit Schmerzensgeldtabellen staatlicher Gerichte erfolgt, sondern es muss um einen Ausgleich
gehen für jahrzehntelange systematische Vertuschung und Verdunkelung von Verbrechen an Kindern und Jugendlichen durch die Institution Kirche und die Folgen, die dies in den Biografien der Opfer hinterlassen hat.
Deshalb fordern wir, die Empfehlungen der unabhängigen Kommission zu Sexuellem Missbrauch aus 2019, in denen Expertinnen und Experten Schmerzensgeldzahlungen zwischen 40.000 und 400.000 Euro empfohlen haben, zur Grundlage von Gesprächen zwischen Betroffenen und Bischöfen zu machen.
Wir begrüßen es, wenn die Kirche sich in Zukunft von Betroffenen beraten lässt. Wir stellen aber klar, dass ein Gremium, welches die Kirche selbst zusammenstellt, kein Ersatz für den Austausch zwischen der Täterorganisation und ihren Opfern sein kann.
Matthias Katsch
Sprecher ECKIGER TISCH
Hier auch der Link zur Videoübertragung der Presekonferenz:
https://www.dbk.de/presse/videobeitraege/
Ein Gutachten zur Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche, dessen Vorstellung im März abgesagt wurde, erhebt laut „Christ & Welt“ Vorwürfe gegen den Hamburger Erzbischof Stefan Heße. Dieser reagiert.
Hamburgs Erzbischof Stefan Heße wehrt sich gegen den Vorwurf der Vertuschung: Als wichtiger Mitarbeiter des Kölner Kardinals Joachim Meisner soll er sich bei Missbrauchsfällen falsch verhalten haben. Das wirft ihm ein Gutachten im Auftrag der Kirche vor.
https://www.zeit.de/2020/40/stefan-hesse-missbrauchsfaelle-vertuschung-katholische-kirche
Erzbischof Heße weist die Vorwürfe auch auf KNA zurück:
Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße hat Vorwürfe zurückgewiesen, nach denen er als Personalchef im Erzbistum Köln Fälle von sexuellem Missbrauch vertuscht haben soll. "Ich habe immer hin- und nicht weggeschaut", betonte er.
"Ich persönlich nehme für mich in Anspruch, dass ich meine Verantwortung wahrgenommen und nicht vertuscht habe", sagte Heße im Interview der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Donnerstag). "Ich habe immer hin- und nicht weggeschaut", betonte Heße. Sicher seien auch ihm Fehler passiert, aber er könne ausschließen, dass er jemals versucht habe, Täter zu schützen oder Taten zu vertuschen. Heße ist seit 2015 Erzbischof von Hamburg und war zuvor ab 2006 Personalchef im Erzbistum Köln und ab 2012 dort Generalvikar.
Eine bisher unveröffentlichte Studie zu sexuellem Missbrauch im Erzbistum Köln wirft Heße laut "Christ und Welt" eine "indifferente" und "von fehlendem Problembewusstsein" geprägte Haltung gegenüber dem Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker vor. Dieser Befund hat laut Heße keine Grundlage. "Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, um jedem Fall gerecht zu werden", erklärte er. So sei etwa in einem von sechs Fällen, in denen Vorwürfe gegen ihn erhoben würden, der mutmaßlich Betroffene bereits erwachsen gewesen. Zu weiteren Details wollte sich Heße unter Berufung auf die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen nicht äußern.
Präsentation auf unbestimmte Zeit verschoben
Die Präsentation der vom Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki in Auftrag gegebenen und von einer Münchener Anwaltskanzlei erstellten Untersuchung war ursprünglich für März geplant, wurde aber kurzfristig abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben. Laut offizieller Begründung des Erzbistums Köln brauchte die geplante Nennung ehemaliger oder aktiver Verantwortlicher noch eine rechtliche Klärung und Absicherung.
Heße erklärte, von Anfang an zur Mitarbeit an der Studie bereit gewesen zu sein, übte jedoch Kritik am Konzept. Der Prozess habe sich nicht besonders transparent gestaltet. In den sechs konkreten Fällen, zu denen er Stellung nehmen sollte, habe er erst nach mehrmaligem Drängen im April alle Akten einsehen dürfen: "Ich habe insgesamt den Eindruck, die Verfasser der Studie hätten gründlicher arbeiten können."
Heße: Mitverantwortung, keine Schuld
Er bestätigte Recherchen von "Christ und Welt", nach denen er das Erzbistum Köln kurz vor der geplanten Präsentation in einer Stellungnahme auf Probleme der Studie aufmerksam gemacht habe: "Ich habe auf datenschutzrechtliche und persönlichkeitsrechtliche Aspekte hingewiesen." Heße verlangt laut dem Blatt, dass die Studie nur zusammen mit seiner Sicht veröffentlicht werden darf. Auf die Frage, ob er gegen das Erzbistum Köln oder die beauftragte Münchner Kanzlei juristisch vorgehen werde, wenn seine Forderung nicht erfüllt werde, antwortete Heße: "Ich setze auf den gesunden Menschenverstand im Erzbistum Köln und in der Kanzlei in München."
