Wissen sie, was sie da tun?
Ordensobernkonferenz äußert sich 10 Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals zu Schwerverbrechen von Ordensleuten in ihren Reihen
Die deutschen katholischen Orden haben einen Bericht über ihre -federführend von der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) durchgeführte - Befragung zum Thema "Sexueller Missbrauch minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Ordensangehörige sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und zur Prävention" vorgelegt. An der sog. MHG-Studie zum Missbrauch durch Bistumspriester, welche vor zwei Jahren die Öffentlichkeit erschütterte, haben sie sich nicht beteiligt. Heute versuchen sie sich mit einem angeblich hohen Rücklauf ihrer Fragebögen in Szene zu setzen: 291 von 392 Fragebögen wurden zurückgesandt. Dass sich damit ein Viertel aller Ordensgemeinschaften für nicht zuständig erklären für sexualisierte Gewalt unter Ordensdächern - diese andere Seite der Rücklaufquote wird ausgeblendet. 100 von 400 Vereinigungen halten es nicht einmal für wert, überhaupt nur auf einen gemeinsam verabredeten Fragebogen zur Sexuellen Gewalt zu reagieren, geschweige denn Mühe und Expertise an eine entsprechende Untersuchung zu verwenden.
1412 Missbrauchsopfer haben sich bei deutschen Orden gemeldet, um von Verbrechen durch 654 Täter zu berichten. Ob Ordensobere selbst Opferzahlen ermittelt und Verbrecher identifiziert haben, darüber schweigt der Bericht sich aus. Anzunehmen ist, dass das gar nicht erst stattgefunden hat. Wieso eigentlich nicht? Man stelle sich irgendeine sonstige Institution vor, die Verbrechen der eigenen Leute geduldet oder unterstützt hat- und die dann nicht selbst akribisch ermitteln würde oder besser noch Andere ermitteln ließe. Nicht denkbar.
Und sie wägen sich in vollem Recht, schwingen sich gar auf, die Grenzen der Wissenschaft neu zu definieren. "Eine
Gesamtstudie 'der Orden' ist wissenschaftlich aufgrund der großen Unterschiedlichkeiten der Ordensgemeinschaften nicht sinnvoll." Woher wissen die Ordensleute das? Hat es Vorstudien gegeben? Hat
man das gesamte statistische Repertoire der Geistes- und Sozialwissenschaften abgeklopft? Hat man die Möglichkeiten der narrativen Sozialforschung für diesen Kontext geprüft? Nein. Anspruchsvolle
wissenschaftliche Untersuchungen werden einfach mal eben im Vorbeigehen –für nicht sinnvoll erklärt. Und selbst für diese Äußerung der Hilflosigkeit brauchte man 10 Jahre.
Dass sie, die Orden, überhaupt verstanden haben, was unter ihrer Verantwortung geschehen ist und was aus ihrem Versagen folgen müsste, ist mehr als fraglich. Dass sie verstanden hätten, dass es hier nicht in erster Linie um das Versagen oder die Todsünden einzelner Mitglieder geht, sondern um vielfache Verbrechen gegen das Menschsein und darum, dass die Struktur der Orden und die jeweiligen Vorgesetzten dem in aller Regel Vorschub geleistet haben, das können wir dem Text gerade nicht entnehmen. Mithin ist es so, dass man die allermeisten Maßnahmen, die die Orden nun nach 10 Jahren in ihrem Bericht vorschlagen (Zugehen auf Betroffene, Einbeziehung von Staatsanwaltschaften etwa, Ankündigung einzelner Untersuchungen), leicht schon in den vergangenen Jahren hätte angehen können.
Erscheint das Versagen der Orden, was Aufarbeitung ihrer Verbrechen angeht, auch fast total, so konnte man doch auf Seite der Betroffenen darauf hoffen, dass Prävention allerhöchste Aufmerksamkeit der heute Verantwortlichen genießt. Hatte man die doch bereits vor vier Jahren in der Vereinbarung mit dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) versprochen. Nach den vielen guten Worten über notwendige Prävention hätte man fast schon auf Übereifer schließen können. Aber die Wirklichkeit sieht düster aus: So haben drei Viertel der Ordensgemeinschaften, welche überhaupt zu den entsprechenden Fragen geantwortet haben, keine institutionellen Schutzkonzepte entwickelt. Dazu gehören auch die 41 Ordensgemeinschaften, die regelmäßig Kontakt mit minderjährigen oder erwachsenen Schutzbefohlenen haben. Selbst die Anzahl der unabhängigen Kontaktpersonen für Missbrauchsfälle (in weniger als der Hälfte der Gemeinschaften) entspricht nicht den Anforderungen, welche man an ein bereits irritiertes System stellen muss.
Die Orden schaffen es nicht, ihren Laden aufzuräumen. Sie schaffen es nicht allein. Ihnen könnte geholfen werden. Zum Beispiel von Betroffenen. Diese allerdings werden, bis auf Einzelfälle, abgewehrt. Die Gesamtorganisation der Orden (DOK) hat sich lange Zeit nicht genötigt gesehen, überhaupt irgendetwas zu unternehmen, so dass man sich fast zur Vermutung genötigt sieht, dass dieses sich Wegducken gespeist war von der Hoffnung, dass die Oper aufgeben oder aus der Welt wegsterben.
Der Bericht der DOK umfasst 11 Seiten. Der sexuelle Missbrauch durch Geweihte und andere Angehörige von Ordensgemeinschaften wurde spätestens vor fast 11 Jahren weltweit bekannt. Einzelne Orden wussten schon seit Jahrzehnten von den Verbrechen, die in ihren Reihen begangen werden. Das heißt, die Orden haben sich für jede Seite ihres Aufklärungsberichtes 1 Jahr gegönnt. Dies gilt natürlich nur rechnerisch und doch ist gerade dies ein Abbild der Verzögerungstaktik, ein Abbild des Unwillens geradezu, mit dem die Ordensgemeinschaften dieses Thema angegangen sind. In all dieser aufgeschobenen Zeit mussten die Orden, musste die ganze Kirche immer wieder von Betroffenen daran erinnert werden, dass es bei der sexuellen Gewalt gegenüber Minderjährigen um schwerste Verbrechen geht. Die "gefallenen Ordensleute", wie sie in Anlehnung an die gefallenen Engel der Bibel genannt werden, sind beileibe nicht selber Opfer, wenn auch Opfer ihrer ach so „menschlichen“ Leidenschaften. Nein, sie sind eiskalte Verbrecher, Teilhaber einer geheiligten Macht, die jeden Geweihten über das gemeine Christenvolk stellt.
Wir fordern daher:
§ Alle Aktenbestände der Ordensgemeinschaften müssen gesichert und einer staatlich eingesetzten Kommission („Wahrheitskommission“) zur Verfügung gestellt werden, wo und wann immer es seit 1945 einen Verdacht auf sexuellen Missbrauch durch Angehörige dieser Gemeinschaften gibt.
§ Die Orden müssen sich bereit erklären, an der Aufklärung und Aufarbeitung der Missbrauchsfälle aktiv mitzuwirken, andernfalls sie ihre Privilegien (z.B. den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts) gefährden.
§ Beim Missbrauch durch Geistliche darf nicht unterschieden werden, ob der Täter Diözesanpriester oder ein Ordensangehöriger war. Die Deutsche Bischofskonferenz muss sich in der Pflicht sehen, trotz aller kirchenrechtlicher Trennung zwischen Orden und Bistümern die Missbrauchsopfer gleich zu behandeln.
§ Die Mitwirkung Betroffener an den sie angehenden Entscheidungen muss zur Selbstverständlichkeit werden. Ein Betroffenenbeirat bei der DBK ist das eine, Beiräte auf Ebene der Bistümer und der Orden sorgen auch dort für neue Perspektiven.
§ Die von der DOK in die Gremien des Synodalen Weges entsandten Ordensangehörigen sollen dort die öffentlich verkündeten Bereitschaften der Orden offensiv vertreten und sich für die Interessen der Betroffenen einsetzen.
§ Auch in der Entschädigungsfrage sind die Opfer aus Bistümern und Orden gleich zu behandeln. Der Verweis auf verarmte Ordensgemeinschaften darf nicht zur Ungleichbehandlung führen. Eine angemessene Entschädigung hat sich zu orientieren an den Empfehlungen, die 2019 von Experten/innen im Auftrag und für die Bischofskonferenz vorgelegt wurden.
Alles, was jetzt nicht getan wird, um nach 10 Jahren Verzögerung und Taktiererei die Betroffenen zu befrieden, ist eine Verweigerung von Gerechtigkeit. Ein hochrangiges Ordensmitglied hat einmal gefragt, ob man denn jetzt eine Grundschuld auf den Kölner Dom aufnehmen solle, um Entschädigungen zahlen zu können. Immerhin, wir reden jetzt von über 5000 nachgewiesenen Opfern (ohne Dunkelziffer). Wenn es um die Aufarbeitung und Entschädigung von Verbrechen dieser Dimension geht, dann ist wohl die Dimension "Kölner Dom" gerade ausreichend, um einen Ausgleich zu ermessen. Was ist schon ein Dom gegen mindestens 5000 missbrauchte Kinder? Sr. Katharina Kluitmann, Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz, hat es so ausgedrückt:
"Besser wir werden an Geld arm durch die Unterstützung der Opfer, als dass wir an Liebe arm werden - und nebenbei auch noch am letzten Rest an Glaubwürdigkeit in dieser Sache:"
Wir Betroffene haben dieses Bekenntnis nicht vergessen.
Die Zeit des Versteckspielens ist vorbei – auch für die katholischen Ordensgemeinschaften in Deutschland:
Zeit für eine staatliche Untersuchungskommission.
Es ist ein Skandal in mehrfacher Hinsicht: 100 katholische Ordensgemeinschaften haben in den vergangenen Monaten in ihren Unterlagen nachgesehen und festgestellt, dass sich dort Spuren von mindestens 1400 Opfern und 650 Tätern sexuellen Missbrauchs finden. Zehn Jahre haben die Jesuiten, Redemptoristen, Salesianer, Franziskaner und all die anderen Orden für diese Feststellung gebraucht. Zwei Drittel der männlichen Gemeinschaften berichten, dass es bei Ihnen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Ordensangehörige gab. Und immerhin zwanzig Prozent der Frauenkongregationen. Sie durften das ganz allein tun, ohne kritische Wissenschaftler oder gar Staatsanwälte.
Diese Gemeinschaften, in denen Nonnen und Mönche, Priester und Brüder zusammenleben, betrieben und betreiben in Deutschland dutzende Schulen, Internate, Heime und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Sie genießen den Status von Körperschaften Öffentlichen Rechts und haben damit Anteil an den großzügigen Privilegien, die unsere Verfassungsordnung religiösen Institutionen der beiden Großkirchen einräumt.
Bei Bedarf betonen sie dann aber auch wieder ihre Unabhängigkeit von den 27 Bistümern und ihren Bischöfen in Deutschland. Die meisten unterstehen formal dem Papst und seiner Bürokratie im fernen Vatikan. Vom deutschen Staat hatten sie bislang nichts zu befürchten. Und es sieht so aus, als ob sie der Überzeugung sind, dass dies auch weiterhin gilt. Deshalb haben sie weder an der MHG-Studie teilgenommen, die vor zwei Jahren die Öffentlichkeit und die Kirche selbst erschütterte, noch haben sie eigene Studien in nennenswertem Umfang durchführen lassen.
Und auch jetzt meinen sie, dass sie alle Zeit der Welt haben, um erst einmal in Gespräche einzutreten, ob und wie sie ihre Geschichte von Gewalt und sexuellem Missbrauch aufklären wollen. Nur dass sie es nicht so machen wollen die Bischöfe, da sind sie sich sicher. Doch im Gegensatz zu den Bistümern, die in der Regel über mehr oder weniger professionelle Strukturen verfügen, auf die bei Aufarbeitungsprojekten aufgesetzt werden kann, scheinen die Orden völlig überfordert. Und die wenigen großen Gemeinschaften, die sehr wohl in der Lage gewesen wären, auch schon in der Vergangenheit selbst an die Aufarbeitung zu gehen, ihren Opfern Hilfe zu leisten und Entschädigungen anzubieten, haben sich jahrelang hinter den hunderten kleinen, teilweise obskuren Schwestern- und Bruderschaften versteckt die sich in der sog. Deutschen Ordensoberen-Konferenz eine Vereinsstruktur gegeben haben, die sie zu nichts verpflichten kann.
Dies ist die andere Dimension des Skandals: dass die Ordensgemeinschaften solange ungehindert nichts tun konnten, wohl in der Hoffnung, dass die Opfer irgendwann resignieren oder sterben, so wie viele Täter. Nur nicht wie diese abgesichert im Schoße ihrer Gemeinschaft, sondern mit den Folgen des Missbrauchs in ihrem Leben, oft genug neben seelischer Not und gesundheitlichen Beeinträchtigung auch in finanzieller Not.
Wir fordern deshalb:
• Alle Aktenbestände der Ordensgemeinschaften müssen jetzt gesichert und den Staatsanwaltschaften zur Verfügung gestellt werden, sofern es einen Verdacht auf sexuellen Kindesmissbrauch durch Angehörige dieser Gemeinschaften gibt. Sofern Verjährung festgestellt ist, was in vielen Fällen zu erwarten ist, müssen die so gesicherten Unterlagen, einer jetzt einzurichtenden zentralen Untersuchungsskommission zugeleitet werden. Die Orden müssen sich bereit erklären, an der Aufklärung und Aufarbeitung der dunklen Aspekte ihrer Vergangenheit mitzuwirken. Sollten sie sich einer Aufklärung verweigern, müsste ihnen der Status von Körperschaften öffentlichen Rechts entzogen werden.
• Der Deutsche Bundestag sollte möglichst rasch eine unabhängige Untersuchungskommission für diesen kriminellen Komplex „sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche durch Angehörige katholischer Ordensgemeinschaften“ einsetzen. Nur so ist zu erwarten, dass die noch lebenden Opfer jemals so etwas wie Klarheit und Wahrheit erfahren werden über die Umstände, unter denen sie als Kinder und Jugendliche Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch durch Angehörige dieser Organisationen wurden, und wie diese Taten über Jahrzehnte von den Leitungen verdeckt und verheimlicht wurden.