Angst um sein Amt hat der Erzbischof nach eigenen Worten nicht: "Ich stelle mich der Aufarbeitung." Er trage zwar keine Schuld, wohl aber eine Mitverantwortung "für ein System, das zweifelsohne Leid verursacht hat".
Heße räumte ein, dass der Umgang mit den Missbrauchsfällen damals sehr schwierig gewesen sei. "Wir sind nun mal nicht die Polizei oder Staatsanwaltschaft. Unsere Möglichkeiten, die Wahrheit zu recherchieren, sind begrenzt." Auf die Gespräche mit Tätern und Betroffenen sei er nicht vorbereitet gewesen. "Dafür war ich nicht ausgebildet. Das sehe ich heute als großes Defizit." Wie groß die Dimension des sexuellen Missbrauchs in der Kirche sei, sei ihm als Personalchef erst im Laufe der Zeit bewusst geworden. Für die heutigen Standards sei er sehr dankbar.
Missbrauchsakten im Erzbistum Köln vernichtet
Heße räumte zudem ein, dass Akten mit Hinweisen zu Missbrauchsfällen in einem Geheimarchiv gelagert und regelmäßig vernichtet worden seien. In seiner Zeit als Personalchef habe er diese Praxis dann gestoppt. Im Geheimarchiv würden eigentlich Akten gelagert, die der normalen Personalakte entzogen werden sollen, um den Persönlichkeitsschutz zu wahren, erklärte Heße. Auf Nachfrage räumte er ein: "Es war natürlich auch Herrschaftswissen. Und es waren die delikaten Fälle: Es war all das, was nicht vorkommen sollte." Es habe den "Ritus" gegeben, die Akten nach zehn Jahren durchzuschauen und zu vernichten. "Ich habe das einmal erlebt und mir zunächst wenig dabei gedacht." Als sich ein Missbrauchsopfer bei ihm meldete, habe er den Fall nicht mehr in den Akten finden können. "Ich habe dann sofort klar gehabt: Solche Akten müssen erhalten bleiben", sagte Heße.
Mittlerweile arbeite eine eigene Fachgruppe an den Standards zur Aktenpflege in allen deutschen Diözesen. Dies sei eine Konsequenz der 2018 veröffentlichten Missbrauchsstudie der deutschen Bischöfe. Im Erzbistum Hamburg, dem Heße seit 2015 als Erzbischof vorsteht, würden keine Akten vernichtet, versicherte er.
Missbrauchsfälle waren laut Heße auch schon 2006, als er Personalchef im Erzbistum Köln wurde, Chefsache. Mit Prälat Norbert Trippen (1936-2017) habe es einen Ansprechpartner für Betroffene gegeben, der Fälle aufgenommen und "so ganz grob" geprüft habe. Heße habe dann auf dieser Grundlage zusammen mit der Justiziarin Akteneinsicht genommen und Gespräche mit Betroffenen und Beschuldigten geführt. Bei nächster Gelegenheit habe er Kardinal Joachim Meisner (1933-2017) und dem Generalvikar berichtet: "Ich habe jeden Fall Kardinal Meisner direkt dargelegt."
Meisner habe er dabei als jemanden erlebt, der sehr genau zuhört: "Jeder Fall lag anders, es waren schwierige Entscheidungen und da konnte man auch unterschiedlicher Meinung sein." Am Ende sei es immer "im Miteinander" gelaufen. Seine Haltung sei immer gewesen, "das Thema hinein ins Bistum zu tragen und klarzumachen, dass wir da ein Problem haben", so Heße. Allerdings habe das nicht jeder hören wollen.
Höhere Zahlungen an Missbrauchsopfer
Weiter sprach sich Heße für eine Aufstockung der Anerkennungszahlungen an Missbrauchsopfer innerhalb der katholischen Kirche aus. "Ich habe mich in der Bischofskonferenz immer dafür eingesetzt, die viel zu geringen Summen deutlich zu erhöhen", sagte er. "Der Missbrauch beschäftigt die Betroffenen ein Leben lang. Und ich gehe davon aus, dass das bei der Reform des Systems der Anerkennungsleistungen auch berücksichtigt werden wird."
Die deutschen katholischen Bischöfe wollen noch in dieser Woche bei ihrer Vollversammlung in Fulda ein System für die Anerkennung des von Missbrauchsopfern erlittenen Leides beschließen. Einem Grundsatzbeschluss vom Frühjahr zufolge wollen sie sich an der zivilrechtlichen Schmerzensgeldtabelle orientieren. Diese sieht für sexuellen Missbrauch derzeit Summen zwischen 5.000 und 50.000 Euro pro Fall vor. Zuvor waren Leistungen von bis zu 400.000 Euro im Gespräch. Derzeit zahlt die katholische Kirche Opfern von Missbrauch durchschnittlich 5.000 Euro.
Statt Anerkennungsleistungen eine Entschädigung zu zahlen, lehnte Heße ab. So werde den Betroffenen erspart, ihren Missbrauch beweisen zu müssen, begründete er. Dies sei bei einer Entschädigung notwendig.