Denn: Wenn jetzt wieder nicht gehandelt wird, zehn Jahre nach dem Bekanntwerden der über einhundert Opfer allein an der Berliner Schule des Jesuitenordens, dem Canisius Kolleg, wenn also den „Organisationen der Täter“ die Aufklärung wieder selbst überlassen wird, in der Hoffnung, dass es schon irgendwie gut gehen wird, dann verpassen wir die vielleicht letzte Gelegenheit, dieses Kapitel deutscher Zeitgeschichte aufzuklären.
Pressemitteilung Eckiger Tisch, 26.08.2020 3
Darüber hinaus ist es Zeit, dass die Ordensgemeinschaften sich gemeinsam bereit erklären, solidarisch ihre Opfer zu entschädigen, falls notwendig auch unter Hilfe der gesamten Katholischen Kirche in Deutschland, der reichsten Kirche der Welt.
Keinesfalls darf mit Hinweis auf verarmte Gemeinschaften, den Opfern eine angemessene Entschädigung verweigert werden. Diese müssen sich an den Empfehlungen orientieren, die im letzten Jahr im Auftrag und für die Deutsche Bischofskonferenz von Expertinnen und Experten entwickelt und vorgelegt worden sind.
Mindestens 5000 Kinder und Jugendliche sind in den vergangenen Jahrzehnten durch Priester und Ordensleute der katholischen Kirche sexuell missbraucht worden. Das steht nunmehr fest. Das geben die eigenen Unterlagen der Kirche preis.
Mindestens 2200 Priester, Brüder und auch Schwestern werden als Täter und Täterinnen beschuldigt. Dies ist die Verantwortung, der sich die Katholische Kirche in Deutschland insgesamt stellen muss. Wir appellieren an die Delegierten des Synodalen Weges dies bei Ihren Beratungen in der kommenden Woche zu thematisieren. Wir werden sie daran erinnern.
Matthias Katsch
Geschäftsführer Eckiger Tisch
Wir vom Verein MoJoRed schließen uns der Pressemitteilung in jedem ihrer Worte an. Wir bereiten zusätzlich eine weitere eigene Pressemitteilung vor.
Erst zehn Jahre nach Beginn der Missbrauchsdebatte in Deutschland legen die katholischen Ordensgemeinschaften Zahlen vor. Insgesamt werden 654 Ordensmitglieder des sexuellen Missbrauchs beschuldigt.
https://www.swr.de/swraktuell/sexueller-missbrauch-orden-100.html
https://www.tagesschau.de/inland/missbrauch-katholische-orden-101.html
https://www.evangelisch.de/inhalte/174108/26-08-2020/orden-um-aufklaerung-bei-missbrauch-bemueht
https://www.tagesschau.de/inland/missbrauch-katholische-orden-101.html
https://www.zeit.de/news/2020-08/26/deutsche-orden-gestehen-unsaegliches-leid-ein
https://mk-online.de/meldung/sexueller-missbrauch-bei-orden.html
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/missbrauch-katholische-kirche-ordensbefragung-100.html
https://www.mdr.de/nachrichten/audio/audio-1508136.html
https://zeitzeichen.net/index.php/node/8526
https://www.merkur.de/politik/deutsche-orden-gestehen-unsaegliches-leid-ein-zr-13867625.html
Hier gehts zur Pressemitteilung der DOK vom 26.08.2020:
https://www.orden.de/aktuelles/
Hier gehts zum Bericht der DOK (unten auch als PDF):
https://www.orden.de/aktuelles/themen/sexueller-missbrauch/
Hier gehts zur Pressemittteilung des Betroffenbeirats beim Erzbistum Köln (Mitglieder u.a. Karl Haucke und Winfried Ponsens):
https://www.erzbistum-koeln.de/news/Betroffenenbeirat-zur-Umfrage-der-Deutschen-Ordensoberenkonferenz/
Hier gehts zum Interview von Karl Haucke mit dem Domradio
https://www.domradio.de/audio/sexueller-missbrauch-katholischen-orden-ein-interview-mit-karl-haucke-sprecher-des
Wir zitieren aus naheliegenden Gründen eigener Empörung hier den gesamten Text, der auf der Website der DOK zu finden ist:
"Die DOK hat am 26. August die Ergebnisse einer Befragung unter ihren Mitgliedern zum Thema „Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Ordensangehörige sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und zur Prävention“ veröffentlicht.
Pressemitteilung vom 26. August 2020
Unser erster Kommentar:
Wir sind empört. Wir sind erzürnt. Wir fordern die Wahrheitskommission. Schluss mit der niedlichen Spielerei.
Da braucht diese Vereinigung der Ordensoberen geschlagene 10 Jahre, um auf 11 billigen Seiten mit einer Mitgliederbefragung Verbrechen an mindestens 1500 Kindern aufzuklären. Wo gibt es das, dass die Täterorganisationen ihre zu verantwortenden Verbrechen selber durch Mitgliederbefragungen aufklären dürfen. Lassen wir die Mafia auch ihre Verbrechen durch Mitgliederbefragung aufklären?
Bei der Aufklärung von Missbrauch soll es sich um Aufklärung von Gewaltverbrechen (der Bundestag diskutiert zur Zeit zahlreiche Strafverschärfungen) handeln (wie wir gehört haben)- und nicht um die Aufklärung kleiner Verkehrsdelikte. Man mag es im Anschluss an die Erklärungen der Orden kaum glauben. Wir sind fassungslos. Uns bleibt fast nur noch der Sarkasmus. Und die Politik, die sich wohlfeil im Fall Bergisch- Gladbach und anderswo- mit allem Recht natürlich - empört, schweigt bisher.
Der Missbrauchsskandal hat Indonesien erreicht. Immer mehr Fälle werden bekannt. Betroffen sind die katholische Kirche, aber auch islamische Einrichtungen. Die Regierung reagiert dennoch zurückhaltend.
Ein hochrangiger deutscher Missbrauchstäter (seinerzeit der 1. apostolische Präfekt des Vatikans in Indonesien) aus den 60er Jahren gehörte - wie mehrfach berichtet dem Orden der Redemptoristen an.
Im Herbst 2018 wurden bei der Deutschen Bischofskonferenz Zahlen von Missbrauchsopfern offengelegt. Offiziell wurden 33 Täter aus dem Bistum Regensburg identifiziert, Anklage wurde allerdings bisher keine erhoben.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/keine-anklagen-gegen-taeter-im-bistum-regensburg,S8He4pg
https://www.br.de/nachrichten/bayern/bewaehrungsstrafe-fuer-priester-wegen-kindesmissbrauchs,S8D66P7Wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs muss sich ein katholischer Pfarrer aus dem Bistum Würzburg heute vor dem Amtsgericht Bad Kissingen verantworten. Das Opfer soll laut Anklage ein zwölfjähriges Mädchen gewesen sein.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/bewaehrungsstrafe-fuer-priester-wegen-kindesmissbrauchs,S8D66P7
In unseren Augen ein Urteil, das so zu fällen, wie es gefällt worden ist, zeigt: der Richter scheint nichts begriffen zu haben, der Richter scheint sich niemals mit den Biografien von Betroffenen auseinandergesetzt zu haben, der Richter scheint noch nie ein Buch oder wissenschaftliches Werk zu den Folgen von Missbrauch gelesen zu haben.
An diesem Urteil lassen sich die Schwierigkeiten der juristischen Aufarbeitung eines Missbrauchsfalls wie unter einem Brennglas beobachten. Da ist das Opfer, das nicht selbst angezeigt hat, sondern den Priester noch heute "liebt" und eine Verurteilung nicht will, sondern im Gegenteil dem Täter seine Hilfe anbietet. Da ist der Täter, der ohne jedes Verantwortungsgefühl gehandelt und eine Schutzbefohlene missbraucht hat. Da ist das Gericht, das doch tatsächlich (2020!) die Mitschuld des Kindes durch Verführung feststellt, weil es offensichtlich den Priester "liebte". Tenor des Urteils: der "erbarmungswürdige Priester" der wegen der Liebe des Kindes nicht mehr ein noch aus wusste. Wir meinen, für das Verhalten des Priesters gibt es keine Entschuldigung. Nicht die Ministrantin steht in der Verantwortung, sondern allein der Erwachsene. Eine Bewährungsstrafe halten wir für völlig unangemessen. Man rechnet allerdings nicht mit einer Revision durch die Staatsanwaltschaft sondern mit einer durch den beschuldigten Priester.
Der Fall, der hier behandelt wird, ist einer der wenigen Fälle, in der die Staatsanwaltschaft aus der Kenntnis der sog. Missbrauchsstudie (MHD) heraus gehandelt hat.
Gewalterfahrungen in jungen Jahren zeigen sich auf vielfältige Weise. Sie verursachen nicht nur psychischen Störungen. Sie lassen auch die Körperzellen schneller altern und hinterlassen bisweilen sogar Spuren im Gehirn.
Auf Twitter startet der Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung Rörig zusammen mit Karl Haucke als Mitglied im Betroffenrat eine Kampagne zur Aufmerksamkeitssteigerung von Lehrern bei möglicher Gewalt und Missbrauch an Kindern während der Coronazeit:
"Ich erwarte von jedem Lehrer, dass er ein Bild hat von den Kindern, mit denen er zu tun hat." - Zum Schulanfang in NRW appelliert Karl Haucke, Mitglied im Betroffenenrat, unbedingt wachsam zu bleiben & auf Signale zu achten."
Dass man den ehemaligen Fachhochschullehrer Haucke in diesem Beitrag zum Professor erhebt, wird Karl Haucke (Mitglied unseres vereins und selbst Betroffener von Missbrauch) wohl verschmerzen. Unbedingt hörenswert!
Unser Mitglied Karl Haucke weist in seiner Funktion als Mitglied des Betroffenenbeirats des UBSKM (Unabhängigen Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs) in obiger Twitteraktion bzw. im WDR- Bericht zum Schuljahresbeginn darauf hin, dass Lehrer*innen bitte genau hinsehen mögen, in welcher Verfassung die Kinder nach Ferien und wochenlangem Lockdown in die Klassen zurück kehren. Einige seien in dieser Zeit mit dem Überleben beschäftigt gewesen, vermutet Karl Haucke.
In diesem Zusammenhang stellt sich naturgemäß die Frage, ob denn der Lehrer oder Erzieher hier überhaupt so wichtig ist, wo doch die Verletzung des Kindes schon geschehen ist, das Drama doch schon seinen Lauf begonnen hat, das Trauma schon in Gang gekommen ist. Es gilt trotzdem: Lehrer wie auch alle Erwachsenen müssen mehr hinsehen, dürfen nicht wegschauen? Weil jeder Tag zählt. Weil es inzwischen als gesichert gilt, dass ein einziger Übergriff die gleichen, oft lebenslang andauernden Schäden anrichten kann wie wiederholter sexueller Missbrauch über einen langen Zeitraum. Jeder Tag, der einem Kind ein weiteres Martyrium erspart, zählt. Jeder Tag, an dem es professionelle Hilfe erhält, zählt. Jeder Tag zählt, wenn es darum geht, Begleitung zu finden, mit dem schon Erlebten umzugehen. Jeder Tag zählt, um dem betroffenen Kind ein Abrutschen in Selbstverletzung, Drogen- und Alkoholmissbrauch bis hin zum Suizidversuch zu ersparen. Jeder Tag zählt, wenn durch aufmerksames Beobachten und besonnenes Handeln verhindert werden kann, dass evtl. auch Geschwisterkinder von sexuellen Übergriffen und Gewalt in der Familie nicht verschont bleiben.
Eine traurige Tatsache bleibt die, dass in dem Moment, wo Schutzbefohlene einem Erwachsenen auffallen, bereits etwas geschehen ist, dass das weitere Leben immens erschweren wird.
Deshalb muss der wirkliche Hebel zum Schutz unserer Kinder nicht erst in den Reaktionen der Umwelt liegen, sondern in der Stärkung der Familien, in der Elternbildung, im Ausbau der Hilfen für Familien, in der sozialpädagogischen Begleitung von Familien (SPFH), in der Verankerung entsprechender Inhalte in allen Studien- und Ausbildungsgängen für Menschen, die mit Kindern und Jugendlichen befasst sind, in der ärztlichen Versorgung von alkoholkranken oder depressiven oder sozial überforderten Familienmitgliedern.
Essenziell ist letztlich die Stärkung der Rechte des Kindes: Nur wenn das Kind selbst rechtskräftig (d.h. durch einen amtlichen Vertreter) sagen darf: Ich will raus aus dieser Familie, nur dann kann es sich rechtzeitig selbst schützen. Rechtzeitig hieße in diesem Fall: Von dem Augenblick an, in dem es das, was man ihm antut, als Verletzung wahrnimmt und das - wie auch immer - artikulieren kann.
Ob wir damit allerdings Missbrauch und Gewalt gänzlich verhindern können? Grundsätzlich wohl eher nicht. Aber wir können hinsehen, wir können uns trauen, den Mund aufzumachen, wenn wir Dinge beobachten, die ein ungutes Gefühl in uns erwecken, wir können Dinge beim Namen nennen, auch wenn sie schambehaftet sind, wir können Politiker fragen, wie ihr Programm im Hinblick auf Missbrauch und Gewalt gegen Kinder, in Bezug auf Kinderrechte aussieht. Wir können gelegentlich Hilfe anbieten für überforderte Familien und vieles mehr. Wir werden sexuellen Missbrauch nicht gänzlich verhindern können, aber wir können alle dazu beitragen, dass er weniger wird. Jedes durch Begleitung "gerettete" Kind hat zumindest eine Chance, sein Leben trotz der traumatischen Erfahrungen doch noch in den Griff zu bekommen. Jedem überführten Täter wird (hoffentlich) für lange Zeit das Handwerk gelegt.
Hier nochmal die entsprechenden Links:
twitter.com/ubskm_de/status/1296015594836434945
Für die Schulen in NRW zumindest sollte dieser Aufruf gewissermaßen überflüssig sein, weil sie jeden Tag ihrem gesetzlichen Auftrag folgen und jedem Anschein einer Kindeswohlgefährdung nachgehen- so jedenfalls unsere Annahme. Das Schulgesetz des Landes NRW formuliert nämlich überraschend scharf:
"Schulgesetz §42 (6) Die Sorge für das Wohl der Schülerinnen und Schüler erfordert es, jedem Anschein von Vernachlässigung oder Misshandlung nachzugehen. Die Schule entscheidet rechtzeitig über die Einbeziehung des Jugendamtes oder anderer Stellen."
"Jedem Anschein nachzugehen", das ist mal ein Anspruch! Leider gibt es keine Erhebungen der Landesregierung zur Nachhaltigkeit dieses Paragrafen. Die Frage, ob diesem Gesetzesauftrag durch die Lehrer und die Schulleiter gefolgt wird, bleibt bisher unbeantwortet. Leider haben wir auch noch nie von einer entsprechenden Anfrage der Parteien im Landtag gehört. Trotz Lüdge, trotz Bergisch- Gladbach, trotz Münster. Unbekannt ist nicht nur, ob sondern auch wie die einzelnen Schulen diesen gesetzlichen Auftrag umsetzen. Hat jede Schule einen entsprechenden Ablaufplan? Werden die Lehrer entsprechend fortgebildet? Werden die Lehrer an diesen Auftrag ständig erinnert? Wir wissen es nicht. Geschweige denn, dass wir wüssten, wie die Jugendämter ihr Kooperationsgebot mit den Schulen ihrerseits wahrnehmen. Fast könnte man vermuten, alles immer nur schöne Worte. Vielleicht ist es aber auch ganz anders. Wir haben bisher keine Belege für böse oder gute Vermutungen oder Zuschreibungen. Auch diese Tatsache ist bedrückend.
Wegen des Besitzes von Kinderpornographie sowie wegen Nötigung hat ein Gericht einen Priester aus dem Main-Kinzig-Kreis verurteilt. Der Mann war laut Bistum zuvor schon auffällig geworden.
Betroffene aus den verschiedenen Diözesen in Deutschland haben große Schwierigkeiten bis keine Möglichkeiten, sich auszutauschen oder gar zusammen zu schließen. Aus dem Bistum Freiburg erreichte uns deshalb die Bitte zu folgender Veröffentlichung einer Suchanzeige auf unserer Homepage, von der bekannt ist, dass sie vielerorts regelmäßig gelesen wird.
Eine Betroffenen-Initiative in Freiburg sucht weitere Betroffene, die im Kindergartenalter von einem Priester sexualisiert misshandelt wurden. Es gab weitere Täter, und vermutlich auch Betroffene in Villingen, wohin der Täter versetzt wurde. Unter folgender Mail-Adresse kann Kontakt zur Betroffenen-Initiative aufgenommen werden:
betroffene.helfen.betroffenen@web.de
Hier ein Zeitungsartikel dazu:
Hunderte Betroffene sexuellen Missbrauchs und körperlicher Gewalt hat das Bistum Regensburg in den vergangenen Jahren entschädigt, allein fast 400 ehemalige Domspatzen. Die Diözese kündigt nun höhere Summen an, die auch rückwirkend gezahlt werden.
Es sind schockierende Zahlen: Allein zwischen März und Anfang Juli 2020 registrierte die Berliner Polizei 210 Fälle von „gemeinschaftlicher oder besonders erniedrigender Vergewaltigung“. In knapp der Hälfte der Fälle ermittelt die Kripo gegen ausländische Tatverdächtige.
Obwohl auch Ordensfrauen Missbrauch in jeglicher Form erleben, ist darüber noch wenig bekannt. Die Jesuitenzeitschrift La Civilta Cattolica macht nun darauf aufmerksam, dass Novizinnen und Ordensfrauen häufig Opfer des Macht- und Gewissensmissbrauches durch Vorgesetzte werden und auch sexuellen Missbrauch durch Ausbilder erleiden. Dies beträfe vor allem junge Frauen, die in ein Land versetzt werden, dessen Sprache sie nicht beherrschen, klagt der Artikel an, der an diesem Donnerstag veröffentlicht wurde.
https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2020-07/kirche-jesuiten-ordensfrauen-missbrauch.html
Warum überlässt es der Staat den Kirchen, die sexualisierte Gewalt in ihren Einrichtungen aufzuarbeiten? Der Jesuit Klaus Mertes hatte kürzlich die Gründung einer unabhängigen Kommission, einer sog. Wahrheitskommission angeregt. Eine Nachfrage bei den Bundestagsfraktionen zeigt: Dazu fehlt der politische Wille. man überlässt es den Kirchen selbst aufzuklären. Es ist bekannt, dass wir so manche Äußerung von Klaus Mertes mitunter scharf kritisiert haben. Hier schließen wir uns ihm aber ganz und gar an. Es ist schier unglaublich, dass die Organisationen, die ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind und die Täter gewähren ließen, dass diese Organisationen sowohl die Aufarbeitung als auch die Entschädigungsfrage in ihrer Hand behalten haben. Deutsche Politiker, zumindest die der Mehrheitsfraktionen, scheinen schwach und ängstlich zu sein, wenn es gegen mächtige Institutionen geht- sei es im Bereich der Wirtschaft (unlängst Wirecard) oder gar der Kirchen. Den Kirchen selbst bekäme es im Sinne der notwendigen Vertrauensbildung besser, wenn sie Aufarbeitung und Entschädigung in unabhängige Hände gäben. Wie viel lang ersehnte Beruhigung könnte bei den Betroffenen einkehren, wenn sie wüssten, dass die Aufklärer und Entscheider unabhängig von den Kirchen wären. Aber die werden von den staatstragenden Politikern weniger gesehen als die Prunk ausstrahlenden Katholischen Bischöfe. Grundsätzliche Kurskorrektur ist noch möglich. Und sie ist bitter notwendig: Aufklärung, Aufarbeitung durch Unabhängige Kommissionen, unbeschränkter Zugnag zu den Akten der Täter (ähnlich der Gauckbehörde). Kompromisslos in der gesamten Vorgehensweise., , vor allem was die Beteiligung der Betroffenen selbsr angeht. Eine Wahrheitskommission für den kirchlichen Missbrauch könnte sogar Erklärungsmöglichkeiten erarbeiten bezüglich der nicht unwichtigen strukturellen Unterschiede im Missbrauch zwischen den Konfessionen.
Es ist ein Skandal, dass bisher noch keine Staatsanwaltschaft in ein einziges Archiv gegangen ist.
Was im urkatholischen Irland möglich war, muss doch in einem ganz und gar säkularisierten Gemeinwesen wie der Bundesrepublik auch bei uns möglich sein: eine staatliche Kommission, die den gesetzlichen Auftrag erhält, Missbrauch in der Kirche mindestens ab 1945 möglichst umfassend aufzuarbeiten. Die Entschädigungsfrage wird sich wahrscheinlich dann auch paralell entwickeln. In Irland wurden in der Folge Entschädigungen bezahlt bis zu 300.000,00 €.
Wenn man dem ausgezeichneten Bericht des Deutschlandfunks folgt, gibt es nun erstmals zaghafte Gegenbewegung, vielleicht sogar Hoffnung, dass die weniger werden, die nur das eine Schild vor sich hertragen: "Wir stehen hinter unserer Kirche".
Noch wichtiger als der Druck durch die Politik scheint aber der Druck zu sein, der sich in der Kirche selbst formiert. Vor allem hier gibt es Anlass zur Hoffnung, auch wenn der Vatikan gerade versucht, der Laienbewegung das Mitspracherecht zu nehmen. Und wenn es nur die Hoffnung ist, dass die, die den Kirchen zur Zeit massenhaft den Rücken kehren, Anlass für die Kirchen ist, noch einmal nachzudenken und umzukehren.
Was wir brauchen ist, was Christiane Florin, Christoph Fleischmann, die Betroffenen selber und viele Unterstützer fordern: eine Gesetzesinitiative für eine Wahrheitskommission. Packen wir es an, schreiben an die Politiker, die im Beitrag des Deutschlandfunks genannt werden.
Lesenswert:
Bestürzung, Empörung, Kopfschütteln – das waren die Reaktionen von Kirchenmitgliedern, Kirchenrechtlern und Laienverbänden auf das neue Papier aus Rom. "Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche" heißt das Schreiben, das die Kleruskongregation am Montag veröffentlicht hat. Darin wird vor allem eines betont: Laien können keine Pfarreien leiten.
https://web.de/magazine/regio/bayern/annehmbar-erzbischof-kritisiert-vatikan-papier-34914170
https://www.n-tv.de/panorama/Papst-Instruktion-regt-Katholiken-auf-article21928481.html
https://www.katholisch.de/artikel/26285-kardinal-woelki-lobt-vatikan-papier-zu-gemeindereformen
https://neuesruhrwort.de/2020/07/22/vatikan-papier-zustimmung-nur-von-woelki/
https://blog.zdf.de/papstgefluester/schlagwort/kardinal-woelki/
https://web.de/magazine/regio/bayern/annehmbar-erzbischof-kritisiert-vatikan-papier-34914170
https://www.n-tv.de/panorama/Papst-Instruktion-regt-Katholiken-auf-article21928481.html
https://www.herder.de/cig/cig-ausgaben/archiv/2020/31-2020/lieber-keinen-als-einen-laien/
https://www.feinschwarz.net/vergessen-oder-beabsichtigt-oekumenische-zusammenarbeit/
Das Papier aus dem Vatikan scheint uns zu den vielfachen Versuchen zu gehören, die - im Ganzen doch eher zögerlichen - Reformen, die Papst Franziskus angeregt hat, zu hintertreiben. Zu vermuten, dass diese Versuche aus der Ecke einer konservativen mehrheitlich deutschen Mafia um den ehemaligen Kurienkardinal Müller im Vatikan kommen (man denke nur an die Posse um das Buch von Kardinal Salah und Papst emeritus Benedikt), scheint uns nicht sonderlich abwegig. Offensichtlich will diese mächtige Gruppe jeden Reformwillen in der Katholischen Kirche - vor allem im Bereich der Laien- und Frauenermächtigung- im Keim ersticken. Die Wirkung in Deutschland scheint aber für die Katholische Kirche eher fatal zu sein: die Gläubigen wenden sich in Scharen ab. Die Kirche schafft sich damit selber ab.
Die vielfach geäußerte Vermutung, dass auch die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der Katholischen Kirche und erst recht die Entschädigung der Missbrauchsopfer durch mafiaähnliche Hinterzimmerpolitik im Vatikan erschwert bzw. torpediert worden ist und auch noch wird, erscheint uns zunehmend plausibler. Welche Rolle einzelne in Deutschland aktive Bischöfe und Kardinäle in diesem Spiel spielen, bleibt unklar. Aber das wird ja auch der Sinn dieser Schüsse aus dem Hinterhalt sein.
Stephan Langer von Christ in der Gegenwart analysiert mit spürbarer Verbitterung unter dem Titel: "DIE NEUE INSTRUKTION DER KLERUSKONGREGATION: Lieber keinen als einen „Laien“?, dass die Instruktion der Kleruskongregation einen Keil zwischen Priester und Gemeinde treibe und dass sich Bischöfe jetzt um Schadensbegrenzung bemühten, beim besten Willen nicht ausreicht. Vielmehr sei grundsätzlich zu klären, wie das allgemeine und das besondere Priestertum im katholischen Sinn zueinander stünden. In der Folge von "Verdunkelung" zu sprechen, ist schon harter Tobak und macht deutlich, wie groß die Angst vor dem Laien im Vatikan wirklich ist und auch wes autoritären Geistes Kind die sind, die dieses Papier verfasst haben. "Beschwörend heißt es in der Instruktion: Der „wesentliche Unterschied zwischen dem allgemeinen und dem besonderen Priestertum“ dürfe nicht „verdunkelt“ werden. Verdunkelt! Als ob es gleich finster würde, wenn sich die Kirche stärker auf das gemeinsame Priestertum besinnt. Als ob durch mehr Synodalität, durch mehr Gemeinsamkeit, sofort die Auflösung der sakramentalen Struktur der Kirche drohe!" In der Laienbewegung ist die Enttäuschung so groß, dass in der Folge auch die letzten Getreuen ihre Gefolgschaft kündigen wollen.
Überrascht uns schon, dass die einschlägigen an der katholischen Kirche orientierten Medien so schnell mit eigenen Berichten reagieren. Was uns auch überrascht, dass der DBK - Vorsitzende nach Auskunft seines Sekretariats grundsätzlich auf Offene Briefe nicht reagiert. Schade. Wir hätten schon gerne Antworten. Wir wollen gar nicht immerzu in unserem Gefühl verstärkt werden, dass wir als Betroffene nur randständig von Bedeutung sind.
https://cds.kna.de/dzNewsDaten/webnews/kwn09/urn_newsml_kna.de_20130101_200716-89-00145-2.html
https://neuesruhrwort.de/2020/07/16/missbrauchsopfer-befuerchten-geringere-entschaedigung/
Und nichtkirchlich orientierte Presse:
Der Generalanzeiger Bonn berichtet mit folgenden Worten.
"Opferverein kritisiert Bischöfe. lnitiative will Mitsprache bei Entschädigungen.
BONN. Der Verein der Missbrauchsopfer am Collegium Josephinum Bonn (CoJOBo) hat im Rahmen einer
lnitiative bundesweiter Opfervereine katholischer Schulen einen offenen.Brief an Bischof Georg Bätzing, den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, gesandt. Darin reagieren die Opfervertreter „mit Unverständnis und Entrüstung" auf die Vollversammlung im März. Dort hätten die Bischöfe offensichtlich ihre eigenen ldeen von
2019 zurückgenommen -etwa den Betroffenen höhere Entschädigung-oder Schmerzensgeld zu zahlen. Man fordere bis zur Klärung der Verfahrensfragen und Details im Herbst die direkte Beteiligung der Opfervereine an der Diskussion. „Eine Weiterentwicklung der Anerkennung" dürfe nicht ,,dem Rotstift zum Opfer fallen", so die Vereine. Die Opfer fragten sich, ob die katholischen Bischöfe aktuell mit den Entschädigungshoffnungen der Betroffenen
spielten, begründet Sylvia Witte als Vorsitzende des Opfervereins des CoJOBo den Vorstoß. Zudem beklagt
sie, dass ,,die deutschen Ordensgemeinschaften mit ihrer Großzahl von Opfern sich offensichtlich erst gar nicht an irgendwelchen Gesprächen"beteiligten. Das CoJoBo wird vom Orden der Redemptoristen getragen."