Der Erzbischof erklärte weiter: "Keine Summe kann das Leid kompensieren, das durch sexuellen Missbrauch angerichtet wird." Es sei selbstverständlich nicht befriedigend, dass ein so großes und schlimmes Unrecht mit einer Geldsumme verbunden werde: "Aber noch haben wir in unserer Gesellschaft offenbar keine bessere Form der Anerkennung gefunden."
https://neuesruhrwort.de/2020/09/24/erzbischof-hesse-verteidigt-sich-gegen-vorwuerfe/
Die Zeit des Versteckspielens ist vorbei − auch für die katholischen Ordensgemeinschaften in Deutschland. Es ist Zeit für eine staatliche Untersuchungskommission. Die Orden müssen sich bereiterklären, an der Aufklärung und Aufarbeitung der dunklen Aspekte ihrer Vergangenheit mitzuwirken. Sollten sie sich einer Aufklärung verweigern, müsste ihnen der Status von Körperschaften öffentlichen Rechts entzogen werden. Wenn den "Organisationen der Täter" die Aufklärung wieder selbst überlassen wird, in der Hoffnung, dass es schon irgendwie gut gehen wird, dann verpassen wir die vielleicht letzte Gelegenheit, dieses Kapitel deutscher Zeitgeschichte aufzuklären.
Vor einem Jahr lagen in Fulda konkrete Empfehlungen zur Entschädigung von Missbrauchsopfern auf dem Tisch. Aber getan habe sich nichts, so deren Sprecher Matthias Katsch. An den Rückschlägen im Erzbistum Köln sei Erzbischof Heße nicht unbeteiligt.
Matthias Katsch fasst treffend zusammen:
"Wir brauchen ein Format und wir brauchen einen Mediator für diesen Prozess. Ich sehe eigentlich die Politik hier in der Verantwortung zu sagen: 'Es gibt jetzt zwei konkurrierende Konzepte. Es gibt Forderungen der Betroffenen, die aber auch gestützt werden von Experten. Es gibt den Vorschlag der Bischöfe. Die sind offensichtlich weit auseinander. Wir holen jetzt die Parteien an einen Tisch und sprechen über eine Entschädigungszahlung, die die Kirche in der Lage und bereit ist zu finanzieren, aber die Opfer auch als wirkliche Entschädigung empfinden und annehmen können."
Die katholischen Missbrauchsopferverbände fordern in einer Petition Entschädigungszahlungen. Außerdem müsse die Aufarbeitung auf eine gesetzliche Basis gestellt werden.
Dazu drei Berichte der Katholischen Nachrichtenagentur, den wir hier unkommentiert zitieren:
"Bei ihrer Herbstvollversammlung wollen sich die Bischöfe erneut mit der Entschädigung von Missbrauchsopfern befassen: Nach den Worten des Vorsitzenden der Bischofskonferenz soll ein System bis Ende des Jahres stehen.
Welche finanziellen Hilfen sollen Opfer erhalten, die aus den Reihen der katholischen Kirche missbraucht wurden? Wer soll darüber entscheiden, und woher sollen die Mittel kommen? Mehr als zehn Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals und zwei Jahre nach Veröffentlichung einer großen Studie (MHG-Studie) wollen die Bischöfe sich bei der am Dienstag beginnenden Herbstvollversammlung in Fulda erneut mit diesen Fragen befassen.
Im Vorfeld drängt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, auf eine zügige Entscheidung: Das System für eine Auszahlung soll bis Ende des Jahres stehen, sagte er kürzlich in einem Interview.
Bislang erhalten die Opfer von sexuellem Missbrauch eine Anerkennungszahlung von durchschnittlich 5.000 Euro, in Härtefällen zahlt die Kirche auch mehr. Vor gut einem Jahr legte eine von der Bischofskonferenz eingesetzte unabhängige Arbeitsgruppe dann einen neuen Vorschlag vor. Demnach sollen Betroffene sechsstellige Summen bis zu 400.000 Euro erhalten.
Genannte Summen irritieren
Schnell wurde klar, dass bei der genannten Summe ein Milliardenbetrag auf die katholische Kirche in Deutschland zukommen würde. Es hagelte Kritik - nicht nur aus den eigenen Reihen: Damit werde das bisherige System von Entschädigungszahlungen auch für andere Opfer völlig gesprengt, hieß es etwa. Auch die evangelische Kirche zeigte sich angesichts der genannten Summe irritiert.
Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, stellte schließlich klar: Das Modell für die Hilfen soll weiterentwickelt werden, über genaue Summe hätten die Bischöfe noch nicht gesprochen.
Das taten sie bei der vergangenen Vollversammlung im Frühjahr. Dort einigten sich die Bischöfe auf einen Grundsatzbeschluss. Danach wollen sich die Bischöfe an der zivilrechtlichen Schmerzensgeld-Tabelle orientieren und Anerkennungssummen zwischen 5.000 und 50.000 Euro pro Fall zahlen. Eine unabhängige Kommission aus Juristen, Psychologen und Medizinern soll die Schwere jedes Falls einschätzen.