Liebe Newsletterfreunde!
Unser Brief an Bischof Bätzing ist online.
Unser Brief hat zahlreiche Unterstützer gefunden. Zum ersten Mal ist es gelungen, eine große Zahl von Betroffenen zur Unterzeichnung zu bewegen. In der Enttäuschung darüber, dass die Kirche sich in der Entschädigungsfrage so verhält, wie sie es gerade tut, verlassen viele Betroffene den Schutz der Anonymität. Wir finden das nicht unbedenklich, auch wenn wir uns andererseits über die Unterstützung freuen. Da wohnen schon zwei Seelen in unserer Brust.
Wir finden es schlicht beschämend, wenn die Kirche sich in der Frage der Entschädigung nur an ihren Juristen orientiert, die wohl jede Entschädigungs- oder Schmerzensgeldzahlung ablehnen- aus Angst vor zusätzlichen Verpflichtungen, die daraus eventuell erwachsen könnten. Wir finden es beschämend, dass sich die reiche Kirche (sie ist sehr reich trotz aller Kirchenaustritte) nicht einmal von der von ihr selbst einberufenen Expertenkommission beraten lässt, weil ihr ihr Geldbeutel wichtiger ist als die Genugtuung der Betroffenen. Wir finden es beschämend, dass die Kirche sich in ihren Anerkennungzahlungen an den in Deutschland so extrem niedrigen Schmerzensgeldtabellen orientiert. Wir finden es beschämend, dass die Kirche nur auf die Ländernachbarn verweist, die noch weniger zahlen als sie selbst bereit ist zu zahlen. Sie hätte sich auch an den Niederlanden und an Irland orientieren können. Von Kanada, Australien und USA ganz zu schweigen. Wir finden es beschämend, dass einzelne Bischöfe offensichtlich selbst aus diesem Billigsystem aussteigen und noch geringere Zahlungen anbieten als die, die im Frühjahr verkündigt wurden. Was hat Herr Kardinal Marx in seiner Eröffnungspredigt zur Vollversammlung noch mal gesagt? Der Katholik gebe, wenn er gibt, das Doppelte von dem, was notwendig sei. Das sei man dem Vorbild Jesu schuldig. Wir finden es besonders beschämend, dass diese niedrigeren Zahlungen für die Presse dann so aufbereitet werden, dass sie höher erscheinen, indem z. B. die - wie wir finden selbstverständlichen - Therapiezahlungen eingerechnet werden. Wir finden es beschämend, dass die Orden - soweit wir davon wissen - sich erst gar nicht an den entsprechenden Gesprächen beteiligen.
Wir jedenfalls wundern uns nicht, dass der Kirche die Mitglieder wegrennen. Wir haben den Eindruck, dass nicht nur die Menschen die Kirche einfach so verlassen, sondern wir haben den Eindruck, sie tuen es mit dem Gefühl einer zunehmend tiefen Verachtung.
Offensichtlich gibt es innerhalb der Kirche ein über 2 Jahrtausende gewachsenes Gefühl, dass sie immer auf der Gewinnerseite der Geschichte steht. Daraus erwächst eine emotionale Hartleibigkeit, die ihresgleichen sucht.
Dafür ist das Verhalten der Kirche in der Entschädigungsfrage ein unübersehbares Zeichen. Die Entschädigungsfrage wird von uns Betroffenen heute noch einmal ganz anders bewertet als 2010. Damals ging es vorrangig um unser Leid und um Zeichen des Wiedergutmachungswillen für das, was der Täter an uns gemacht hat. Heute geht es auch noch darum, aber mehr noch um das Systemversagen der Kirche. Vielen von uns wäre der Missbrauch erspart geblieben, wären die Amtsträger der Kirche empathisch gewesen und hätten sie verantwortlich gehandelt. Das gilt auch für manche Opfer der Redemptoristen, denen Jahre des Missbrauchs erspart geblieben wären, hätte man nach der ersten Meldung nicht das Opfer entlassen sondern den Täter und hätte man in einem anderen Fall den eigenen Gutachtern geglaubt und den Täter nicht zum Priester geweiht. Geglaubt hat man dem Gutachter wahrscheinlich sogar, aber man hat trotzdem aus Eigennutz den Täter zum Priester gemacht.
Die Kirche hat sich bis heute ihrer Systemverantwortung nicht gestellt. In der Kath. Kirche gibt es erste zarte Bemühungen der Aufarbeitung. Man staunt nicht schlecht, dass die evangelische Kirche sich in Bezug auf Aufarbeitungsstandards nun ganz und gar quer stellt, so dass der Beauftragte der Bundesregierung Rörig sogar mit dem Abbruch der Gespräche droht.
Das Bild, dass Kirche heute gibt, es ist in unseren Augen an Armseligkeit kaum zu übertreffen. Dabei ist es durchaus so, dass viele Betroffene sich wünschen würden, dass sie noch einmal Achtung für das empfinden könnten, was einmal ihre Heimat war.
Pressemitteilung am 16.07.2020
Spielen die Bischöfe mit den Entschädigungshoffnungen der Missbrauchsopfer?
Die Deutsche Bischofskonferenz berief im Sommer 2019 Workshops mit Betroffenen von Missbrauch ein, um Vorschläge zur Entschädigung von Missbrauchsopfern erarbeiten zu lassen. Im Frühherbst entwickelte eine hochkarätig besetzte Expertenkommission (Prof. Dr. Stephan Rixen (Universität Bayreuth), Dr. Bettina Janssen (Mediatorin und Rechtsanwältin), Roswitha Müller-Piepenkötter (NRW-Justizministerin a. D., Bundesvorsitzende a. D. des Weißen Rings) und Matthias Katsch (Betroffenenorganisation Eckiger Tisch e. V.) unter Beteiligung von 9 Betroffenen und weiteren juristischen Experten einen Vorschlag an die Deutsche Bischofskonferenz. Während der Bischofskonferenz machte der Missbrauchsbeauftragte Bischof Ackermann zusammen mit dem prominenten Sprecher der Betroffenen Matthias Katsch zwei Vorschläge (pauschal 300.000,00 € oder in Einzelfallprüfung 40.000,00€ bis zu 400.000,00€)der Expertenkommission in einer Pressekonferenz öffentlich. Bischof Ackermann versprach grundsätzlich zeitnahe und großzügige Lösungen.
Im Frühjahr 2020 war bei der Bischofsvollversammlung in Mainz von diesem Versprechen nur noch wenig übriggeblieben. Bischof Bätzing und der Missbrauchsbeauftragte Bischof Ackermann sprachen nun von "individuell festgelegten Einmalzahlungen, die sich in der Höhe an Schmerzensgelder der staatlichen Gerichte anlehnen". Konkret seien das in der Regel zwischen 5.000 und 50.000 Euro. Man gehe damit einen Schritt nach vorne, verkündete Ackermann: "Ich glaube schon, dass wir eine Marke setzen im Sinne der Weiterentwicklung und einer anderen Großzügigkeit." Sie nannten das „Weiterentwicklung des Verfahrens zur Anerkennung des Leids“. Von Entschädigungen oder Schmerzensgeldzahlungen war keine Rede mehr.
Während der Coronakrise verschwand das Thema völlig von der Tagesordnung. Einzelne Bischöfe preschten vor und boten nun für Missbrauchsopfer in ihren Diözesen Summen an zwischen 25.000,00€ und 30.000,00€. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Bätzing beklagte öffentlich die finanziell angespannte Situation der Diözesen. Eine Beteiligung von Missbrauchsopfern bei Beratungen fand nicht mehr statt. Angeblich erarbeiten aber bisher ungenannte Experten ohne Beteiligung von Betroffenen Vorschläge zur Umsetzung. Die deutschen Ordensgemeinschaften mit ihrer Großzahl von Opfern beteiligten sich offensichtlich erst gar nicht an irgendwelchen Gesprächen.
Betroffeneninitiativen wie MoJoRed, Eckiger Tisch, Missbit und einzelne Betroffene wenden sich nun in einem offenen Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz mit entsprechenden Nachfragen.
Nach der Affäre Frochaux ein weiterer Schlag für das Bistum Lausanne, Genf und Freiburg: Ein designierter Pfarrer veröffentlichte laut einem Medienbericht Fotos von sich auf einer einschlägigen Homosexuellen-Kontaktbörse.
https://www.vaticannews.va/de/kirche/news/2020-07/schweiz-neuer-schock-im-westschweizer-bistum.html
Was tun, wenn Missbrauch? Darauf gibt ein neues „Vademecum" der vatikanischen Glaubenskongregation Antworten, das an diesem Donnerstag veröffentlicht wurde. Es soll wohl dabei helfen, Kirchenrecht in praktische Handlungen zu überführen, um Missbrauchstaten in der Kirche aufzuklären.
https://www.vaticannews.va/de/suche.html?q=Leitfaden%20Missbrauch&in=all&sorting=latest
https://hpd.de/artikel/vatikan-pflegt-seine-paralleljustiz-18295
In diesem Zusammenhang bekundet der Sekretär der Glaubenskongregation: Weg der Wahrheit beschreiten:
Hier die ernüchternde Analyse des Vademecums durch einen Betroffenen (der Redaktion bekannt):
Anmerkungen zum Vademecum Vatican vom 16.07.2020:
Einleitung Abs. 2: Es handelt sich um eine Art „Handreichung“, welche von der ersten Kenntnisnahme (notitia criminis) bis zum endgültigen Abschluss des Falles diejenigen bei der Hand nehmen und Schritt für Schritt leiten will, die mit der Wahrheitsfindung im Bereich der obengenannten Straftaten betraut sind.
Einleitung Abs. 3: Es handelt sich nicht um einen normativen Text, er erneuert also die diesbezügliche Gesetzgebung nicht, sondern möchte den Verfahrensweg erklären. Seine Einhaltung empfiehlt sich aber im Bewusstsein, dass eine einheitliche Praxis dazu beiträgt, dass sich die Rechtspflege klarer darstellt.
Schon in der Einleitung wird die Erläuterung von Kardinal Luis Francisco Ladaria Fener zu dem sogenannten Vademecum mit mehr als 160 Artikeln bestätigt, dass es nämlich kein Gesetzestext sei. Vielmehr würden Bischöfe und Ordensobere in dem Ratgeber praktische Hinweise erhalten, wie sie mit Missbrauchsfällen umgehen sollten. Das deckt sich auch mit dem Kommentar des Sekretärs der Kongregation für die Glaubenslehre, Erzbischof Giacomo Morandi. Dort heißt es: „Ich nenne es gerne, wie es der Präfekt unserer Kongregation tut, ein ,Handbuch´. Es handelt sich also nicht um einen normativen Text, sondern um ein Instrument, das Bischöfen, Ordensoberen, Kirchengerichten, Rechtsfachleuten und auch den Verantwortlichen der von den Bischofskonferenzen eingerichteten Meldestellen zur Verfügung steht. In Anbetracht der Komplexität der Normen und der Praxis möchte dieser Leitfaden den Weg weisen und den Zuständigen helfen, nicht den Überblick zu verlieren.“
Es handle sich nicht um ein neues Regelwerk, erläutert Morandi. Die wirkliche Neuheit bestehe vielmehr darin, dass das Verfahren zum ersten Mal in detaillierter Form beschrieben werde, also von den ersten Meldungen über eine mögliche Straftat bis zum endgültigen Abschluss des Falles. Die Normen seien ja bekannt, erläutert der Sekretär der Glaubenskongregation - die Praxis aber sei meist nur denjenigen bekannt, „die sich bereits mit diesen Fällen befasst haben“.
„Gerade weil es sich um ein Werkzeug, also ein Handbuch, handelt, bietet sich eine ständige Aktualisierung an. Und die betrifft mögliche künftige Änderungen im Strafrecht wie auch Klarstellungen und Anfragen, die vor Ort von Ordinarien und Rechtsfachleuten kommen können. In diesem Sinne heißt die Version, die jetzt herauskommt, ,1.0´, und auch die kann aktualisiert werden. Jede Hilfe dabei, dieses Handbuch zu verbessern, ist ein willkommener Dienst an der Gerechtigkeit.“
Das Vademecum ist definitiv ein Handbuch, also ein Leitfaden, an dem man sich orientieren kann, aber nicht unbedingt muss. Schön, wenn es gemacht wird, aber es passiert wahrscheinlich auch nichts, wenn man die Spielregeln einfach ignoriert.
Zu 6.: … Vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 fällt die strafrechtliche Verfolgung des Erwerbs, der Aufbewahrung und der Verbreitung pornografischen Materials, das Minderjährige zwischen 14 und 18 Jahren betrifft, durch Kleriker oder Mitglieder von Instituten des geweihten Lebens oder Gesellschaften des apostolischen Lebens in die Zuständigkeit anderer Dikasterien (vgl. Art. 1 und 7 VELM). Seit 1. Januar 2020 liegt die diesbezügliche Zuständigkeit bei der Glaubenskongregation, sofern die Tat von einem Kleriker begangen wurde.
Man sieht, es bleibt in der Familie.
Zu 7.: Es ist hervorzuheben, dass diese drei Straftaten kanonisch nur ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens von SST, also seit dem 21. Mai 2010, strafbar sind. Die Herstellung von Pornografie mit Minderjährigen hingegen fällt unter die Typologie der unter den Nummern 1-4 des vorliegenden Vademecum angegebenen Straftaten und wird infolgedessen auch vor diesem Datum geahndet.
Wieso dieses Datum? Was davor war zählt nicht?
Zu 8.: Gemäß dem Ordensrecht der lateinischen Kirche (vgl. cann. 695 ff. CIC) kann die unter Nr. 1 genannte Straftat auch die Entlassung aus dem Institut zur Folge haben. Hierzu ist anzumerken: a. Diese Entlassung ist nicht eine Strafe, sondern ein Verwaltungsakt des Obersten Leiters.
Na wunderbar. Es ist und bleibt wie es war, denn die Straftat KANN die Entlassung zur Folge haben, muss es aber nicht mit der Folge, dass der Täter möglicherweise fleißig weiter macht.
Zu 17.: Auch in Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Verpflichtung soll die kirchliche Autorität bei den zuständigen staatlichen Behörden Anzeige erstatten, wenn sie es zum Schutz der geschädigten Person oder anderer Minderjähriger vor der Gefahr weiterer verbrecherischer Akte für unverzichtbar hält.
Es SOLL gemacht werden, aber wer entscheidet das? Bei der gewohnten Klüngelei passiert nichts, wie gehabt.
Zu 19.: Auch in diesen Fällen ist es jedoch ratsam, dass der Ordinarius oder der Hierarch …. Meldung erstattet.
Es ist ratsam, aber nicht verpflichtend!!!
Zu 22.: Der Ordinarius oder Hierarch, dem diese Aufgabe zukommt, kann derjenige des beschuldigten Klerikers sein oder andernfalls der Ordinarius oder Hierarch des Ortes, wo die mutmaßlichen Straftaten begangen worden sind. In diesem Fall ist – vor allem wenn der Kleriker Ordensmann ist – Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen betroffenen Ordinarien angezeigt, um Kompetenzkonflikte oder Doppelarbeiten zu vermeiden.
Man kennt sich, man hilft sich. Im Regelfall wird die Untersuchung also vom direkten Vorgesetzten durchgeführt und nur von ihm, es sei denn, es ergeben sich Schwierigkeiten (siehe zu 23.).
Zu 23.: Wenn ein Ordinarius oder Hierarch bei der Einleitung oder Durchführung der Voruntersuchung auf Schwierigkeiten stößt, soll er sich unverzüglich an die Glaubenskongregation wenden, um Rat einzuholen oder eventuelle Fragen zu lösen.
Und warum nicht grundsätzlich Stellen und Leute einbinden, die von außerhalb kommen und keine persönlichen Beziehungen zum Täter haben.
Zu 24.: Es kann vorkommen, dass die notitia de delicto ohne Übermittlung durch den Ordinarius oder Hierarchen direkt an die Glaubenskongregation gelangt. In diesem Fall kann die Glaubenskongregation ihn ersuchen, die Untersuchung durchzuführen, oder sie gemäß Art. 17 SST selbst durchführen.
Wieso Rücküberweisung an den Ordinarius oder Hierarchen des Täters? Warum nicht Durchführung durch die externe Stelle?
Zu 28.: … Bei der Übermittlung der Akten ist es nützlich, wenn der Ordinarius oder Hierarch seine Einschätzung bezüglich der eventuellen Derogierung zum Ausdruck bringt und diese mit den aktuellen Umständen begründet (zum Beispiel: Gesundheitszustand oder Alter des Klerikers, Möglichkeit desselben zur Ausübung seines Verteidigungsrechts, durch die mutmaßliche kriminelle Handlung hervorgerufener Schaden, Erregung von Ärgernis).
Wir stellen Nazi-Schergen, die dement und/oder senil sind und sich kaum noch auf den Beinen halten können vor Gericht. Aber Tätern des Klerus gesteht man Absolution zu, wenn sie alt und/oder gebrechlich sind. Und wenn eine Erregung von Ärgernis droht, dann hält man auch lieber den Deckel drauf.
Zu 31.: … Sofern der Ordinarius oder Hierarch des Ortes und der eigene Ordinarius oder Hierarch nicht derselbe ist, ist es wünschenswert, dass diese miteinander Kontakt aufnehmen, um abzustimmen, wer die Untersuchung durchführt. Falls die Meldung ein Mitglied eines Instituts des geweihten Lebens oder einer Gesellschaft des apostolischen Lebens betrifft, wird der höhere Obere auch den obersten Leiter und, im Fall von Instituten und Gesellschaften diözesanen Rechts, auch den jeweiligen Bischof informieren.
Es ist wünschenswert!! Ist die Untersuchung von Straftaten ein Wunschkonzert?
Zu 63.: Es ist zu vermeiden, den betreffenden Kleriker bloß mit einem anderen Amt zu betrauen oder ihn – in der Annahme, dass seine Entfernung vom Ort der mutmaßlichen Straftat oder von den mutmaßlichen Opfern eine zufriedenstellende Lösung des Falles darstellt – in einen anderen Jurisdiktionsbereich bzw. eine andere Ordensniederlassung zu versetzen.
Sondern? Was soll mit dem betreffenden Kleriker denn geschehen? Soll er Raumpfleger im Generalvikariat werden oder was?
Zu Tabelle Pkt. 4.: [4] … § 2. Der Bischof kann zur Aufgabe eines Vernehmungsrichters Kleriker oder Laien ermächtigen, die sich durch gute Lebensführung, Klugheit und Fachkenntnisse auszeichnen.
Can. 1093 CCEO – § 1. Der Richter bzw. der Vorsitzende des Kollegialgerichts können zur Durchführung der Beweiserhebung einen Vernehmungsrichter bestellen, den sie entweder aus den Richtern des Gerichts oder aus jenen Christgläubigen auswählen, die vom Eparchialbischof für dieses Amt zugelassen worden sind. § 2. Der Eparchialbischof kann für das Amt des Vernehmungsrichters Christgläubige zulassen, die sich durch guten Charakter, Klugheit und Bildung auszeichnen.
Laien werden zu Richtern. Und welche Laien? Wahrscheinlich diejenigen, die schon immer einen guten Kontakt zur Kirche gepflegt haben und sich hervortun, z.B. Bürgermeister, Pfarrgemeinderäte u.a.m. Wer traut sich zu, die Leute nach den Kriterien Charakter, Klugheit und Bildung auszuwählen? Ein schwieriges Unterfangen. Wie wäre es mit Betroffenen in dem Gremium?
Fazit:
Das Vademecum des Vatikans ist gut gemeint. Man sagt: „Schaut her, wir tun was!“ Aber da es sich nur um ein Handbuch, einen Leitfaden handelt, der letztlich unverbindlich ist, hat man doch erhebliche Zweifel, ob dieser Weg der richtige ist. Klar, es handelt sich um die Version 1.0, aber um echte Wirkung zu haben, müssen jede Menge updates folgen. Ein großes Manko ist doch, dass in dem gesamten Werk nur die Rede davon ist, wie mit den Tätern umgegangen werden soll, wie man Ärger vermeiden und wie man letztlich die Institution Kirche schützen kann. Was völlig fehlt, ist die
Sicht auf die Opfer. Kein Wort über den Umgang mit ihnen. Es steht viel drin hinsichtlich Straftaten gegen das sechste Gebot, Typologie einer Straftat, zum Begriff der Minderjährigen, keine Vorverurteilung, Entlassung als Verwaltungsakt, Glaubwürdigkeit der Opfer usw. Man beschränkt sich auf die rein formaljuristische Erfassung, Vorbereitung und Durchführung der Straftaten bezüglich des Täters. Aber was folgt denn daraus? Was springt bei all dem denn für die Opfer raus? Und zwar aus mentaler und pekuniärer Sicht.
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier ein riesiges Brimborium gemacht wird mit dem Zweck, den Leuten Sand in die Augen zu streuen, also Opium fürs Volk. Es geht nur um die innerkirchlichen Belange, die Konsequenzen aus all dem für die Opfer bleiben schön außen vor. Da waren die Deutschen Bischöfe vor gut einem Jahr schon weiter, denn sie haben Maßnahmen für einen besseren Kinderschutz vorgestellt. Darin sind z.B. folgende Absätze enthalten:
- Entschädigungsmodell auf dem Prüfstand
- Gewährleistung einer unabhängigen und niederschwelligen Beratung
Hier geht es darum, was man für die Opfer tun kann, nicht allein um die Täter und wie man mit ihnen umgeht. Gut so! Jede Tat hat schließlich zwei Parteien, nämlich Täter und Opfer. Und daraus ergibt sich eben, dass man beide Seiten betrachten muss. In dem Vademecum ist der Blick allein auf die Täterseite gerichtet, also die eigene Klientel ist ausschließlich im Focus. Das ist von Seiten der Institution Kirche zwar verständlich, wenn sie als Anwalt der eigenen Leute auftritt. Andererseits wird aber immer wieder von genau dieser Kirche betont, dass man an einer lückenlosen Aufklärung interessiert ist und in erster Linie die Opfer im Blick hat. Davon ist aber im Vademecum so gut wie nichts zu sehen. Schade, wieder eine Chance vertan!
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat sich nach einem "Spiegel"-Bericht aus Unzufriedenheit mit dem Tempo der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der Evangelischen Kirche (EKD) mit dem Abbruch der offiziellen Gespräche mit der EKD gedroht.
Ein selbsternannter «Heiler» ist im Kanton Waadt zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der 66-Jährige hatte während zehn Jahren rund 30 Menschen sexuell und finanziell ausgenutzt.
Pater Josef Kentenich war bisher auf dem Weg zur Seligsprechung – neue Dokumente aus dem Vatikan zeichnen aber ein neues Bild des Schönstatt-Gründers: Ordensschwestern werfen ihm Missbrauch vor – der Vatikan schenkte ihnen Glauben.
https://www.katholisch.de/artikel/26024-schoenstatt-gruender-kentenich-unter-missbrauchsverdacht
https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/koblenz/kentenich-102.html
https://www.katholisch.de/artikel/26162-vorwuerfe-gegen-kentenich-jetzt-nicht-mehr-schweigen
Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung beklagt mangelnde Konsequenz im Kampf gegen Kindesmissbrauch. Johannes-Wilhelm Rörig findet dafür klare Worte.
In Australien sind alle 57 katholischen Ordensgemeinschaften, in denen die staatliche Missbrauchskommission sexuellen Kindesmissbrauch festgestellt hat, dem Nationalen Entschädigungsprogramm für die Opfer (NRS) beigetreten.
Der Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach stellt sich größer dar, als von den Ermittlern zunächst angenommen. Der NRW-Justizminister spricht von einer "neuen Dimension des Tatgeschehens". Spuren führen zu potenziell 30.000 Verdächtigen, die Kinderpornografie besessen oder vertrieben haben sollen.
https://web.de/magazine/panorama/sexualisierte-gewalt-bergisch-gladbach-30000-verdaechtige-34835134
https://www.tagesschau.de/regional/nordrheinwestfalen/bergisch-gladbach-kindesmissbrauch-101.html
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/kindesmissbrauch-bergisch-gladbach-100.html
https://m.faz.net/aktuell/2.1652/missbrauchsfall-bergisch-gladbach-30-000-verdaechtige-16838495.html
https://www.sueddeutsche.de/panorama/missbrauchsfall-bergisch-gladbach-spuren-netzwerk-1.4951656
https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-07/kindesmissbrauch-kinderpornografie-bilder-videos-auswertung
So viele Menschen wie noch nie kehren den großen Kirchen in Deutschland den Rücken - besonders Frauen ärgert der Mangel an Reformen. Zugleich sinken wegen der Corona-Krise die Einnahmen.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/bischof-jung-viele-kirchenaustritte-tun-richtig-weh,S35VCxL
Viele Missbrauchsüberlebenden waren enttäuscht als die Deutsche Bischofskonferenz im März ankündigte, lediglich die Zahlungen in Anerkennung des Leides zu erhöhen – aber nicht, wie ursprünglich versprochen, auch Entschädigung zu leisten für materielle Verluste die Überlebende sexueller Gewalt erlitten haben. Höhere Zahlungen würden erhebliche Prüfverfahren voraussetzen, so Bischof Georg Bätzing damals im WDR 5 Interview, die man den einzelnen Betroffene ersparen wolle. Schon damals konnte man fragen: Will man den Betroffenen Prüfungen ersparen oder der Kirche hohe Ausgaben?
Dazu Christof Fleischmann in seinem BLOG:
https://www.christoph-fleischmann.de/viel-mehr-als-was-kirchen-zu-zahlen-bereit-sind/
Ganz anders:
https://kurier.at/chronik/oberoesterreich/missbrauch-im-stift-kremsmuenster-war-privat/400031575
In der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) soll sexualisierte Gewalt in einer Studie umfassend aufgearbeitet werden. Sie soll Risikofaktoren für Missbrauch und Spezifika des Phänomens in der EKD herausarbeiten.
Warum wird ausgerechnet der neue Mann an der Seite der Mutter so oft zum Missbrauchstäter? Julia Schaaf von der FAZ ist dieser düsteren Frage nachgegangen. Eine Ermittlung.
Der Sexualwissenschaftler Helmut Kentler gab Straßenkinder Kriminellen zur Pflege. Beiden Seiten schien geholfen: Die Kinder waren von der Straße, die Männer nicht mehr auffällig. Weil sie in den eigenen vier Wänden missbrauchten.
https://m.faz.net/aktuell/2.1652/wie-berlin-30-jahre-kinder-an-paedophile-vermittelte-16817390.html
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/paedophile-missbrauch-berlin-pflegekinder-li.87610
https://www.tauwetter.de/de/aktuelles.html?idU=1
Dem Bistum Limburg werden in einer Studie Fehler im Umgang mit Betroffenen und Tätern attestiert. Der Bischof verspricht, den Änderungsvorschlägen der Experten zu folgen. In knapp ein Jahr währender Arbeit haben 70 Experten 61 konkrete Maßnahmen erarbeitet, um sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im Bistum Limburg künftig zu verhindern. Die 420 Seiten dicke Zusammenfassung des Projekts „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ wurde am Samstag in der Paulskirche an die Auftraggeber, den Limburger Bischof Georg Bätzing und die Präsidentin der Limburger Diözesanversammlung, Ingeborg Schillai, übergeben.
https://www.domradio.de/node/358792
Das Bistum Limburg dokumentiert erstmals den sexuellen Missbrauch in der eigenen Institution. Doch die Untersuchung soll nicht das Ende, sondern der Anfang eines Prozesses sein.