Viele Fragen sind aber weiter offen - und damit wollen sich die Bischöfe in Fulda beschäftigen. Als die unabhängige Kommission, zu der auch der Sprecher der Opfer-Initiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, gehörte, ihren Vorschlag vorstellte, entbrannte etwa eine Diskussion darüber, ob auch Kirchensteuer-Mittel für die Opferhilfen herangezogen werden dürfen oder ob die Bistümer dafür ausschließlich auf eigene Mittel zurückgreifen müssen.
Zudem ist unklar, wie dann ein Ausgleich zwischen den ärmeren und den wohlhabenderen Bistümern erzielt werden kann und wie die Orden miteinbezogen werden.
Bundesweit einheitliches Auszahlungmodell?
Wie von Beteiligten zu hören ist, wollen sich die Bischöfe in Fulda zudem damit befassen, wie das unabhängige Gremium, das dann über die Auszahlungen entscheidet, aussehen könnte und wie es konkret berufen werden soll.
Eigentlich soll das Auszahlungsmodell dann bundeseinheitlich sein. In den vergangenen Monaten sind einzelne Bistümer aber bereits vorgeprescht und haben eigene Auszahlungsverfahren entwickelt. So will etwa das Bistum Augsburg Betroffenen bis zu 75.000 Euro zahlen. Das Erzbistum Freiburg zahlt Opfern von sexuellem Missbrauch seit Jahresbeginn monatliche Zahlungen von bis zu 800 Euro, die zunächst auf ein Jahr begrenzt sind, sowie Einmalzahlungen von bis zu 30.000 Euro.
Der Bischofskonferenz-Vorsitzende Bätzing sagte vor wenigen Tagen, er "habe das gute Gefühl, dass wir das Versprechen, offene Verfahrensfragen bis zum Herbst zu klären, einhalten und wir bis Ende des Jahres ein System haben, so dass die Betroffenen die Anerkennungszahlungen auch bekommen können". Das System solle einheitlich sein, und alle Geschädigten sollten Zugang dazu haben, sagte Bätzing dem Bonner "General-Anzeiger".
Die Frage der Finanzierung sei hingegen sekundär: In seinem Bistum Limburg würden die Anerkennungszahlungen nicht aus der Kirchensteuer finanziert, so Bätzing. "Aber nicht jedes Bistum hat diese Möglichkeit. Und man muss letztlich ja auch sagen: Alles Geld, das eine Diözese hat, gehört den Gläubigen einer Diözese." Betroffene selbst wollen nach Fulda kommen und planen für diesen Mittwoch Protestaktionen."
Birgit Wilke(KNA)
Auch zum Auftakt der Vollversammlung ein Bericht der KNA:
Zum ersten Mal hat sich Bischof Georg Bätzing als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz den Fragen von Journalisten zum Auftakt einer Vollversammlung gestellt. Er signalisierte besonders bei einem Thema ein rasches Vorgehen.
Die katholischen Bischöfe wollen noch in dieser Woche ein System für die Anerkennung des von Missbrauchsopfern erlittenen Leides beschließen. Er sehe die "große Verpflichtung", noch auf der bis Donnerstag dauernden Herbstvollversammlung entsprechende Beschlüsse zu fassen, sagte der Konferenzvorsitzende, Bischof Georg Bätzing, am Dienstag in Fulda. Dabei gehe es um zu zahlende Summen, aber auch um die Installation eines Betroffenenbeirats.
Einem Grundsatzbeschluss vom Frühjahr zufolge will sich die Kirche an der zivilrechtlichen Schmerzensgeldtabelle orientieren. Diese sieht für sexuellen Missbrauch derzeit Summen zwischen 5.000 und 50.000 Euro pro Fall vor. Zuvor waren Leistungen von bis zu 400.000 Euro im Gespräch.
Katholische Bischöfe: Müssen uns mit Kirchenaustritten befassen
Die katholischen Bischöfe in Deutschland wollen sich weiter bei ihren Beratungen intensiv mit den Gründen für die wachsende Zahl der Kirchenaustritte befassen. Der im Juli bekannt gewordene Rekordwert an Austritten im Jahr 2019 sei "erschreckend", sagte Bätzing. "Wir müssen uns mit den tiefer liegenden Gründen befassen."
2019 waren 272.771 Katholiken aus der Kirche ausgetreten. Bätzing verwies darauf, dass auch die Kirchenbindung der verbleibenden Mitglieder seit Jahren stark nachlasse. Das zeige sich bei den Statistiken zu Taufe, Eucharistieempfang und Eheschließungen.
Erstmals wollen die Bischöfe deshalb bei ihrer Frühjahrsvollversammlung in Dresden einen eigenen Studientag zu den Entwicklungen abhalten. Auch bei der bis Donnerstag dauernden Herbstvollversammlung in Fulda ist diese Entwicklung Thema.
Bischof Bätzing würdigt Demos von Frauen und Missbrauchsopfern
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hat zudem Demonstrationen und Proteste von Frauen und Missbrauchsopfern im Rahmen der Herbstvollversammlung der katholischen Bischöfe gewürdigt.