Dazu auch ein Bericht vom Domradio Köln, in dem auch unser Vereinsmitglied Karl Haucke als Sprecher des Betroffenenbeirats Erzbistum Köln Stellung nimmt:
Aus der Union gibt es Forderungen nach schärferen Gesetzen. Justizministerin Lambrecht hält das aktuelle Strafmaß für ausreichend. Stimmt das?
https://www.youtube.com/watch?v=ga7204yYP3I
https://www.sueddeutsche.de/panorama/kindesmissbrauch-muenster-polizei-1.4929700
https://www.sueddeutsche.de/panorama/muenster-kindesmissbrauch-herbert-reul-1.4939429
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) hat angesichts der jüngsten Zerschlagung eines Pädophilen-Netzwerks mit Zentrum in Münster sexuellen Missbrauch mit Mord verglichen und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) im Zuge der Debatte um Gesetzesverschärfungen scharf kritisiert. „Ich würde mir wünschen, dass wir im rechtlichen Bereich nachjustieren“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
http://a.msn.com/01/de-de/BB15jd1l?ocid=se
Das erzbischöfliche Studienseminar St. Michael in Traunstein gilt als katholische Kaderschmiede mit prominenten Schülern wie Joseph Ratzinger. Nun erhebt ein ehemaliger Schüler schwere Vorwürfe: Er sei dort "systematisch sadistisch gequält" worden.
"Wenn's daheim auf die Nerven geht - 21 Wege zum entspannten Miteinander", schreiben die Verantwortlichen des Klosters auf ihrer Homepage. Und weiter. "Wir alle sind beunruhigt und besorgt über den Anstieg von häuslicher Gewalt und Missbrauch besonders in Familien. Karl Haucke - ein Freund des Jugend-Klosters - hat Wege zu einem entspannten Miteinander aufgezeigt, die wir hier gerne weitergeben."
Das Jugendkloster verfolgt einen bemerkenswert klaren Weg in der Prävention gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch
Näheres unter:
https://www.jugend-kloster.de/
Das Entsetzen im Stadtteil Kinderhaus ist groß. Fußgänger, die am Wochenende an der idyllisch gelegenen Gartenlaube - dem mutmaßlichen Haupttatort - vorbei spazieren, sind schockiert darüber, was sich hier abgespielt haben soll. Noch haben die Ermittler längst nicht alle Daten auswerten können. Sie gehen davon aus, noch weitere Täter und auch Opfer zu finden. Doch die Daten sind so verschlüsselt, dass die Ermittlungen schwierig sind.
https://www.tagesschau.de/regional/nordrheinwestfalen/kindesmissbrauch-muenster-103.html
https://www.youtube.com/watch?v=ga7204yYP3I
https://www.sueddeutsche.de/panorama/kindesmissbrauch-muenster-polizei-1.4929700
https://www.youtube.com/watch?v=ga7204yYP3I
https://www.sueddeutsche.de/panorama/kindesmissbrauch-muenster-polizei-1.4929700
https://www.n-tv.de/panorama/Drei-neue-Opfer-in-Missbrauchsfall-ermittelt-article21833168.html
Die katholische Kirche in Deutschland verliert rasant an Mitgliedern. Vor allem erzkonservative Katholiken sterben aus, was unter anderem zum Auflagenschwund traditionsreicher katholischer Zeitungen führt. Diese werden so ungewollt zu Kronzeugen für den Untergang des traditionellen Katholizismus.
https://hpd.de/artikel/auflagenschwund-konservativ-katholischer-zeitungen-18119
In einer Pressemitteilung vom 28. Mai 2020 zur "Gemeinsamen Erklärung" der Deutschen Bischofskonferenz und dem Unabhängigen Beauftragen für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs hat
sich der Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln wie folgt geäußert:
„Die Deutsche Bischofskonferenz und der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs haben sich gemeinsam über das weitere Vorgehen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch
in der katholischen Kirche in Deutschland verständigt.
Wir erkennen an:
Damit liegt endlich eine Vereinbarung zwischen Katholischer Kirche und dem Staat vor, der alle Bischöfe zugestimmt haben. Es ist gut, dass es eine Vereinbarung gibt. Die Katholische Kirche kann
den Prozess der Aufarbeitung nicht mehr in allen Facetten gesichert dominieren. Aufarbeitung soll in den Diözesen nach vergleichbaren Standards folgen. Im Zentrum der Aufarbeitung sollen
unabhängige Kommissionen stehen, die in allen Bistümern eingesetzt werden und in denen neben Vertretern des Bistums, Experten aus Wissenschaft, Justiz und Verwaltung auch Betroffene sitzen
sollen. Die Expertise von Betroffenen wird ausdrücklich anerkannt.
Die Aufarbeitung soll sich auch mit jenen Fällen befassen, die infolge von Verjährung oder dem Tod der Beteiligten nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden können. Neben der quantitativen
Erhebung von Missbrauch soll untersucht werden, wie die Verantwortlichen in den (Erz-)Bistümern mit den Tätern und den Betroffenen umgegangen sind. Auch sollen die Strukturen benannt werden
können, die sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch Geistliche und Kirchenangestellte ermöglicht oder begünstigt haben.
Allerdings: Die Forderungen der Betroffenen seit Einberufung des sog. Runden Tisches 2010 waren andere und sind in zahlreichen Aspekten mit dieser Vereinbarung nicht erfüllt:
• Wenn die katholische Kirche sich auch allem Anschein nach der Kontrolle durch die demokratisch verfasste Gesellschaft (hier vertreten durch UBSKM) unterwirft, bekommt sie dennoch gerade durch
diese Vereinbarung nun auch amtlich abgesegnet ein gewaltiges Mitspracherecht eingeräumt - dies umso mehr, als die (Erz-)Bistümer alle Mitglieder der zuständigen Kommissionen berufen.
• Gemäß dieser Vereinbarung gibt es auch künftig keine zentrale Aufarbeitungs-kommission, sondern 27 verschiedene Kommissionen. Jede Diözese kann ihr eigenes Aufarbeitungssetting gestalten. Es
gibt noch nicht einmal die Garantie, dass bei diesem Prozess alle Bistümer mitmachen. Die Entscheidungsgewalt für den und in dem Aufarbeitungsprozess bleibt, wie wir es aus diesem Papier lesen,
letztlich bei jedem (Erz-)Bischof.
• Das Recht auf Akteneinsicht wird erwähnt, allerdings nicht ausdrücklich Betroffenen zugesprochen. Wir verweisen hier auf die befriedende gesellschaftliche Wirkung der Akteneinsicht bei der
Gauck-Behörde.
• Die Orden mit ihren Internaten, Heimen und Schulen sind in diese Vereinbarung nicht einbezogen, obwohl das Papier den Eindruck erweckt, als spreche es für die Aufarbeitungsbereitschaft der
Katholischen Kirche insgesamt. Die Kirche tut so, als gäbe es die Orden mit ihren zahllosen Tatorten nicht und die Orden gerieren sich, als würden Grundgesetz, Rechtstaat und Kirchenrecht für sie
nicht gelten.
• Was uns als Betroffene ganz und gar entsetzt, ist der vorgeschlagene Zeitplan der Aufarbeitung. 10 Jahre nach dem Missbrauchstsunami von 2010 sollen weitere 5 Jahre vergehen, bis Ergebnisse
vorliegen. Viele Betroffene sind im fortgeschrittenen Alter. Sie haben keine Zeit zu verlieren für befriedende Aufarbeitungsschritte. Wird hier auf Zeit gespielt? Wird gar darauf abgezielt, dass
noch mehr Zeugen versterben?
Wir fordern
• Transparenz bei den Bistümern bzgl. der Auswahl der Kommissionsmitglieder,
• verbriefte Akteneinsicht für Betroffene,
• verbindliche Zeitvorgaben (Start der Kommissionstätigkeit, Tagungsrhythmus, erste Ergebnisse nach spätestens 2 Jahren…).
• Wenn die Bischöfe sich nicht der Täuschung der Öffentlichkeit schuldig machen wollen, haben sie von den Orden den Beitritt zu dieser Vereinbarung ultimativ und vernehmlich einzufordern.
• Aufarbeitung ohne Entschädigung ist wie ein Geständnis ohne Folgen. Von der Notwendigkeit der Entschädigungen im mittleren sechststelligen Euro-Bereich für lebenslange Missbrauchsfolgen und für
die strukturelle Ermöglichung des Missbrauchs darf das Bemühen um Aufarbeitung nicht ablenken.
Der Wille des Erzbistums Köln, die Verantwortlichkeiten für Missbrauch „kirchenfern“ durch eine Anwaltskanzlei aufarbeiten zu lassen und die Studie anschließend zu veröffentlichen, galt für uns
als Leuchtturmprojekt. Solcher Projekte bedarf die Kirche vieler, um ihre Glaubwürdigkeit bei uns Betroffenen und bei der gesamten Zivilgesellschaft wieder herzustellen zu können. Wir möchten die
Bistumsleitung ausdrücklich ermuntern, bald zu veröffentlichen und diesem Projekt weitere Projekte mit Vorreiterrolle folgen zu lassen.
Pressekontakt: betroffenenbeirat@erzbistum-koeln.de“
Dem Betroffenenbeirat des Erzbistum Köln gehören aus unserem Verein MoJoRed e.V. Herr Haucke und Herr Ponsens an.
Zur Resonanz:
https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/missbrauchs-opfer-kritisieren-bischoefe-100.html
Der Bundesbeauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs dringt auf eine konkrete Aufklärung im Missbrauchsfall Münster.
"Der Zeitraum, den die Wissenschaftler untersuchen sollen, ist allerdings 18 Jahre kürzer als noch im März angekündigt.
Die Deutsche Bischofskonferenz hatte 2018 eine Studie vorgestellt, die Kirchenakten zwischen 1946 und 2014 ausgewertet hatte. Dabei waren die Wissenschaftler auf bundesweit 3677 mutmaßliche Opfer sexueller Taten und 1670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute gestoßen. Für das Erzbistum Paderborn nennt die Untersuchung 197 Betroffene und 111 beschuldigte Kirchenleute.
Diese und weitere Fälle lässt das Erzbistum jetzt von Professorin Dr. Nicole Priesching, Inhaberin des Lehrstuhls für Religions- und Kirchengeschichte an der Uni Paderborn , aufarbeiten. Ihr zur Seite steht Dr. des. Christine Hartig. Prof.
Priesching: „Wir wollen herausfinden, welche Personen innerhalb der Kirche vom Missbrauch wussten, wie Entscheidungen über das Ergreifen oder Unterlassen von Maßnahmen getroffen wurden und ob strukturelle Bedingungen existierten, die Missbrauch fördern konnten.“
Das Erzbistum beteiligt sich während des dreijährigen Projekts an den Personalkosten. Generalvikar Alfons Hardt sicherte den beiden Wissenschaftlerinnen uneingeschränkten Aktenzugang zu und erklärte: „Wir wollen die Erkenntnisse in unsere Interventions- und Präventionsarbeit einfließen lassen.“ Die Expertinnen unterliegen nach eigener Auskunft keiner Weisungsbefugnis des Erzbistums und sind in der Gestaltung ihrer Arbeit unabhängig. Der Titel ihrer Studie lautet: „Missbrauch im Erzbistum Paderborn – Eine kirchenhistorische Einordnung. Die
Amtszeiten von Lorenz Jaeger und Joachim Degenhardt (1941-2002)“. Noch im März hatte das Erzbistum erklärt, die Studie werde den Zeitraum bis 2020 abdecken. Darauf angesprochen, teilten die Universität und das Generalvikariat am Donnerstag mit, die Studie sei immer nur bis 2002 angedacht gewesen. „Wie die Jahreszahl 2020 in die Öffentlichkeit kam, können wir heute nicht mehr nachvollziehen”, sagte Erzbistumssprecher Thomas Throenle. Es gebe auch keinen Grund, die jüngere Zeit zu untersuchen „Im Jahr 2000 haben Rom und die Deutsche Bischofskonferenz festgelegt, dass jeder Missbrauchsverdacht der Staatsanwaltschaft gemeldet werden muss. Deshalb kann seit damals eigentlich nichts mehr vertuscht werden.”
Die Wissenschaftlerinnen wollen aber nicht nur Personal- und Strafakten auswerten, sie wollen auch versuchen, mit Betroffenen in Kontakt zu kommen. Auch wenn die Tat lange zurückliegt: Es gibt diese Zeugen noch. 2019 haben 32 Betroffene gegenüber dem Erzbistum Paderborn Missbrauchsvorwürfe erhoben. Als Beschuldigte wurden 29 Personen benannt. Elf sind verstorben und waren dem Erzbistum aus anderen Vorwürfen bekannt. Neun weitere sind verstorben und waren noch nicht vorher beschuldigt worden. Sieben leben noch, sind aber nicht mehr im aktiven Dienst. Die Anschuldigungen betrafen die Zeit von 1946 bis 2019. Die meisten Taten, wenn es sie denn gab, sind verjährt."
Quelle: Westfalenblatt (05.06.2020)
Im Kampf gegen sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen ist es von zentraler Bedeutung, dass die Belange von Betroffenen auf Bundesebene Gehör finden und öffentlich gemacht werden. Deshalb wurde 2015 beim Amt des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) ein ehrenamtlich tätiger Betroffenenrat eingerichtet, der 2018 durch Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey verstetigt wurde. In dieser Woche hat Ministerin Giffey nun die 18 Mitglieder des zweiten Betroffenenrates für die Dauer von fünf Jahren berufen. Dem zweiten Betroffenenrat gehören elf Mitglieder an, die bereits im ersten Rat tätig waren und ihr Engagement nun fortsetzen. Außerdem hat sich das Auswahlgremium einstimmig auf sieben neue Mitglieder verständigt. Die konstituierende Sitzung des zweiten Betroffenenrates findet Ende Juni statt.
Aus der Presseerklärung der Bundesregierung:
"Der Betroffenenrat ist ein ehrenamtlich tätiges Gremium, das erstmals im März 2015 konstituiert wurde und das den UBSKM und seinen Arbeitsstab berät. Durch die strukturierte Beteiligung von Betroffenen sollen die Belange von Betroffenen sexuellen Kindesmissbrauchs auf Bundesebene Gehör finden und in laufende Prozesse zum breiten Themenfeld des sexuellen Kindesmissbrauchs einfließen. Die Mitglieder des Betroffenenrates arbeiten seit Jahren beruflich und/oder ehrenamtlich zu diesem Thema und verfügen neben individuellem Erfahrungswissen auch über spezifisches Expertinnen- und Expertenwissen. Sie tragen die Anliegen der Betroffenen in den politischen Diskurs und die Öffentlichkeit und geben dem Thema ein Gesicht und eine Stimme. Mitglieder des Betroffenenrates gehören auch dem „Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ an, den Ministerin Giffey und der Beauftragte Rörig Ende 2019 ins Leben gerufen haben. Die Auswahl der sieben neuen Mitglieder für den zweiten Betroffenenrat wurde aus mehr als 200 Bewerbungen getroffen. Dabei wurden die im Kabinettsbeschluss von Dezember 2018 benannten Kriterien von Gendergerechtigkeit, Altersdiversität und unterschiedlichen Missbrauchskontexten berücksichtigt. Den Auswahlgremium gehörten der Unabhängige Beauftragte, eine Vertreterin seines Arbeitsstabes, eine Vertreterin des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie zwei Betroffene an, die selbst nicht Mitglieder des Betroffenenrates sind, aber von ihm benannt wurden."
https://beauftragter-missbrauch.de/betroffenenrat/der-betroffenenrat
Wir freuen uns sehr, dass Herr Haucke mit seinem Engagement und seiner ausgewiesenen Kompetenz in Fragen des Missbrauchs und des Kinderschutzes berufen wurde. Wir empfinden die Berufung auch als Anerkennung der jahrelangen Arbeit unseres Vereins. Herzliche Glückwünsche gehen zuvorderst an Karl Haucke und dann auch an den UBSKM, weil er ihn aus der Vielzahl der Bewerber ausgewählt hat.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir möchten Sie einladen, an einer Betroffenen-Befragung teilzunehmen und/oder diese an Interessierte weiterzuleiten. Die Befragung richtet sich an Personen, die sexuellen Missbrauch in Kindheit oder Jugend erfahren haben. Auf der Webseite https://ace.hilfetelefon-missbrauch.de/ finden Sie hierzu einen anonymen Online-Fragebogen und weitere Informationen.
Mit der Teilnahme an der Online-Befragung können Sie uns helfen, die Dynamiken sexuellen Missbrauchs und der Folgen besser zu verstehen und diese wichtigen Erkenntnisse in den weiteren fachpolitischen Prozess einfließen zu lassen. Wir würden uns deshalb sehr freuen, wenn Sie an der Befragung teilnehmen. Die Teilnahme ist freiwillig und anonym, es werden keinerlei personenbezogene Daten erhoben. Die Befragung dauert ungefähr zehn Minuten. Sie können die Befragung jederzeit beenden.
Was wird gefragt?
In dem Fragebogen namens „Adverse Childhood Experiences Questionnaire“ – kurz ACE – werden zehn Fragen zu belastenden Erfahrungen während der Kindheit und Jugend gestellt. Vorab werden wenige allgemeine Daten wie Alter und Geschlecht erhoben. Die Teilnahme an der Befragung kann bei Bedarf durch die Berater*innen des „Hilfetelefon Sexueller Missbrauch“ begleitet werden (Kontaktdaten und Telefonzeiten sind in der Fußzeile der Fragebogenseite zu finden).
Was passiert mit den Ergebnissen?
Das Begleitforschungsteam um Prof. Dr. Jörg M. Fegert vom Universitätsklinikum Ulm wertet die Daten aus. Alle ausgefüllten ACE-Bögen werden am Ende der Befragungszeit zusammen mit den Ergebnissen aus einer Hilfetelefon-Datenerhebung und einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung ausgewertet. […] Die gewonnenen Erkenntnisse leisten einen wichtigen Beitrag zu gesellschaftlichen Diskussionen und politischen Prozessen, insbesondere zur Weiterentwicklung und Umsetzung entsprechender Präventions- und Interventionsmaßnahmen. […] Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie dieses wissenschaftliche Projekt mit Ihrer Teilnahme unterstützen oder es an interessierte Menschen weiterleiten.
Im Anhang finden Sie die vollständige Einladung.
Eine deutschlandweite Einigung fehlt bislang. Nun hat Augsburgs neuer Bischof Meier ein eigenes Modell für Leid- Anerkennungszahlungen von Missbrauchsopfern eingeführt.
Die Reaktion der Betroffenen auf diese Mitteilung ist nichts weniger als Zorn, weil nun auch noch das ärmliche Ergebnis der Frühjahrskonferenz der Bischöfe unterlaufen wird. Gleichzeitig ist die Befürchtung gewachsen, dass es einen Flickenteppich auch in den Anerkennungszahlungen geben wird. Jeder Bischof macht quasi, was er will. Eine gemeinsame Linie gibt es nicht. Besonders problematisch, dass damit auch möglicherweise die zu schaffende zentrale Kommission nicht mehr aktuell ist. Diese hätte zumindest in Teilen eine Gleichbehandlung der Opfer garantieren können. Vor allem den Orden macht dieses Vorpreschen Hoffnung, dass auch sie machen können, was sie wollen. Die Leidtragenden sind die Opfer der Kirche insgesamt. Kirche verspielt so den letzten Rest ihrer Glaubwürdigkeit. Bittere Erkenntnis durchaus.
Das Spiel, das Neu- Bischof Meier, spielt, scheint zu funktionieren. Tatsächlich hat er die einmalige Leid- Anerkennungszahlung noch einmal entgegen der Ankündigung der Bischofskonferenz vom Frühjahr reduziert auf 25.000,00€ pro Opfer. Die Medien berichten allerdings einhellig von Entschädigungszahlungen in Höhe von 75.000,00€. Der Mann hat sein PR- Handwerk gelernt, möchte man vermuten. Seit wann bitte sind Therapiekosten von Opfern Entschädigungszahlungen. Seit wann ist eine auf Zeit gewährte Unterstützungsleistung für Folgen von Missbrauchstaten und einer gescheiterten Lebensbewältigung Entschädigung? Ach ja. Dem Bischof reicht es nicht mit solch fadenscheinigen Argumenten. Er muss auch noch auf die Zahlungen des Nachbarbischofs in Freiburg verweisen und auf das Land Österreich, in dem bereits 2010 Einmalzahlungen in Höhe von 25.000,00€ festgelegt wurden. Er verweist nicht auf die Zahlungen beispielsweise in Irland. Warum wohl nicht? Weil sie staatlicherseits für die Kirche auf durchschnittlich 300.000,00€ festgelegt wurde. Ein falsches Spiel sondergleichen. Achtung vor der Katholischen Kirche- wie kann ich die als Opfer wiedergewinnen?
Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus. Das vergangene Jahr bricht offenbar alle Rekorde: 2019 reichten besonders viele Katholiken eine Abmeldung ein.
Sie hat Maria 2.0 in St. Agnes mit auf die Welt gebracht. Ende des Monats wird sie aus der Kirche austreten.
http://theosalon.blogspot.com/2020/05/ich-kann-es-nicht-mehr-verantworten.html
Aufarbeitung mit staatlichem Gütesiegel: Ende April hat der Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauches, Johannes-Wilhelm Rörig, eine Erklärung mit der katholischen Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht über verbindliche Standards zur Aufarbeitung von Missbrauch. Kernstück der Erklärung ist die Schaffung von Aufarbeitungskommissionen in jeder Diözese, in denen Missbrauchsbetroffene mit Fachleuten und Bistumsmitarbeitern zusammenarbeiten und den Prozess der Aufarbeitung von Missbrauch steuern sollen. Eine ähnliche Vereinbarung würde Rörig auch gerne mit der evangelischen Kirche abschließen, aber die scheint andere Pläne zu haben.
https://www.christoph-fleischmann.de/evangelische-kirche-unterlaeuft-standards-zur-aufarbeitung/
Die Diözese St. Cloud im US-Bundesstaat Minnesota hat sich mit Missbrauchsopfern auf einen Entschädigungsfonds geeinigt. Gleichzeitig will St. Cloud „in naher Zukunft“ Insolvenz anmelden, erklärte die Diözese in dieser Woche.
Der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp stellt seine Mitarbeit in der deutschen katholischen Reformdebatte Synodaler Weg teilweise ein.
Berichtsverbot im Missbrauchsprozess gegen Kardinal Pell. Dutzende australische Journalisten ab November vor Gericht. Weil sie über den Missbrauchsprozess um Kardinal George Pell berichtet haben, müssen sich australische Journalisten vor Gericht verantworten. Ihnen drohen hohe Haft- und Geldstrafen.
Nicht nur in Deutschland fragen sich Katholikinnen: Wie schaut die Rolle der Frauen in der Kirche in Zukunft aus? In Frankreich hat sich jetzt eine Theologin um das höchste Amt im Erzbistum Lyon beworben.
Missbrauchsopfer in Frankreich haben fünf Monate länger Zeit, sich bei der Kommission zur Aufklärung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Frankreich (CIASE) zu melden.
Für die Öffentlichkeit kam der Schritt überraschend: Am Montag trat Thomas Andonie nach drei Jahren als Bundesvorsitzender des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) zurück. Im Interview spricht er über die Gründe seines Abgangs. Außerdem zieht er eine Bilanz seiner Amtszeit.
Nach einem neuen Dokumentarfilm über Kindesmissbrauch durch katholische Priester in Polen will Primas Erzbischof Wojciech Polak die Vorwürfe durch den Vatikan prüfen lassen. Priester und Gläubige bat er, „sich nicht von der falschen Logik der Sorge um die Kirche leiten zu lassen, die zur Verschleierung von Sexualstraftaten führt".
https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2020-05/polen-primas-bittet-vatikan-pruefung-missbrauch.html
Die australischen Bischöfe begrüßen den im Vorfeld ihrer nächsten Vollversammlung vorgestellten Bericht dazu, wie die Leitung der katholischen Kirche in Australien künftig neu aufgestellt werden kann. Die Bischöfe hatten den Bericht auf Empfehlung der Royal Commission, die Vorwürfe sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen in der Kirche geprüft hatte, selbst in Auftrag gegeben.
In den zehn Jahren seit Bekanntwerden des Missbrauchs von Schülern der Odenwaldschule haben fast 50 Opfer Entschädigung erhalten. Noch sind nicht alle Opfer bekannt.
https://www.n-tv.de/panorama/Viele-Fragen-in-Missbrauchsskandal-offen-article21788233.html
Zur Vorstellung der Zahlen kindlicher Gewaltopfer der Polizeilichen Kriminalstatistik 2019 hat die Deutsche Kinderhilfe e. V. heute zu einer Pressekonferenz eingeladen, an der auch der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, sowie der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, teilgenommen haben.
https://beauftragter-missbrauch.de/presse-service/meldungen/detail/roerig-zur-vorstellung-pks-2019
"Herr Rörig (UBSKM – Unabhängiger Beauftragter der Bundesregierung zu Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs) hat ein gemeinsames Papier mit dem Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz herausgegeben, in dem Standards zur Aufarbeitung festgelegt werden. Dieses Papier, dem Herr Rörig eine „historische“ Bedeutung zuspricht, entpuppt sich auf den zweiten Blick als oberflächlicher Kuhhandel, denn der UBSKM rückt von seiner einstigen an in anderen Ländern bereits umgesetzten Forderung nach einer Aufarbeitung durch eine komplett von der Institution unabhängigen Kommission mit den rechtlichen Möglichkeiten der Vorladung von Zeugen und dem verbrieften Recht auf Akteneinsicht ab. Stattdessen obliegt es zum Beispiel weiterhin der Entscheidung der einzelnen Bischöfe, ob diese der Vereinbarung zustimmen. Laut Vereinbarung können sie dieser zustimmen – oder auch nicht.
Mehr als fragwürdig erscheint ferner die Vorgabe, dass die in allen Diözesen angestrebten „unabhängigen Kommissionen“ ehrenamtlich arbeiten sollen. Ehrenamtlich kann man sicherlich keinesfalls diese sehr anspruchsvolle und umfangreiche Arbeit leisten.
Neben weiteren Defiziten der Vereinbarungen ist besonders auffällig, dass diese nicht klären, ob die Aufarbeitung sich auch auf die Mittäterschaft der Vertuschung bezieht. Auch das für die katholische Kirche nicht unerhebliche Maß an sexualisierter Peergewalt durch Jugendliche wird nicht berücksichtigt. Das Wort Entschädigung wird in der gemeinsamen Erklärung mit keinem Wort erwähnt.
Wenn man die „gemeinsame Erklärung“ des Beauftragten der Bundesregierung und des Beauftragten der Bischofskonferenz liest, dann drängt sich die Frage, inwieweit Herr Rörig noch die für sein Amt notwendige Unabhängigkeit hat. Er scheint vor der Kirche gekuscht zu haben - wohl weniger ein Erfolg als ein „historischer“ Misserfolg."
Dieser Analyse von Ursula Enders schließen wir uns sehr entschieden an.
Kölner Kardinal Woelki redet mit Missbrauchsbetroffenen und erneuert sein Versprechen, Verantwortliche für Fehler im Umgang mit Missbrauch auch öffentlich zu benennen. Die Bekanntgabe der Namen war im März abgesagt worden. Die Betroffenen fühlten sich wieder von der Kirche vertröstet oder aber betrogen.
https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/kardinal-woelki-missbrauchsopfer-100.html
In der Sitzung des Beirats konnte der Erzbischof glaubhaft machen, dass es zu einer entsprechenden Veröffentlichung kommt. Ganz offensichtlich soll das entsprechende Gutachten durch Rechtsberatung einer einschlägig mit Presserecht befassten Kanzlei so nachgebessert werden, dass einer Veröffentlichung auch rechtlich nichts mehr im Wege steht. Das liege auch im Interesse der Betroffenen, so Kardinal Woelki.