Die Anliegen der Frauen nach mehr Beteiligung in der Kirche und der Kampf gegen Missbrauch seien wesentliche Elemente des Reformprozesses in der katholischen Kirche, sagte der Limburger Bischof Georg Bätzing am Dienstag in Fulda.
Er "schätze" diese Demonstrationen, fügte Bätzing hinzu. "Diese Anliegen aufzunehmen, ist für uns Bischöfe Pflicht und keine Kür." Bätzing wiederholte die Einschätzung, dass keine Kirchenspaltung und keine deutsche Nationalkirche drohe. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hatte zuvor vor einer solchen Entwicklung gewarnt.
Bischofskonferenz: Recht der Flüchtlinge auf Asyl in EU sichern
Die katholischen Bischöfe in Deutschland fordern des Weiteren von der Bundesregierung und der EU die Bereitschaft, weiter Flüchtlinge aufzunehmen und ihr Recht auf Asyl zu sichern. Maßnahmen, die nur auf die Abwehr von Flüchtlingen gerichtet seien, seien unchristlich, sagte Bätzing weiter.
Deutschland könne die Flüchtlingsfrage nicht im Alleingang angehen, sagte Bätzing. Notwendig sei ein geordnetes europäisches System, das die Rechte der Flüchtlinge berücksichtige. Bätzing dankte der Bundesregierung für ihr Angebot, 1.500 Flüchtlinge aus Griechenland aufzunehmen.
Bischöfe bekunden Unterstützung für Demonstranten in Belarus
Zudem haben die katholischen Bischöfe in Deutschland ihre Sympathie für die Demokratiebewegung in Belarus bekundet. Bätzing forderte zugleich die Regierung in Minsk auf, den katholischen Erzbischof von Minsk, Tadeusz Kondrusiewicz, wieder nach Belarus einreisen zu lassen. Kondrusiewicz wird nach einem Besuch in Polen seit Ende August die Wiedereinreise in seine Heimat verweigert.
Die katholische Kirche sei solidarisch mit den Menschen, die in Weissrussland für faire Wahlen und Demokratie demonstrierten, fügte der Limburger Bischof hinzu. Die Menschen müssten ihre Regierung selbst bestimmen können. Gewalt gegen die Demonstranten sei der falsche Weg."
(KNA)
Vertreter der Bundespolitik haben positiv auf die Ankündigung der Bischofskonferenz reagiert, bis Donnerstag ein System für die Anerkennung des von Missbrauchsopfern erlittenen Leides zu beschließen. Die Bischöfe wollen sich am Zivilrecht orientieren.
Die katholischen Bischöfe wollen noch in dieser Woche ein System für die Anerkennung des von Missbrauchsopfern erlittenen Leides beschließen. Er sehe die "große Verpflichtung", noch auf der bis Donnerstag dauernden Herbstvollversammlung entsprechende Beschlüsse zu fassen, sagte der Konferenzvorsitzende, Bischof Georg Bätzing, am Dienstag in Fulda.
Dabei gehe es um zu zahlende Summen, aber auch um die Installation eines Betroffenenbeirats sowie eines Gremiums, das dann über die Auszahlung an Betroffene entscheidet. Seit Dienstag tagen die Bischöfe in Fulda bei ihrer Herbstvollversammlung.
Orientierung an der Schmerzensgeldtabelle
Einem Grundsatzbeschluss vom Frühjahr zufolge will sich die Kirche an der zivilrechtlichen Schmerzensgeldtabelle orientieren. Diese sieht für sexuellen Missbrauch derzeit Summen zwischen 5.000 und 50.000 Euro pro Fall vor. Zuvor waren Leistungen von bis zu 400.000 Euro im Gespräch. Derzeit zahlt die katholische Kirche Opfern von Missbrauch durchschnittlich 5.000 Euro.
Auch der Vatikan-Experte für Missbrauchsprävention, Hans Zollner, hofft auf eine Einigung der deutschen Bischöfe über Anerkennungszahlungen für Betroffene. "Es wäre gut, wenn sie sich verständigen", sagte der Jesuit der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag) in München. Für manche Betroffene sei das Thema sehr wichtig, sagte Zollner, der Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission ist. "Sie wollen gemessen haben, was an verlorener Lebensqualität durch Geld aufgewogen werden kann."
Reaktionen aus der Politik
Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, sagte auf Anfrage, er wünsche sich für die Betroffenen sehr, dass eine für sie akzeptable Lösung gefunden werde. Weitere Verzögerungen seien nicht zumutbar.
Auch Bundespolitiker forderten die katholische Kirche zu Zahlungen auf. Die Bischofskonferenz müsse für Klarheit über die Zahlungen für Missbrauchsopfer sorgen, so der religionspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Benjamin Strasser. Die bereits vereinbarten Grundsätze seien ein erster wichtiger Schritt, allerdings müssten die noch offenen Verfahrensfragen nun schnell geklärt und transparent gemacht werden.