Bedauerlich und ärgerlich, dass es zu dieser Verzögerung kommt, so die Betroffenen. Bei ihnen steht auf Grund bisheriger schlechter Erfahrungen selbstredend die Befürchtung im Vordergrund, dass man wieder hingehalten wird und am Schluss das Gutachten in irgendeinem Giftschrank unter Verschluss bleibt.
Der konservative Kardinal Müller unterschreibt mit anderen Bischöfen wie Erzbischof Carlo Maria Vigano und Kardinal Joseph Zen Ze-kiun einen Text, der seltsame Thesen zu Covid-19 verbreitet. So warnt er vor der "Schaffung einer Weltregierung, die sich jeder Kontrolle entzieht". Ihnen scheint jede dumme Verschwörungstheorie recht zu sein, um Papst Franziskus zu diffamieren. Auch der Kampf gegen Missbrauch scheint für sie übrigens Teil dessen zu sein, was den Weg für diese Weltregierung bereitet. Missbrauchsvorwürfe gegen die Kirche bzw. gegen Geistliche haben darin keinen realen Grund sondern sind Ergebnisse einer weltumspannenden Verschwörung.
https://www.sueddeutsche.de/politik/vatikan-kirchlicher-aufruf-mit-verschwoerungstheorien-1.4901886
https://www.n-tv.de/panorama/Kardinal-Mueller-legt-gegen-seine-Kritiker-nach-article21778303.html
https://www.zeit.de/kultur/2020-05/glaube-an-verschwoerungstheorien-coronavirus/komplettansicht
ab 14.05.:
https://www.n-tv.de/panorama/Kardinal-Mueller-legt-gegen-seine-Kritiker-nach-article21778303.html
https://www.katholisch.de/artikel/25464-wenn-hirten-ein-schreckliches-antizeugnis-geben
Der australische Kardinal George Pell soll über Fälle des Kindesmissbrauchs beziehungsweise des Verdachts darauf durch Priester Bescheid gewusst haben. Das geht aus einer Untersuchung der australischen Regierung hervor, die jetzt veröffentlicht wurde.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/missbrauch-katholische-kirche-australien-pell-vatikan-1.4900053
Der tausendfache Missbrauch ist seit Herbst 2018 auch wissenschaftlich belegt. Sämtliche deutsche Bischöfe wussten Bescheid. „Zu behaupten, sie hätten es nicht gewusst, ist eine Schutzbehauptung!“, erklärt ein gut informierter Kirchenrechtler.
Einige Täter sind mittlerweile namentlich bekannt, auch ein vor Jahrzehnten verstorbener Bischof wird bezichtigt.
Hoch geachtete deutsche Kirchenführer zeigten eine erschreckende Kälte gegenüber den Betroffenen. Bischöfe und Kardinäle äußerten Scham, Konsequenzen hatten sie nicht zu tragen. Anders als in Ländern wie Frankreich, wo der ranghöchste katholische Würdenträger wegen Nichtanzeige sexueller Gewalt vor Gericht stand.
Für den Kampf gegen den Missbrauch erscheint die Vereinbarung wie ein Meilenstein: Jetzt haben alle katholischen Bischöfe der Vereinbarung zur Aufarbeitung von Missbrauch zugestimmt. Aber nimmt die Kirche damit eine Vorreiterrolle ein?
Bereits am 24.04. haben wir über die Vereinbarung zwischen dem Beauftragten der Bischöfe für Missbrauch Ackermann und Herrn Rörig als Beauftragtem der Bundesregierung berichtet. In der Presse erfährt diese Vereinbarung ein durchweg positives bis euphorisches Echo:
Wir als Opfervertreter sehen diese Vereinbarung jedoch so kritisch wie keine vorher:
In dieser Mitteilung steht zwar viel drin, aber das meiste sind Allgemeinplätze und Selbstverständlichkeiten. Wir sind mehr als skeptisch hinsichtlich diesen Rörig/DBK Erklärung. Wir lesen viel „könnte“ und „sollte“
Konkretes für uns als Opfer von kirchlichen Tätern können wir nur mit viel gutem Willen an einigen Stellen erkennen. Und auch die haben es in sich.
Fangen wir mit dem Positiven an:
Selbstredend ist die Vereinbarung mehr als keine Vereinbarung und mehr als bisher vorhanden war. Die Kirche begibt sich zumindest dem äußeren Anschein nach in die Kontrolle der Gesellschaft (hier vertreten durch UBSKM). Die Kirche bekommt durch diese Vereinbarung - bezogen auf den Prozess der Aufarbeitung - nun auch amtlich abgesegnet ein gewaltiges Mitspracherecht eingeräumt, kann aber den Prozess wohl nicht mehr in allen Facetten gesichert dominieren. Das ist begrüßenswert. Unter der Prämisse, dass mehr nicht möglich war und die Kirche jederzeit hätte vollständig zumachen können, ein leichter Fortschritt.
Aber genau in diesem Punkt muss unsere Kritik beginnen: Da gibt es also eine bedeutende gesellschaftliche Institution, staatlich in vielfältiger Weise unterstützt, die sich über viele viele Jahre unglaublicher Verbrechen schuldig gemacht hat, indem sie Sexualstraftäter in ihren Reihen nicht zur Rechenschaft gezogen hat, ja sie sogar gedeckt und unterstützt hat. Eine Institution, die solchen Tätern vielerorts den Weg bereitet hat durch Schaffung bester Gelegenheitsstrukturen, durch Schutz der Täter und durch das Verschweigen der Taten bis hin zu Einschüchterungsversuchen den Opfern gegenüber. Wer anderes als als die Kirche könnte sich solcher Verbrechen schuldig gemacht haben, ohne dass es eine staatlich angeordnete Untersuchung gegeben hätte? Und die Politik lässt jetzt, nach 10 Jahren Missbrauchsskandal, die Handlungskompetenz weiter bei der Institution, die diese Verbrechen ganz offensichtlich nicht aufdecken wollte und bejubelt, dass die Kirche sich nicht gänzlich der Aufklärung apodiktisch verweigert! Warum gibt es nach 10 Jahren Missbrauchsskandal in Deutschland keine vom Bundestag beauftragte Wahrheitskommission mit weitreichender Kompetenz? Ist dieser Staat zur Bananenrepublik verkommen, die es erlaubt, dass die Verantwortlichen ihre Verbrechen wesentlich selbst aufklären?
Wie kann es sein, dass die Institutionen der Kirche, die wahrscheinlich die Mehrzahl der Täter stellen, nämlich die Orden gänzlich unter dem Radar der Politik, der Presse und der gesamten Öffentlichkeit fliegen, nicht einmal in diesem Papier erwähnt werden?
Das Papier leistet insofern weiterer gezielter Täuschung Vorschub: das Papier spricht von der Aufarbeitungsbereitschaft der Kirche, tut so, als spreche es für die gesamte deutsche katholische Kirche. Es ist dem Papier nicht mal eine Fußnote wert, zu erwähnen, dass die Orden hier gar nicht beteiligt sind. Der staunende Bürger könnte soll wohl glauben, die Kirche als Ganze wolle aufarbeiten, was aber mitnichten der Fall ist. Die Kirche tut so, als gäbe, als gäbe es die Orden nicht und die Orden gerieren sich, als gelte Grundgesetz und Rechtstaat für sie nicht. Jeder Täterorden, der jetzt nicht aufsteht und nicht mindestens eine Vereinbarung mit dem Beauftragten der Bundesregierung einfordert, verliert in unseren Augen seine Existenzberechtigung.
Die Orden fühlten sich bezüglich der gesellschaftlichen auch von der Bundeskanzlerin 2010 ausgesprochenen Aufarbeitungsverpflichtung offensichtlich so wenig angesprochen, dass sie zu den Gesprächen des Unabhängigen Beauftragten erst gar nicht erschienen. Soweit wir gehört haben, haben sie sich für ihr Nichterscheinen nicht mal entschuldigt sondern die entsprechende Einladung zu den gemeinsamen Gesprächen offensichtlich einfach in den Papierkorb geworfen. Ein kircheninterner Skandal ohne Beispiel.
Was bitte ist denn der so gerühmte Orden der Jesuiten jetzt noch wert? Was ist von den hehren Worten einiger seiner Vertreter, dass sie verstanden hätten, zu halten? Die Orden haben als Gesamtheit in unseren Augen jeden Respekt verloren. Übrig bleiben bei uns Ordensbetroffenen Enttäuschung, Verachtung und erneuter Zorn ohnegleichen.
Ach ja. Da gibt in diesem Papier schlussendlich auch ein paar konkrete Hinweise auf die inhaltliche Gestaltung des Aufarbeitungsprozesses- die aber in krassem Gegensatz stehen zu dem, was der UBSKM bisher immer gefordert hat: institutionelle Unabhängigkeit der Aufarbeitung, nicht zuletzt um ein Gesamtbild zu bekommen. Gerade das wird jetzt verunmöglicht Jede Diözese kann ihr eigenes Aufklärungsdings basteln. Der ganze Prozess zerfasert und das mit Einwilligung des Beauftragten. Besser als Nichts? Wir haben hier unsere Zweifel. Konkret wird es beim Zeitplan, immerhin! Aber der, der hat es in sich. Weitere 5 Jahre sollen vergehen, bis Ergebnisse vorliegen. Das weckt die bösesten Befürchtungen: Wird hier auf Zeit gespielt? Wird gar bewusst darauf abgezielt, dass noch mehr Zeugen versterben?
Immerhin, man liest in diesem Papier auch von seelsorgerischer und psychotherapeutischer Hilfe. Von Entschädigung ist im Übrigen mit keinem Wort die Rede, obwohl der Begriff sich doch im Zusammenhang mit Aufarbeitung und diesem Papier mehr als aufdrängt. Das Wort gar nicht mehr in den Mund zu nehmen, scheint vermeintlich gegen die immer wieder aufflammenden Forderungen der Opfer zu helfen. Kinderei das Ganze oder böses Spiel.
Wer nicht glauben konnte, dass jemals die Funktion der Kirche als moralische Instanz akut gefährdet sein könnte, wird eines Besseren belehrt, weil die Kirche weiter auf Zeit zu spielen scheint und hartnäckig auf ihrem zweifelhaften Privileg beharrt, dass sie ihre eigenen Verbrechen selber aufklären darf. In diesem Zusammenhang überhaupt noch über einen vom besonderen Kredit der Orden zu sprechen, verbietet sich in Zukunft von selbst. Sie haben sich ins Abseits gestellt. Da scheinen sie sich wohl zu fühlen.
Diese Vereinbarung hat kein Lob verdient. Von einer Vorreiterrolle ist die Kirche weiter entfernt als je.
Siehe auch den Artikel von Claudia Mönius: "Jetzt werden wieder neue Gremien gegründet. Und dann?" Missbrauchsopfer sieht Vereinbarung zur Aufarbeitung skeptisch. Die jüngst geschlossene Vereinbarung von Kirche und Bundesregierung zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs stößt auf Kritik.
Die einstige Erziehungsanstalt Piusheim in der Gemeinde Baiern hatte jahrzehntelang den Ruf einer gefängnisartigen Anlage für Schwererziehbare. Anfang der Siebziger kamen neue Pädagogen und änderten das Konzept. Nun stehen Missbrauchsvorwürfe im Raum.
Frühere Schüler beschreiben, wie sie in der katholischen Erziehungsanstalt sexuell missbraucht wurden. Warum bekam niemand etwas mit? Eine Spurensuche mit zwei einstigen Abteilungsleitern.
Wegen rechtlicher Bedenken hat das Erzbistum Köln die für den 12. März geplante Veröffentlichung einer unabhängigen Untersuchung von Missbrauchsfällen vorerst abgesagt. Karl Haucke (69) wurde als Junge von einem Pater vergewaltigt. Mit ihm sprach Ingo Schmitz.
Leider haben wir erst heute die Freigabe zur Veröffentlichung auf unserer Homepage erhalten (Artikel vom 27.03.2020)
Die auf den ersten Blick subversiv und ungeheuerlich erscheinende Behauptung Hauckes: "Es gibt in der Kirche eine verbrecherische Routine zur Vertuschung der Straftaten. Ein System von Versetzungen und Verschweigen. Dieses System funktioniert teilweise immer noch." erfährt nachträglich eine ausdrückliche Bestätigung- zumindest bezogen auf den mangelnden AUFARBEITUNGSWILLEN der ORDEN. Sie, die Orden, zeichnen sich aus durch ihre hartleibige Verweigerung, sich auch nur an den Gesprächen über eine Vereinbarung des Unabhängigen Beauftragten und der Bischofskonferenz zur Aufarbeitung zu beteiligen, geschweige denn sie mit zu unterzeichnen. Sie bleiben den Treffen einfach fern. Und diese Vereinbarung ist doch selbst eher als wachsweich zu beurteilen und weit entfernt von einer gedachten und von den Opfern so dringend gewünschten "Wahrheitskommission". Die Orden und ihre ausgewiesenen Vertreter sollten sich schämen. Aller Empörung wert, dass es ihnen immer wieder gelingt, unter dem Radar der Öffentlichkeit zu fliegen: die sog. Kirche trifft eine wichtige Vereinbarung zur Aufarbeitung und bekommt in der Folge eine zumindest in weiten Teilen positive Presse. Und keiner merkt, dass die kirchlichen Täterorganisationen, die wahrscheinlich die Mehrzahl von Opfern zu verantworten haben, gar nicht beteiligt sind. Ein perfides System der Verantwortungsdiffussion, das sich christlich oder katholisch schimpft. Was wir hier gerne betonen, ist auch die Verantwortung bzw. Verantwortungslosigkeit der Politik: die Politiker quer durch alle Parteien sehen einfach nur zu und lassen die Orden bzw. die Kirche unter dem Radar gewähren. Die aber, die als Kinder Opfer, weil hilflos, waren, erleben sich so als erneut hilflos. Die fortdauernde Beschädigung der Opfer ist augenscheinlich gewollt.