Der religionspolitische Sprecher der SPD, Lars Castellucci, betonte, er begrüße die Signale aus der Bischofskonferenz. Wichtig sei, "einen Ausgleich für das zu schaffen, was nicht wiedergutzumachen ist". Opfer zu entschädigen, bedeute "immer mehr als nur Anerkennung des Leids". Er verwies auf das Opferentschädigungsrecht, das eine richtige Grundlage für die Zahlungen an die Opfer sei. Zudem sprach er sich dafür aus, die Selbstorganisation von Betroffenen zu stärken und zu finanzieren."
(KNA)
Ehemaligen Seminaristen sei ein Gesprächsforum angeboten worden, teilte die Diözese am Montag mit. "Die Veranstaltung sollte vor allem dem Zuhören und der Aufklärung sowie einer offenen und differenzierten Aufarbeitung der Vergangenheit dienen."
Im Frühsommer dieses Jahres waren Misshandlungs- und teils auch Missbrauchsvorwürfe gegen das renommierte katholische Internat St. Michael in Traunstein bekannt geworden, das einst auch der spätere Papst Joseph Ratzinger und dessen älterer Bruder Georg besuchten.
Einladung zum Pressegespräch am 23. September 2020
und Informationen zum Treffen von Betroffenen
während der Vollversammlung der DBK in Fulda
Verschiedene Betroffenengruppen sowie einzelne Betroffene treffen sich vom 22. - 24. September 2020 in Fulda zum Austausch und zur Vernetzung. Wir wollen den dort tagenden Bischöfen signalisieren, dass wir bereit und in der Lage sind, ihnen unsere Forderungen direkt zu übermitteln.
Unser Motto: #AusgleichendeGerechtigkeit
Zusammen mit Unterstützer*innen sind wir am Mittwoch und Donnerstag in der Nähe des Doms und des Stadtschlosses präsent. Der Dienstag 22. September dient der Anreise und internen Vorbereitung. Wir sind am Stand der Giordano-Bruno-Stiftung am Domplatz präsent.
Kunstaktion
Für Mittwoch den 23. September ist am Vormittag von 9 bis 12 Uhr eine Kunstaktion auf dem Domplatz angemeldet. Wir wollen die mehr als 5000 Opfer sexueller Gewalt der Katholischen Kirche in Deutschland präsent machen, wenn die Bischöfe ihre Beratungen aufnehmen. Es besteht die Möglichkeit, Fotos zu machen.
Danach sind wir am Stand der Giordano-Bruno-Stiftung am Bonifatiusplatz.
Pressegespräch
Wir laden zu einem Pressegespräch ein am Mittwoch 23. September 2020, 15 Uhr.
Ort: Tagungshaus Synapsis, Raum 040 (Großer Saal).
Teilnehmende Gruppen: Eckiger Tisch e.V., MoJoRed e.V., Initiative Johanneum, Selbsthilfegruppen Rhede, Münster und Hildesheim sowie weitere Betroffene sexueller Gewalt in der Kirche.
Themen für das Pressegespräch
• Bilanz nach zehn Jahren Ringen um Aufarbeitung, Hilfe und Entschädigung,
• Forderung nach Unterstützung bei Selbsthilfe, Beratung und Selbstorganisation
• Warnung vor erneuter Traumatisierung von Betroffenen im Zuge der von den Bischöfen angekündigten verbesserten Anerkennungsleistungen und
• Appell an Bürger*innen und Parlament, sich unter dem Motto „ausgleichende Gerechtigkeit für eine angemessene Entschädigung der Opfer einzusetzen.
Der Saal ist unter Pandemie-Bedingungen für bis zu 50 Personen ausgelegt. Deshalb ist eine Anmeldung nicht zwingend erforderlich aber erwünscht. Dazu senden Sie bitte eine kurze Mail mit Namen, Medium und Handy-Nummer an presse@eckiger-tisch.de
Wir versuchen einen Stream des Pressegesprächs bereitzustellen und versenden den Link auf Wunsch.
Lesung am Mittwochabend
Ebenfalls am Mittwoch von 19 bis 21 Uhr findet am gleichen Ort eine Lesung mit Gesprächsrunde statt (Synapsis Tagungshaus, Raum 040). Thema sind Erfahrungen mit der Aufarbeitung sexueller Gewalt in der katholischen Kirche. Es lesen Luna Born aus ihrem Buch „Missbrauch mit den Missbrauchten“, Tectum Wissenschaftsverlag, 2019, sowie Matthias Katsch aus seinem Buch „Damit es aufhört“, Nicolai Verlag, 2020.
Weitere Betroffene und Aktivisten sind anwesend, und tauschen sich im anschließenden Gespräch über ihre Erfahrungen aus.
Gelegenheit zur Stellungnahme am Donnerstag
Am Donnerstag unterstützen wir die Forderungen der Bewegung Maria 2.0 und sind am Stand der Giordano-Bruno-Stiftung am Bonifatiusplatz präsent.
Zum Abschluss der Vollversammlung der Bischöfe werden wir ggf. am Donnerstagnachmittag ab 15 Uhr eine Stellungnahme zu den relevanten Ergebnissen abgeben. Ort: Synapsis Tagungshaus, Raum 040.
Pressekontakt:
presse@eckiger-tisch.de
Vor Ort:
Matthias Katsch, Eckiger Tisch, 0178 167 4838
Karl Haucke, MoJoRed, 0171 325 0075
ECKIGER TISCH e.V. ist ein gemeinnütziger Verein und braucht Ihre Unterstützung!
Spendenkonto: DE89100205000001271777
www.eckiger-tisch.de/spende
Missbrauchsopfer Josephinum Redemptoristen e.V. ist ein gemeinnütziger Verein
und braucht Ihre Unterstützung! Spendenkonto: DE88 4306 0967 4071 6206 00
Bei ihrer Herbstvollversammlung kommende Woche werden die deutschen Bischöfe erneut über die Entschädigungszahlungen für Missbrauchsopfer sprechen. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki will sich in deren Sinne für eine rasche Lösung einsetzen.
Offensichtlich nimmt Erzbischof Woelki die Botschaft des Betroffenrats mit nach Fulda. Soweit so gut oder auch so schlecht. Denn er sagt an keiner Stelle genau, welchen Teil der Botschaft er weitergibt. Die Vermeidung von Retraumatisierung? Unseren Zeitplan zu Antragstellung und Auszahlung? Die Einheitlichkeit der Verfahrensmodi? Die Mahnung zur Betroffenenbeteiligung? Böse Interpretation, aber gar nicht abwegig: Geht es vielleicht nur um die PR des Erzbischofs und gar nicht um die Betroffenen?
Was wird aus der geplanten Entschädigung für Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche? Die Kirche hat für den Herbst eine Lösung versprochen. Die Betroffenen warten und die Politik hält sich weitgehend raus. Die Kirche, das Geld und die Politik - eine Dreiecksbeziehung, die gerade in Sachen Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der Kirche nur bedingt funktioniert.
Wer sexuellen Missbrauch in der Kirche erlebt hat, muss sich oft alleine mit der Täterorganisation auseinandersetzen. Das sollte sich ändern – zum Beispiel mit einem Opfergenesungswerk.
https://www.zeit.de/2020/39/sexueller-missbrauch-katholische-kirche-bundestag-kinder-aufarbeitung
Den Worten von Matthias Katsch am Schluss seines Beitrags ist nichts hinzuzufügen: "Sexueller Kindesmissbrauch ist nicht einfach nur persönliches Schicksal. Es ist immer auch ein gesellschaftlicher Skandal. Das gilt auch für die besonderen Gesellschaften der Kirche. Und nur als Gesellschaft können wir die Folgen überwinden. Und wir sollten gemeinsam daran arbeiten, damit es weniger wird und damit es aufhört."
Oft haben ihn die Lehrkräfte „Es“ genannt. Vor den Mit-schüler*innen, im ganz normalen Unterricht: „Es“. Max, der in Wirklichkeit anders heißt, ist ein trans*Mann, und er war Schüler der Freien Evangelischen Bekenntnisschule Bremen (FEBB). Fünf Jahre hat es gedauert, bis er den Mut aufbrachte, gegen die evangelikale Privatschule rechtlich vorzugehen. Nach seiner Aussage war er dort von seinem Outing 2015 bis zum Abschluss 2016 Mobbing und psychischen Misshandlungen ausgesetzt. „Diese Schule hat meine Zukunft zerstört!“, sagt Max.
https://taz.de/Evangelikale-Schule-mobbt-Transsexuellen/!5710942/
Vor 25 Jahren wurde die Reformbewegung "Wir sind Kirche" gegründet. Heute ist ihre Forderung nach einer "menschenfreundlichen Sexualmoral" so populär wie noch nie. Ihre Arbeit macht das aber nicht einfacher.
https://www.queer.de/detail.php?article_id=37048
Heute wurde von der Initiative gedenkort.net eine Petition online gestellt, die inhaltlich viel aus unserer Pressemitteilung zur Untersuchung der DOK zu Fällen sexualisierter Gewalt übernommen hat. Wir bedanken uns für die großartige Unterstützung unserer Anliegen und freuen uns über jede Unterschrift. Dazu bitte einen der aufgeführten Links anklicken und nach Möglichkeit teilen.
https://weact.campact.de/petitions/sexualisierte-gewalt-in-der-katholischen-kirche-so-billig-durfen-sie-nicht-davon-kommen?share=fa926914-da7c-4f29-8920-8879063b98b2&source=copy_email&utm_source=copy_email
https://weact.campact.de/petitions/sexualisierte-gewalt-in-der-katholischen-kirche-so-billig-durfen-sie-nicht-davon-kommen?share=fa926914-da7c-4f29-8920-8879063b98b2&source=copy_email&utm_source=copy_email/?utm_id=wa-recaif
Link auf Facebook, Twitter oder per Whatsapp teilen. Danke!
https://weact.campact.de/petitions/sexualisierte-gewalt-in-der-katholischen-kirche-so-billig-durfen-sie-nicht-davon-kommen?share=fa926914-da7c-4f29-8920-8879063b98b2&source=copy_email&utm_source=copy_email
https://weact.campact.de/petitions/sexualisierte-gewalt-in-der-katholischen-kirche-so-billig-durfen-sie-nicht-davon-kommen?share=fa926914-da7c-4f29-8920-8879063b98b2&source=copy_email&utm_source=copy_email/?utm_id=wa-recaif
Die Arbeit zu Prävention, Aufarbeitung und Hilfen bei sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wird künftig von einem Gremium aus Betroffenen begleitet. Ein über eine öffentliche Ausschreibung besetzter zwölfköpfiger Betroffenenbeirat wird seine Arbeit Mitte des Monats aufnehmen. Dieses neue Gremium bietet Betroffenen eine strukturierte Beteiligung an den Prozessen, für die der Beauftragtenrat zum Schutz vor sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche verantwortlich zeichnet.
https://www.ekd.de/beirat-fur-betroffene-sexualisierter-gewalt-nimmt-arbeit-auf-58589.htm
Siehe dazu auch Angelika Marquardt, Mitglied des Betroffenenrats beim UBSKM:
Im Spitzensport wurden in der letzten Zeit zunehmend Fälle von Kindesmissbrauch aufgedeckt. Weltweit melden sich immer mehr Betroffene zu Wort. Junge Sportler sind oft vielversprechende Medaillenhoffnungen. Doch um welchen Preis? Studien zeigen: Jeder siebte minderjährige Nachwuchssportler, gleich welchen Geschlechts, wird Opfer von sexuellen Übergriffen oder Missbrauch.
Der Filmemacher Pierre-Emmanuel Luneau-Daurignac recherchierte zwei Jahre lang in fünf Ländern und deckte Fälle von Kindesmissbrauch im Spitzensport auf, die nicht als Ausnahmeerscheinungen betrachtet werden können, sondern die Schieflage eines ganzen Systems deutlich machen. Sexuelle Übergriffe auf junge Athletinnen und Athleten sind längst keine Einzelfälle mehr. In Frankeich erzählte die ehemalige Eiskunstläuferin Sarah Abitbol kürzlich, wie sie als Minderjährige von ihrem Trainer missbraucht wurde. In der Folge meldete sich eine Reihe weiterer Spitzensportlerinnen und ‑sportler zu Wort. Das Phänomen kennt keine Ländergrenzen: Die wöchentlich publik werdenden Fälle ereigneten sich in den USA, in England, Spanien, Deutschland, Brasilien oder Südkorea. Der Sportsektor – egal ob Amateur- oder Profisport, Einzel- oder Teamdisziplinen – vereint etliche Faktoren, die Missbrauchssituationen zu begünstigen scheinen: autoritäre Persönlichkeiten, Verherrlichung von Ausdauer und Leiden, männliche Dominanz, Körperkult, psychologische Einflussnahme, Entfremdung von den Eltern, Träume von Ruhm und Reichtum, finanzielle Interessen … Die Studien sind sich einig: Jeder siebte minderjährige Nachwuchssportler, gleich welchen Geschlechts, soll Opfer von sexuellen Übergriffen oder Missbrauch geworden sein. Bereits 2009 machte er nach den Enthüllungen der Tennisspielerin Isabelle Demongeot mit einer Dokumentation auf das Phänomen aufmerksam. Ohne Sensationsdrang und in Interviews mit unmittelbar Betroffenen brachte er die uralten Mechanismen dieses tabubehafteten Milieus ans Tageslicht. Für „Kindesmissbrauch im Spitzensport“ spricht Luneau-Daurignac nun mit Leistungssportlern wie dem Fußballstar Paul Stewart, der bei Manchester City und Tottenham Hotspur spielte und im Alter von 10 bis 14 Jahren Opfer sexueller Übergriffe wurde. Auch die spanische Turnerin Gloria Viseras, die mit zwölf Jahren von ihrem Trainer missbraucht wurde, kommt zu Wort. Neben den direkt Betroffenen zieht der Regisseur Experten aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien hinzu, die sich seit vielen Jahren mit dem Thema beschäftigen, darunter den Sportsoziologen Mike Hartill von der Edge Hill University, die Sportsoziologin Bettina Rulofs von der Deutschen Sporthochschule Köln, den Sportpsychologen Greg Décamps von der Universität in Bordeaux sowie Donald Findlater, den Vorsitzenden der britischen Lucy Faithfull Foundation.
Jeder dritte katholische Orden muss sich laut einer aktuellen Befragung Missbrauchsvorwürfen stellen. Der Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln übt massiv Kritik: Die Aufarbeitung laufe schleppend und die Opfer stünden nicht im Mittelpunkt.
Erwachsene, die in ihrer Kindheit sexuell gequält und gefoltert wurden, überleben oft nur deshalb, weil sie ihr Ich in unterschiedliche Persönlichkeiten aufgespalten haben. Verstanden werden Personen mit einer dissoziativen Identitätsstörung aber nur selten.